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# taz.de -- Wohnungsbau: Müller träumt noch vom Feld
> Der Regierende Bürgermeister erwartet nach der Wahl 2021 eine erneute
> Diskussion über eine Randbebauung am Tempelhofer Feld. Die Grünen
> protestieren schon jetzt.
Bild: Das T-Feld: Regierungschef Müller erwartet nach 2021 neue Debatte über …
Der Chef der linken Regierungskoalition zu Gast bei der Unternehmerschaft?
Gegensätze treffen aufeinander? Es kommt anders, als der Regierende
Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Mittwochmorgen bei der Industrie- und
Handelskammer (IHK) vorbeischaut. Applaus empfängt ihn, Applaus
verabschiedet ihn nach fast zwei Stunden. Die Konfliktlinie läuft an diesem
Morgen vielmehr innerhalb der rot-rot-grünen Koalition: Keine drei Stunden
nach seinem IHK-Besuch geißelt Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek eine
Müller-Äußerung zum Tempelhofer Feld: „Wieder einmal wird die Debatte um
eine mögliche Bebauung des Tempelhofer Feldes aus der Mottenkiste geholt.“
Der große Saal im IHK-Bau in der Fasanenstraße ist voll besetzt, als Müller
eintrifft. Als Ende Mai CDU-Chefin und Kulturministerin Monika Grütters zu
Gast war, war die Beteiligung deutlich geringer. Man hat ihn also in der
Unternehmerschaft offenbar noch nicht abgeschrieben, den Regierungschef,
trotz schlechter Beliebtheitswerte und einer mehr als schwächelnden SPD.
Denn zwingend muss hier keiner im Saal sitzen, Kaffee kriegen die
versammelten Chefs auch im eigenen Büro.
„Wir haben manchmal den Eindruck, dass das Wort ,Rendite' zum politischen
Kampfbegriff geworden ist“, hört Müller von IHK-Präsidentin Beatrice Kramm,
so, als ob es böse sei, Geld verdienen zu wollen. Und dass Müller und seine
Partei die Unternehmerschaft bitte als Partner sehen mögen – „von der
Hundesteuer und vom Länderfinanzausgleich allein kann diese Stadt nicht
leben“.
Müller geht einen Mittelweg zwischen positivem Fazit und dem Eingeständnis,
dass „Einiges“ noch suboptimal ist: Ja, es würden 3.000 Kitaplätze fehlen…
aber man habe inzwischen insgesamt 170.000, von denen 15.000 nicht besetzt
seien. Ja, Berlin habe Probleme – „aber es gibt keine Stadt, die nicht die
gleichen Probleme habe“, sagt er und verweist auf Gespräche im
Metropolis-Netzwerk der Millionenstädte, dessen Chef er ist.
Aufs Tempelhofer Feld, wo ein Volksentscheid 2014 Baupläne stoppte, bringt
ihn eine Zuhörerfrage. Erst schiebt Müller das Thema noch von sich: Auf
politisch unstrittigen Flächen gebe es Platz für 200.000 Wohnungen, sagt
er, da habe man jetzt genug zu tun und müsse sich nicht die Zähne am Feld
ausbeißen. Aber: „Mitte oder Ende der nächsten Wahlperiode (2021–2026, ta…
wird das wieder eine Rolle spielen.“ Weil der Druck auf den Wohnungsmarkt
wachse.
Rückblickend übt Müller, der bis 2014 Stadtentwicklungssenator war,
Selbstkritik: „Unser Fehler war, dass wir zu viel wollten.“ Wenn man sich
damals auf einen Rand des Felds beschränkt hätte – statt im Westen, Süden
und Osten bauen zu wollen –, hätte das seiner Meinung nach eine Mehrheit
unterstützt.
Die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek wird wenig später in ihrer
Pressemitteilung schreiben: „Wer eine Bebauung will, muss ein
Volksbegehren pro Bebauung starten und gewinnen.“ Bis dahin gelte das
Volksgesetz pro Freifläche. Diese Sichtweise findet sich allerdings weder
in der Landesverfassung noch im Abstimmungsgesetz wieder. Theoretisch kann
das Parlament jedes Gesetz ändern. Es gibt nur die ungeschriebene
Verabredung, das Ergebnis eines Volksentscheids nicht vor der nächsten Wahl
zu kippen.
Natürlich kommt Müller nicht aus dem IHK-Saal, ohne sich zu
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher zu äußern. Ob die ihrem
Amtseid nachkomme, will ein Zuhörer wissen – darin versprechen die
Senatoren, ihre „ganze Kraft dem Wohl des Volkes zu widmen“. Das scheint
für den Mann nicht damit vereinbar, dass Lompscher neben Bauprojekten
Mieterschutz im Sinn hat. Da aber steht Müller ihr klar zur Seite: „Dass
Frau Lompscher sich auch mit den Themen Mietregulierung und Mietdämpfung
beschäftigt, ist richtig.“ Das sei so verabredet im Senat. Und überhaupt:
„Dass da ständig Streit ist, stimmt so nicht.“
19 Sep 2018
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Michael Müller
Katrin Lompscher
R2G Berlin
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Gründer*innentaz
Wochenkommentar
R2G Berlin
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Tempelhofer Feld
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