Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neuer Polizeichef im Kongo: Wiedergeburt eines Haudegens
> Einst schützte er Diktator Mobutu und kämpfte für Rebellenchef Bemba. Nun
> wird General Amuli neuer kongolesischer Polizeichef.
Bild: General Dieudonné Amuli (r.) beim Besuch des UN-Blauhelmkommandeurs in K…
Berlin taz | Einer der erfahrensten Kriegsführer der Demokratischen
Republik Kongo ist in Zukunft für das Niederschlagen ziviler Proteste
zuständig. General Dieudonné Amuli Bahigwa, zuletzt stellvertretender
Generalstabschef der Streitkräfte, wurde in der Nacht zum Dienstag zum
neuen Polizeichef ernannt, in Nachfolge von Charles Bisengimana.
Die Verfügung von Präsident Joseph Kabila umfasst zahlreiche weitere
Umbesetzungen an den Spitzen von Polizei und Armee in Zeiten zunehmender
bewaffneter Konflikte und politischer Spannungen.
General Amulis Leben steht für die schillernde Geschichte der Kongokriege.
Geboren im Nordosten des Landes, als Angehöriger der Hema-Volksgruppe im
Distrikt Ituri, wurde Amuli in den 1970er Jahren an der Offiziersschule
Kananga in Kasai, heute Bürgerkriegsregion, zum Offizier ausgebildet. Dann
trat er in die gefürchtete Präsidialgarde DSP des damaligen Diktators
Mobutu Sese Seko ein. Er genoss eine Eliteausbildung in Israel und stieg
zum Kommandanten der für den persönlichen Schutz Mobutus zuständigen
Brigade auf.
Amuli war einer der letzten, der in Kinshasa Mobutu die Stange hielt, als
dessen Regime im Jahr 1997 vor den AFDL-Rebellen Laurent-Désiré Kabilas,
Vater des heutigen Staatschefs Joseph Kabila, zurückwich: Er stand am
Flughafen Ndjili, von dem aus Mobutu am Morgen des 16. Mai 1997 die Flucht
ergriff, einen Tag vor dem triumphalen Einmarsch der AFDL in Kinshasa
gemeinsam mit Ruandas Armee.
„Amuli war der Letzte, der Ndjili verließ, unter dem Feuer der Ruander und
der AFDL“, heißt es in seinem späteren offiziellen Lebenslauf – als er
selbst Rebellen kommandierte.
## Unerschütterlicher wie grundloser Optimist
Denn Amuli setzte sich damals, wie viele Mobutu-Anhänger, über den Fluss
Kongo nach Brazzaville ab, Hauptstadt der benachbarten Republik Kongo. Als
1998 in der Demokratischen Republik Kongo erneut Krieg ausbrach, gehörte er
zu den Gründern der Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung)
unter dem schwerreichen Geschäftsmann Jean-Pierre Bemba, die mithilfe
Ugandas das nördliche Drittel des Landes eroberte.
Bemba machte Amuli zu seinem Generalstabschef. Nach dem Friedensschluss im
Kongo 2003, als eine Allparteienregierung unter Präsident Joseph Kabila
unter Mitwrkung der MLC entstand, wurde Amuli Marinechef – eher symbolisch,
da Kongo keine wirkliche Marine hat.
Amuli wurde bald wieder gebraucht: erst für den Kampf gegen die ugandische
Terrortruppe LRA (Widerstandsarmee des Herrn), dann als Kommandant der
„Operation Amani Leo“ (Frieden jetzt) gegen bewaffnete Gruppen im Ostkongo
von 2010 bis 2012. Stationiert in der Provinzhauptstadt Goma war Amuli dort
bald für so unerschütterlichen wie grundlosen Optimismus bekannt.
Denn der Erfolg war eher mäßig: Nach Ende der Operation zählte der Ostkongo
mehr bewaffnete Gruppen als vorher. Amani Leo zerfiel nach zwei Jahren mit
der Desertion ehemaliger Tutsi-Rebellen, die als Rebellenarmee M23
(Bewegung des 23. März) die Armee aus Goma verjagten. Amulis Belohnung:
Aufstieg in den Generalstab im Jahr 2014, als eine umfassende
Reorganisation anstand.
Amulis Wiedergeburt als Polizeichef wird nun im Kongo unterschiedlich
kommentiert. Die einen fürchten eine Militarisierung der Polizei, was für
mehr Blutvergießen bei Demonstrationen spräche.
## Bedächtiger General?
Die anderen meinen, dass Amuli zu den bedächtigeren Generälen zählt.
