Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- FDLR-Unterstützerprozess in Stuttgart: Bewährungsstrafe für Exil…
> Er unterstützte den Führer der ruandischen Hutu-Miliz FDLR mit Geld und
> Beratung. Dafür wird Eric B. schuldig gesprochen, in Haft muss er nicht.
Bild: Der 3. Strafsenat des OLG Stuttgart. Links der Angeklagte zur Prozesserö…
Berlin taz | Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am Mittwoch 14. Juni den
in Deutschland lebenden ruandischen Staatsbürger Eric B. wegen
Unterstützung der ausländischen terroristischen Vereinigung FDLR
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zu einer Haftstrafe von 21
Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Urteil fiel nach nur 12
Verhandlungstagen; der Prozess hatte am 20. März begonnen.
Der Angeklagte, so befand der 3. Strafsenat unter Vorsitz von Dr. Hartmut
Schnelle, habe 2008–2009 den in Deutschland lebenden FDLR-Präsidenten
Ignace Murwanashyaka, seit 2009 in Stuttgart in Haft, mit Zahlungen sowie
durch die Betreuung der FDLR-Webseite unterstützt. Murwanashyaka unterlag
zu diesem Zeitpunkt bereits Sanktionen des UN-Sicherheitsrats, die 2005
verhängt und per EU-Verordnung in deutsches Recht überführt worden waren.
Deswegen verstieß diese Unterstützung gegen das Bereitstellungsverbot unter
dem Außenwirtschaftsgesetz.
Konkret ging es darum, dass der Angeklagte am 12. Dezember 2008 und am 30.
Juni 2009 zwei Rechnungen der Firmen Lycos und OVH an Murwanashyaka in Höhe
von jeweils €167,16 und €71,40 für das Hosten der FDLR-Webseite bezahlte.
In diesem Zeitraum tobte im Ostkongo intensiv Krieg. In dessen Verlauf
verübte die FDLR – hervorgegangen aus Einheiten der für den Völkermord in
Ruanda 1994 mitverantwortlichen Hutu-Armee, die danach in den Kongo
geflohen war – eine Reihe schwerer Verbrechen, vor allem im Zeitraum
2008-09. Als mutmaßlicher Befehlshaber dieser Verbrechen wurde
Murwanashyaka im November 2009 festgenommen und im September 2015 vom OLG
Stuttgart als Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung sowie wegen
Beihilfe zu Kriegsverbrechen verurteilt. Dieser Prozess hatte über vier
Jahre gedauert.
## Lange Bekanntschaft
Der Angeklagte hatte in Murwanashyakas Prozess als Zeuge ausgesagt und
kannte diesen schon lange; so folgte er ihm als Präsident der
Deutschlandsektion der ruandischen Hutu-Exilpartei RDR nach, als
Murwanashyaka mit dieser brach und die FDLR mitgründete. Sein Name war auch
zeitweise auf der im September 2009 abgeschalteten FDLR-Webseite als
Kontaktperson zu finden.
In seinem jetzigen Prozess wurde er außerdem verurteilt, weil er „über
einen Zeitraum von knapp elf Monaten technische Hilfe beim Aufbau und
Betrieb der Homepage der FDLR“ leistete, so das Gericht. Die Anklage hatte
Einzelheiten einer Reihe entsprechender Telefonate zwischen Eric B. und
Murwanashyaka aufgeführt.
Schon zu Beginn des Prozesses hatte der Angeklagte, ein seit 1990 in
Deutschland lebender Software-Ingenieur, sich von der FDLR distanziert. Er
war nie in Untersuchungshaft genommen worden. Zu den Zahlungen hatte er
gesagt, er habe das Geld lediglich im Auftrag anderer Exilruander
weitergeleitet und es später von Murwanashyaka zurückgefordert. Zur
technischen Unterstützung hatte er gesagt, Murwanashyaka sei für ihn
lediglich „Kunde“ gewesen.
## Richter folgen Staatsanwaltschaft
Eine Reihe weiterer Anklagepunkte, die eine Reihe von Zahlungen über Paypal
an Betamax zur Ermöglichung von Murwanashyakas Telekommunikation betrafen,
wurden eingestellt.
Mit seinem Urteil – schuldig, aber eine auf Bewährung ausgesetzte Strafe –
folgt der 3. Strafsenat des OLG Stuttgart der Forderung der
Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.
Die Bewährung wird mit der Auflage versehen, einen etwaigen Wohnsitzwechsel
anzuzeigen. Eine von der Staatsanwaltschaft als weitere Auflage geforderte
Zahlung von €3000 an mehrere gemeinnützige Einrichtungen wurde vom Senat
hingegen nicht verhängt.
14 Jun 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
FDLR
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Ruanda
Ignace Murwanashyaka
FDLR
Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Kongo
Kongo
Lesestück Meinung und Analyse
Hutu-Miliz FDLR
Ruanda
## ARTIKEL ZUM THEMA
Revision FDLR-Kriegsverbrecherprozess: „Dieser kleine schwarze Mann“
Der Bundesgerichtshof überprüft die Verurteilung der in Deutschland
lebenden Führer der FDLR-Miliz. Beide Parteien sind unzufrieden.
Restauratorin über Erhalt von Leichen: „Ich nehme die Bilder mit“
Restauratorin Monika Lehmann säubert Leichen des Völkermords in Ruanda. Sie
empfindet das als Geschenk, stößt aber auch an ihre Grenzen.
Kongolesische Rebellen: Ein Land in Unsicherheit
Eine bisher unbekannte Gruppe hat Beni angegriffen, eine wichtige Stadt im
unruhigen Osten der Demokratischen Republik Kongo.
Ermittlungen gegen Kongos Justizminister: Ein Politprofi im eigenen Schatten
Belgiens Justiz nimmt gegen Kongos Justizminister Ermittlungen auf. Er soll
Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben.
FDLR-Unterstützerprozess in Stuttgart: Harte Vorwürfe gegen Exilruander
Ein Software-Ingenieur aus Ruanda, der im Exil lebt, steht seit Montag in
Stuttgart vor Gericht, weil er die Webseite der Hutu-Miliz FDLR betreute.
Buch über ruandischen Kriegsverbrecher: Blinder Fleck Afrika
Aus dem deutschen Asyl heraus befehligte Ignace Murwanashyaka seine Truppen
im Kongo. Die Behörden merkten lange nichts.
Analyse FDLR-Urteil: Ein Urteil voller Widersprüche
Die Richter erklären die FDLR zur terroristischen Vereinigung. „Verbrechen
gegen die Menschlichkeit“ habe sie aber nicht begangen.
FDLR-Prozess in Stuttgart: Die Opfer bleiben anonym
Ist die Führung der FDLR für Kriegsverbrechen verantwortlich? Jetzt soll
das Urteil gegen den Ex-Chef der ruandischen Hutu-Miliz fallen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.