# taz.de -- Politische Krise im Kongo: Wahlen fallen aus, Proteste auch | |
> Demonstrationen gegen die Wahlverschiebung bleiben klein. Das liegt am | |
> unkoordinieten Vorgehen der Opposition und am massiven Polizeiaufgebot. | |
Bild: Demonstrieren auf eigene Gefahr: Militärpolizei in Kinshasa, 29. Juni. D… | |
BERLIN taz | Mit Festnahmen hat die Polizei in der Demokratischen Republik | |
Kongo am Montag Proteste gegen eine weitere Wahlverschiebung im Keim | |
erstickt. In zahlreichen Städten versammelten sich am Morgen lediglich | |
kleine Gruppen von Jugendaktivisten, die dem Aufruf der | |
zivilgesellschaftlichen Gruppe „La Lucha“ gefolgt waren. | |
Landesweit meldeten Menschenrechtsorganisationen und -beobachter bis zum | |
Abend zwischen 123 und 128 Festnahmen, einige davon nur kurzzeitig. Die | |
meisten davon gab es in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma, wo La | |
Lucha einst als Studentengruppe entstanden war. | |
In der anderen ostkongolesischen Provinzhauptstadt Bukavu wurde ein | |
Demonstrant durch einen Bauchschuss lebensgefährlich verletzt. In den | |
ostkongolesischen Städten Butembo und Beni wurden demonstrierende | |
Jugendliche gleich abgeführt. | |
In der Hauptstadt Kinshasa und in der südkongolesischen Provinzhauptstadt | |
Lubumbashi verhinderte ein massives Aufgebot von Polizei und Militär, dass | |
es überhaupt zu größeren Zusammenrottungen kam, ebenso in zahlreichen | |
anderen Städten des Landes. In der zentralkongolesischen Bürgerkriegsregion | |
Kasai fielen die Proteste aus. | |
La Lucha hatte am 17. Juli für den 31. Juli zu gewaltfreien Demonstrationen | |
vor allen Büros der Wahlkommission CENI aufgerufen, nachdem diese verkündet | |
hatte, sie werde anders als geplant doch nicht bis 31. Juli ein | |
aktualisiertes Wahlregister vorlegen können. Damit seien Wahlen noch im | |
Jahr 2017 „unmöglich“, hatte Wahlkommissionschef Corneille Nangaa gesagt. | |
## Vereinbarung ist gegenstandslos | |
Wahlen spätestens Ende 2017 war Kernpunkt der von der katholischen Kirche | |
ausgehandelten Vereinbarung zwischen Regierung und Opposition von Silvester | |
2016 gewesen, wonach Präsident Joseph Kabila trotz Ablaufs seiner letzten | |
legitimen Amtszeit am 19. Dezember 2016 weiterregieren darf. Ohne Wahlen | |
2017 werten Teile der Opposition diese Vereinbarung als gegenstandslos und | |
Kabila als illegitim. | |
Aber ohne ein neues Wahlregister drohen bei Neuwahlen massive Fälschungen | |
wie bei den letzten Wahlen 2011. Das neue Wahlregister verhindert nun | |
rasche Neuwahlen. Erst vor einer Woche begann die Wählerregistrierung in | |
der bürgerkriegsgeschüttelten Kasai-Region. | |
Bis dahin waren laut Wahlkommission rund 35 Milllionen der mutmaßlich 41 | |
Millionen wahlberechtigten Kongolesen registriert. | |
Man wolle daran erinnern, „dass das Volk Kabila und seinem Regime keinen | |
einzigen Tag über Dezember 2017 hinaus zugestehen werden, unter welchem | |
Vorwand auch immer“, begründete La Lucha seinen Demonstrationsaufruf. Der | |
wurde allerdings dadurch geschwächt, dass die politische Opposition einen | |
eigenen Demonstrationsaufruf für eine Woche später veröffentlichte und sich | |
erst am vergangenen Freitag dem Aufruf für den 31. Juli anschloss. | |
## Landesweiter Generalstreik geplant | |
Das war zu spät für eine ordentliche Mobilisierung von Oppositionsanhängern | |
samt Sicherheitsgarantien. Fast alle Parteipolitiker blieben den Protesten | |
fern. | |
Zu Massenprotesten kam es daher nirgends. Dafür aber zu einem massiven | |
Vorgehen der Polizei gegen lokale Journalisten. In Kinshasa wurden sieben | |
Journalisten kurzzeitig festgenommen, in Goma drei. | |
Nun ist abzuwarten, ob die anderen Protestaufrufe besser befolgt werden. | |
Das größte Oppositionsbündnis „Sammlung“ plant für den 8. und 9. August | |
einen landesweiten Generalstreik, für den 20. August Proteste in allen | |
Großstädten und ab dem 1. Oktober Kampagnen des zivilen Ungehorsams „bis | |
zum Abtritt Joseph Kabilas“. | |
Ähnliche Aufrufe vor einem Jahr hatten im September 2016 zu schweren | |
Unruhen mit Dutzenden Toten geführt. | |
1 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Kinshasa | |
Goma | |
Joseph Kabila | |
Kongo | |
Mode | |
Kongo | |
Kongo | |
Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Generalstreik im Kongo: Krieg um das öffentliche Bild | |
Pünktlich zu einem neuen Generalstreikaufruf lässt die Regierung das | |
Internet herunterfahren und in Kinshasa seltsame Milizen gewähren. | |
Webserie über Modemetropole Kinshasa: Eine nicht endende Performance | |
Die Serie „Kinshasa Collection“ beleuchtet die Verflechtungen des | |
Textilhandels zwischen der DR Kongo, China und Europa. | |
Oppositionsführer im Kongo: Stachel in Kabilas Sitzfleisch | |
Dem exilierten und beliebten Politiker Moise Katumbi wird in Abwesenheit | |
der Prozess gemacht. Damit rückt die Wahl im Kongo in weite Ferne. | |
Neuer Polizeichef im Kongo: Wiedergeburt eines Haudegens | |
Einst schützte er Diktator Mobutu und kämpfte für Rebellenchef Bemba. Nun | |
wird General Amuli neuer kongolesischer Polizeichef. | |
Flüchtlinge im Kongo: „Ohne Nahrung, Wasser, Kleidung“ | |
In der Demokratischen Republik Kongo leben 3,8 Millionen Binnenflüchtlinge. | |
Ihre Zahl erreicht einen Höchststand, die Hilfe einen Tiefststand. | |
Kongolesische Rebellen: Ein Land in Unsicherheit | |
Eine bisher unbekannte Gruppe hat Beni angegriffen, eine wichtige Stadt im | |
unruhigen Osten der Demokratischen Republik Kongo. |