# taz.de -- Berliner Wochenrückblick I: Traum und Trauma | |
> Michael Müller träumt weiter von einer Bebauung des Tempelhofer Felds. | |
> Und nichts regelt, wie lange ein durch Volksentscheid beschlossenes | |
> Gesetz Bestand haben muss. | |
Bild: Grüne Insel mitten in der Stadt: das Tempelhofer Feld | |
Bis heute hat Michael Müller es nicht überwunden, den Volksentscheid gegen | |
die Bebauung des Tempelhofer Feldes im Mai 2014 verloren zu haben. Immerhin | |
weiß der heutige Regierende Müller, was der damalige | |
Stadtentwicklungssenator Müller falsch gemacht hat: „Wir wollten zu viel“, | |
sagte er am Mittwoch vor Unternehmern in der IHK. Sprich: zu viele | |
Wohnungen an zu viel Rändern des einstigen Flugfelds und heutigen Parks. | |
Und dazu noch einen Bibliotheksneubau. | |
Aber Müller arbeitet hart auf Versuch zwei hin: In der nächsten | |
Legislaturperiode, die 2021 beginnt, werde das Thema wieder eine Rolle | |
spielen, orakelt er. Denn der Druck auf den Wohnungsmarkt wachse | |
unnachgiebig. | |
Dummerweise ist nirgendwo geregelt, wie lange ein vom Volk via Entscheid | |
beschlossenes Gesetz Bestand haben soll oder muss; wann es also durch einen | |
neuen Volksentscheid oder vom Abgeordnetenhaus wieder geändert werden kann. | |
Prinzipiell ist das jederzeit möglich, politisch gesehen Sprengstoff erster | |
Güte für Rot-Rot-Grün. | |
Plant der Sozialdemokrat Müller, über die Bürger hinweg zu regieren? Das | |
würde dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Umgang mit der direkten | |
Demokratie widersprechen. | |
## Die Grünen warnen | |
Die grüne Fraktionschefin Antje Kapek beeilte sich am Mittwoch denn auch zu | |
sagen, dass Voraussetzung für eine Bebauung ein weiterer Volksentscheid | |
sein müsse. Es ist nicht ganz ersichtlich, ob dies eine Klarstellung oder | |
eine Warnung an die SPD war. | |
Tatsächlich leistet Müllers Orakelspruch der Einschätzung Vorschub, der | |
Senat schere sich wenig um den Wählerwillen; ein Eindruck übrigens, der | |
schon 2014 herrschte und zu dessen Niederlage beim Volksentscheid beitrug. | |
Natürlich fehlen Wohnungen in Berlin, aber es gibt auch noch genügend | |
andere Flächen, die auf ihre Bebauung warten. | |
So wirkt der Vorstoß wie eine kindische Drohung an die linke Bausenatorin | |
Katrin Lompscher: Wenn diese nicht genug Wohnungen baue, müsse halt das | |
Feld dran glauben. | |
Vielleicht war Müller aber auch schon lange nicht mehr auf dem Tempelhofer | |
Feld. Dann wäre ihm bewusst, dass die Fläche eines der letzten Beispiele | |
für Cool Berlin ist; ein Image, dass die Stadtwerber gerne gegen die | |
grassierende Gentrifizierung verteidigen wollen. Wenn irgendwann so gut wie | |
alles zugebaut ist, kann man – vielleicht – in Berlin noch wohnen, aber | |
nicht mehr gut leben. | |
21 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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