Kinshasas bisheriger Polizeichef Célestin Kanyama hingegen, ein
gefürchteter Scharfmacher, hat derweil seinen Job verloren. Andererseits
wird Kanyama, mit internationalen Sanktionen belegt, nun Chef der
Polizeiausbildung.
Als Mobutu-Gardist gehörte Amuli 1997 jedenfalls nicht zu den Hardlinern,
die Kinshasa lieber in Schutt und Asche legen wollten, als es Kabila zu
überlassen. Er wollte einfach seinen Präsidenten außer Landes bringen. Und
als Stabschef Bembas ahndete er Übergriffe, als MLC-Truppen 2002 bis 2003
in der Zentralafrikanischen Republik schwere Verbrechen begingen, die Bemba
später vor den Internationalen Strafgerichtshof brachten.
Im Prozess gegen Bemba in Den Haag wurde Amuli als mäßigendes Element
zitiert. „Ich kenne Amuli persönlich“, lobt ihn Bemba in seiner
Autobiografie. „Er verfügt über menschliche Qualitäten und genießt den
Respekt seiner Truppen.“
Heute sitzt Bemba in Den Haag als verurteilter Kriegsverbrecher hinter
Gittern, und sein ehemaliger Topgeneral wird in der Heimat die Polizei
führen. Und zu Amulis direkten Widersachern wird MLC-Mitgründer Olivier
Kamitatu zählen, heute einer der Anführer der politischen Opposition im
Kongo. Ab Ende Juli ruft die Opposition erneut zu Massenprotesten auf.
19 Jul 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Joseph Kabila
Jean-Pierre Bemba
Jean-Pierre Bemba
Kongo
Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Kongo
Kongo
Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Kongo
Kongo
Kongo
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kongos Ex-Vizepräsidenten Bemba: Kriegsverbrecherurteil aufgehoben
Das Weltstrafgericht schlägt das Kriegsverbrecherurteil gegen Kongos
Ex-Vizepräsidenten Bemba nieder. Aber frei kommt er noch nicht.
Neuer Milizenterror im Kongo: Angst, Wut und Unverständnis
Angriffe auf Dörfer der Hema-Volksgruppe treiben Zehntausende von Menschen
in eine gefährliche Flucht. Der Staat tut nichts, sagen Betroffene.
Nach Gewalt gegen Demonstranten: EU schont Kongos Regierung
Die EU äußert nur milde Kritik an den tödlichen Polizeieinsätzen gegen
Demonstranten im Kongo. Der Grund sind Geschäftsinteressen.
Tote UN-Mitarbeiter im Kongo: Schuldfrage verschoben
Die Vereinten Nationen haben die Ermordung zweier UN-Experten im Kongo
untersucht. Doch im Bericht dazu bleibt vieles ungeklärt.
Generalstreik im Kongo: Krieg um das öffentliche Bild
Pünktlich zu einem neuen Generalstreikaufruf lässt die Regierung das
Internet herunterfahren und in Kinshasa seltsame Milizen gewähren.
Politische Krise im Kongo: Wahlen fallen aus, Proteste auch
Demonstrationen gegen die Wahlverschiebung bleiben klein. Das liegt am
unkoordinieten Vorgehen der Opposition und am massiven Polizeiaufgebot.
Flüchtlinge im Kongo: „Ohne Nahrung, Wasser, Kleidung“
In der Demokratischen Republik Kongo leben 3,8 Millionen Binnenflüchtlinge.
Ihre Zahl erreicht einen Höchststand, die Hilfe einen Tiefststand.
Regierungskrise im Kongo: EU weitet Sanktionen aus
Die EU hat neun weitere Politiker und Sicherheitsbeamte mit Einreiseverbot
und Vermögenssperre belegt. Sie reagiert damit auf die Rücktrittsweigerung
von Kabila.
Proteste im Kongo: Angst schlägt Unzufriedenheit
Einem Aufruf der Opposition zur Großdemonstration gegen Präsident Kabila in
Kinshasa wurde nicht gefolgt. Die Straße gehörte der Polizei.
Regierung im Kongo: Der Präsident ist müde, das Volk auch
Kongos Präsident Joseph Kabila wendet sich nach Monaten des Schweigens an
die Nation. Das wichtigste Thema lässt er aus: sich selbst.
Proteste im Kongo: Deutschland droht Präsident Kabila
Deutschland setzt wegen Kabilas Amtszeitverlängerung die Verhandlungen über
Entwicklungshilfe aus. Auch andere Länder „überdenken“ ihre Beziehungen.
Sanktionen gegen Kongo: Strafen, wo es die Elite trifft
EU und USA mobilisieren für das nahende Ende von Präsident Kabilas
Amtszeit: Reiseverbote und Kontensperrungen für Regimeträger.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.