| # taz.de -- Flüchtlinge im Kongo: „Ohne Nahrung, Wasser, Kleidung“ | |
| > In der Demokratischen Republik Kongo leben 3,8 Millionen | |
| > Binnenflüchtlinge. Ihre Zahl erreicht einen Höchststand, die Hilfe einen | |
| > Tiefststand. | |
| Bild: Diese Flüchtlinge sind aus dem Kongo weiter nach Angola gezogen | |
| Berlin taz | Die Zahl der Vertriebenen und Notleidenden in der | |
| Demokratischen Republik Kongo steigt immer weiter. Wie UN-Stellen Ende | |
| vergangener Woche mitteilten, hat die Zahl der Binnenvertriebenen in dem 80 | |
| Millionen Einwohner zählenden Land Ende Juni mit 3,8 Millionen einen | |
| historischen Höchststand erreicht und sich innerhalb eines Jahres mehr als | |
| verdoppelt. | |
| Grund ist die Ausbreitung bewaffneter Konflikte. 15 der 26 kongolesischen | |
| Provinzen zählten mittlerweile Binnenflüchtlinge, so die humanitäre | |
| UN-Koordinierungsstelle OCHA. | |
| Ihre Hauptsorge gilt der zentralen Kasai-Region, wo 1,4 Millionen Menschen | |
| auf der Flucht sind – Folge des Konflikts zwischen Armee und | |
| oppositionellen Milizen, der vor knapp einem Jahr ausbrach. Jede Woche | |
| kommen mehrere Zehntausend Flüchtlinge dazu. Neben Armee und | |
| oppositionsnahen bewaffneten Gruppen sind dort auch mutmaßlich aus dem | |
| Staatsapparat heraus ausgerüstete Milizen aktiv, die feindlich angesehene | |
| Zivilisten angreifen. | |
| Daraus entwickelt sich Gewalt auf ethnischer Grundlage – das Muster, das im | |
| Ostkongo schon seit über zwanzig Jahren Milizenterror anfacht. Auch dort | |
| nehmen Aktivitäten bewaffneter Gruppen in jüngster Zeit wieder zu. | |
| ## 100 Dörfer in Kasai zerstört | |
| Nach lokalen Angaben hat Kasais Krieg mittlerweile 5.000 Tote gefordert, | |
| 100 Dörfer sowie 140 kirchliche Schulen seien zerstört. Allein im Distrikt | |
| Dibaya seien 30.000 Häuser angezündet worden, bilanzierte der Dachverband | |
| der Nichtregierungsorganisationen Kasais (CRONGD) am 4. Juli. | |
| UN-Mitarbeiter haben bislang 80 Massengräber in Kasai identifiziert – sie | |
| haben aber nur beschränkten Zugang und sind selbst gefährdet, seit im März | |
| zwei UN-Experten in Kasai ermordet wurden, mutmaßlich unter Beteiligung von | |
| Angehörigen der Sicherheitskräfte. Wieviele Tote sich in den Massengräbern | |
| befinden, konnte nicht ermittelt werden. | |
| Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtete am 14. Juli, dass | |
| Binnenvertriebene in katastrophalem Zustand die außerhalb der Region Kasai | |
| liegenden Provinzen Kwilu und Lualaba erreichten. „Viele haben erklärt, | |
| dass sie wochenlang im dichten Wald herumirrten, ohne Nahrung, Wasser, | |
| Medikamente und Kleidung, und dass sie unterwegs Menschen haben sterben | |
| sehen“, so UNHCR-Sprecher William Spindler. | |
| Viele hätten Schusswunden oder seien von Machetenhieben verstümmelt. Sie | |
| seien schwerst traumatisiert und es gebe für sie keine Therapie. Die Region | |
| Kasai aus insgesamt fünf Provinzen ist etwa so groß wie Deutschland und | |
| enthält fast gar keine richtigen Straßen. | |
| ## Hilfsappell nur zu 25 Prozent finanziert | |
| Die UN-Hilfsappelle für die Demokratische Republik Kongo in Höhe von 748 | |
| Millionen US-Dollar zur Unterstützung von 7,4 Millionen Bedürftigen sind | |
| bislang nur zu 25 Prozent finanziert, so wenig wie seit zehn Jahren nicht, | |
| warnt OCHA. Ein separater neuer Hiflsappell für Kasai, veröffentlicht im | |
| April, sei gar nur zu 11 Prozent finantiert. | |
| Internationale Geber wenden sich derzeit vom Kongo wegen der autoritären | |
| Tendenzen der Regierung von Präsident Joseph Kabila ab. Eine Reihe hoher | |
| politischer Verantwortlicher steht unter Sanktionen der EU und der USA, was | |
| dazu führt, dass es von kongolesischer Seite immer wieder Gegenmaßnahmen | |
| gibt. Das erschwert die Zusammenarbeit. Dazu kommt eine schwere | |
| Wirtschaftskrise, die den Verfall der Landeswährung nach sich zieht. | |
| Und nachdem die eigentlich 2016 fälligen Wahlen auf 2017 verschoben wurden, | |
| kündigte die Wahlkommission letzte Woche an, auch 2017 sei nicht zu halten. | |
| Grund sei die Unsicherheit, unter anderem in Kasai, die die laufende | |
| Wählerneuregistrierung behindere, so Wahlkommissionschef Corneille Nangaa. | |
| Viele lokale Beobachter glauben, dass die Regierung oder einzelne Politiker | |
| Gewalt schüren, um Wahlen zu verhindern. Am Wochenende forderte die | |
| Jugendliga der Regierungspartei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und | |
| Demokratie) die Verhängung des Ausnahmezustands. | |
| 17 Jul 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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