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# taz.de -- Kongos Ex-Vizepräsidenten Bemba: Kriegsverbrecherurteil aufgehoben
> Das Weltstrafgericht schlägt das Kriegsverbrecherurteil gegen Kongos
> Ex-Vizepräsidenten Bemba nieder. Aber frei kommt er noch nicht.
Bild: Kongos Ex-Vizepräsidenten Jean-Pierre Bemba war zu 18 Jahren Haft verurt…
Berlin taz | Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat das
wichtigste Urteil seiner kurzen Geschichte wieder einkassiert. Der
inhaftierte Jean-Pierre Bemba, ehemaliger Vizepräsident der Demokratischen
Republik Kongo, wurde am Freitagnachmittag von einer Berufungskammer
komplett freigesprochen.
Bemba war [1][am 21. Juli 2016 zu 18 Jahren Haft verurteilt worden]. Als
politischer und militärischer Führer der Rebellenbewegung MLC
(Kongolesische Befreiungsbewegung), die 1998 bis 2003 das nördliche Drittel
der DR Kongo beherrschte, sei er für Morde, Plünderungen und
Vergewaltigungen verantwortlich, die MLC-Kämpfer begingen, als sie 2002 und
2003 in der benachbarten Zentralafrikanischen Republik dem dortigen
Präsidenten Ange-Felix Patassé zur Hilfe kamen, so das Gericht damals. Es
war das erste Urteil der internationalen Justiz, das ausschließlich auf dem
Rechtsprinzip Vorgesetztenverantwortung basierte und dieses auch für
sexuelle Kriegsverbrechen anerkannte, und galt damit als juristischer
Meilenstein.
Bemba hatte 2006 bei Kongos Präsidentschaftswahlen 42 Prozent der Stimmen
gegen Wahlsieger Joseph Kabila geholt, musste 2007 ins Exil und wurde 2008
in Belgien festgenommen. Das trug damals maßgeblich zur Festigung der
Kabila-Herrschaft bei. Bembas Anhänger haben das Verfahren gegen ihn immer
als politisch motiviert abgelehnt und sehen sich jetzt bestätigt.
Das Berufungsgericht hat Bemba nun in allen Anklagepunkten freigesprochen
und das Verfahren gegen ihn eingestellt. Die erste Instanz habe Bembas
Einflussmöglichkeiten auf das Handeln der von ihm in die
Zentralafrikanische Republik entsandten Kämpfer überschätzt, seine Motive
falsch beurteilt und seine späteren Schritte, Verbrechen seiner Kämpfer zu
ahnden, nicht angemessen berücksichtigt, so die Berufungsrichter
mehrheitlich. Durch diese „schweren Fehler“ der ersten Kammer, so die
Schlussfolgerung, würde „seine strafrechtliche Verantwortung vollständig
verschwinden“.
Das Berufungsgericht entließ Bemba allerdings nicht aus der Haft, da er
gemeinsam mit einigen seiner Anwälte von einer anderen Kammer wegen
Zeugenbeeinflussung verurteilt worden ist: 300.000 Euro Geldstrafe sowie
ein Jahr Haft, [2][abzusitzen nach Verbüßen der 18 Jahre wegen
Kriegsverbrechen]. Das eine Jahr in diesem Zeugenbeeinflussung-Verfahren
bricht also wohl jetzt an – es sind aber neue Streitereien zu erwarten, ob
dieses Urteil jetzt noch Bestand haben kann.
Eine Freilassung Bembas würde Kongos politische Landschaft komplett
durcheinanderwirbeln, kurz [3][vor mehrfach verschobenen Wahlen], die Ende
2018 stattfinden sollen. Der ehemalige Rebellenchef genießt im Kongo heute
noch großes Ansehen und hätte jetzt bei vielen den Status eines Helden, der
die Weltjustiz besiegt hat. In der Hauptstadt Kinshasa sammelten sich am
Freitagabend bereits Studenten, um Bembas Freispruch zu feiern.
8 Jun 2018
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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