# taz.de -- Ermittlungen gegen Kongos Justizminister: Ein Politprofi im eigenen… | |
> Belgiens Justiz nimmt gegen Kongos Justizminister Ermittlungen auf. Er | |
> soll Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben. | |
Bild: Einer der dienstältesten Politiker Kongos: Alexis Thambwe Mwamba, 74 | |
Brüssel taz | Die angespannten Beziehungen zwischen der Demokratischen | |
Republik Kongo und Europa drohen sich weiter zu verschlechtern. Grund ist | |
die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in Belgien gegen Kongos | |
Justizminister Alexis Thambwe Mwamba wegen Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit, das enthüllte am Mittwoch die Zeitung La Libre Belgique. | |
Alexis Thambwe Mwamba, 74, ist einer der dienstältesten Politiker Kongos | |
und war schon unter dem 1997 gestürzten Diktator Mobutu Minister. 1998 | |
schloss er sich der Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für | |
Demokratie) an, die bis 2003 mit Hilfe Ruandas den Osten Kongos | |
kontrollierte; später stieß er zum rivalisierenden Rebellen Jean-Pierre | |
Bemba, der bei Kongos ersten freien Wahlen knapp gegen Amtsinhaber Joseph | |
Kabila verlor und heute in Den Haag in Haft sitzt. Thambwe war von 2008 bis | |
2012 Kongos Außenminister und ist seit Ende 2014 Justizminister. | |
Zum Verhängnis wird ihm nun seine Zeit bei der RCD. Diese hatte am 18. | |
Oktober 1998, zu Beginn des zweiten Kongokrieges, über der Stadt Kindu ein | |
Linienflugzeug von Congo Airways abgeschossen; rund 50 Menschen starben, | |
vor allem Frauen und Kinder. Thambwe hatte das am nächsten Tag im | |
französischen RFI-Rundfunk gerechtfertigt, indem er behauptete, das | |
Flugzeug sei voller Soldaten und im Landeanflug auf Kindu gewesen. Congo | |
Airways hatte dementiert und gesagt, die Maschine sei gerade in Kindu | |
gestartet und voller fliehender Zivilisten gewesen. | |
Im Namen von Hinterbliebenen der Opfer reichte der belgische | |
Menschenrechtsanwalt Alexis Deswaef im Mai Klage gegen Thambwe in Belgien | |
ein. Die Klageschrift bewertet den Abschuss als terroristischen Akt und | |
damit als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die belgische Justiz, sagt | |
Desawef, habe sich jetzt für zuständig erklärt, weil Thambwe im Brüsseler | |
Vorort Uccle ein Haus besitzt. | |
Thambwes Name zirkulierte bereits, als in den letzten Monaten über | |
verschärfte EU-Sanktionen gegen kongolesische Machthaber wegen Behinderung | |
freier Wahlen nachgedacht wurde. Er wurde verschont, aber das muss nicht so | |
bleiben. | |
## Sohn und Tochter ebenfalls im Visier | |
Gegen seinen Sohn Alexis Thambwe Junior ermittelte die belgische Justiz | |
bereits im Jahr 2010, als er für das kongolesische Büro des | |
EU-Entwicklungsfonds arbeitete: Er habe 270 Millionen kongolesische Francs | |
verschwinden lassen, die für Gehälter bestimmt waren. Auch gegen die | |
Tochter des Ministers, Fleur Ngalula, wird ermittelt: Ihre belgische Firma | |
Thambwe Mwamba Ngalula Fleur habe eine Ausschreibung zur | |
Lebensmittelversorgung kongolesischer Gefängnisse gewonnen, aber nie etwas | |
geliefert, so ein Kläger, dessen Bruder zu den Opfern des | |
Flugzeugabschusses gehört. | |
Im Kongo selbst steht Thambwe ohnehin unter Druck. Als Justizminister ist | |
er verantwortlich dafür, dass innerhalb eines Monats rund 5.000 Häftlinge | |
aus drei Gefängnissen ausbrechen konnten, erst aus Kinshasas | |
Zentralgefängnis Makala und zuletzt aus dem Gefängnis von Beni im Ostkongo. | |
Aber Kongos Regierung sieht sich in erster Linie als Opfer, nachdem die | |
geltenden EU-Sanktionen gegen Verantwortliche für politische Unterdrückung | |
im Kongo im Mai auf weitere Personen ausgeweitet wurden. Kongos Regierung | |
vermutet Belgien als Scharfmacher auf EU-Ebene. Kongolesischen Berichten | |
zufolge arbeitet sie an Einreiseverboten für zehn Europäer, darunter | |
Belgiens Außenminister Didier Reynders und den aus Belgien stammenden | |
EU-Botschafter in Kinshasa, Bart Ouvry. | |
15 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
François Misser | |
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