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# taz.de -- Humanitärer Notstand im Kongo: Weckruf der Vereinten Nationen
> Für vier Provinzen im Kongo, in denen 1,7 Millionen Menschen ihre Heimat
> verloren haben, ruft die UNO die höchste humanitäre Alarmstufe aus.
Bild: Zukunft sieht anders aus: kongolesisches Kind vor UN-Basis
Berlin taz | Die Hilfswerke der Vereinten Nationen haben für die
Demokratischen Republik Kongo die allerhöchste Alarmstufe ausgerufen. Der
sogenannte „Level 3“ gilt ansonsten nur für Syrien, Irak und Jemen, jetzt
aber auch für die am schwersten von Konflikten betroffenen kongolesischen
Provinzen Südkivu und Tanganyika im Osten sowie Kasai und Kasai-Central
im Zentrum des Landes.
Allein diese vier Provinzen zählen laut der letzten UN-Aufstellung von Ende
September, die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, 1,7 Millionen
Binnenvertriebene. 3,9 Millionen sind es landesweit.
In keinem Land der Welt verlieren so viele Menschen zwangsweise ihre Heimat
wie im Kongo, so am Dienstag ein Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks
UNHCR in Genf: knapp zwei Millionen neue Vertriebene seit 2015, allein
428.000 in den letzten drei Monaten. Als Grund nannte er „verbreitete
Milizenaktivitäten sowie durch ethnische und politische Konflikte genährte
Unruhe und Gewalt“.
Das Muster ist überall ähnlich: Lokale Führer, im Streit mit der
Zentralmacht, rufen die jungen Männer ihrer Region oder ihrer Volksgruppe
zu den Waffen und suchen Aufmerksamkeit, indem sie sich nationale
politische Forderungen zu eigen machen – zumeist die nach Wahlen und nach
Einhaltung der Verfassung durch die Regierung von Präsident Joseph Kabila.
Armee und Präsidialgarde reagieren mit massiver Gewalt gegen Zivilisten auf
ethnischer Grundlage oder fördern lokale Todesschwadronen. Am Ende brennen
ganze Landstriche und Hunderttausende Menschen fliehen in die Wälder.
## Keine freien Wahlen in Sicht
Die politische Dynamik fördert solche Konflikte. Präsident Kabilas
verfassungsmäßige Amtszeit lief Ende 2016 ab, aber Neuwahlen sind nicht in
Sicht. Eine Vereinbarung von Ende 2016, noch 2017 Wahlen abzuhalten, ist
nicht umgesetzt worden.
Die laufende Wählerregistrierung umfasst alle Kongolesen, die bis Ende 2018
volljährig werden, was ein Signal für die Planungen der Wahlkommission ist.
In diesem Stillstand gedeihen Unzufriedenheit und Radikalität.
Die Flüchtlingszahlen wären noch höher, wenn nicht von einst 1,4 Millionen
Binnenvertriebenen in Kasai schon wieder rund 600.000 zurückgekehrt wären –
aber meist sind ihre Dörfer niedergebrannt, und sie brauchen nach der
Rückkehr erst recht Hilfe, die es nicht gibt. Die UN-Hilfsappelle für das
Land in diesem Jahr sind nur zu rund einem Drittel finanziert.
In den Kasai-Provinzen brauchen drei Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfe
– nur 425.000 haben welche, heißt es im jüngsten UN-Lagebericht vom Montag.
In ganz Kongo leiden nach UN-Angaben 7,7 Millionen Menschen, ein Zehntel
der Bevölkerung, an Hunger; fast jedes zweite Kind unter fünf Jahren ist
chronisch unterernährt.
## Hoffen auf bessere Finanzierung
Angesichts der Lage sprachen sich die UN-Hilfskoordinatoren im Kongo vor
Kurzem für die Aktivierung der höchsten Alarmstufe „Level 3“ aus. Dies
wurde nicht öffentlich, aber intern an alle betroffenen Hilfswerke
kommuniziert, bestätigt eine Sprecherin des Norwegischen Flüchtlingsrats
(NRC).
„Level 3“ bedeutet eine höherrangigere Koordination – und hoffentlich au…
mehr Geld, so NRC: „Die Anerkennung der höchsten Notstufe wird hoffentlich
Finanzhilfen mobilisieren.“
Das erfolgt pünktlich zu einem Kongo-Besuch der UN-Botschafterin der USA,
Nikki Haley, in den nächsten Tagen. Vor ihrer Reise sagte Haley,
Stabilisierung im Kongo hänge davon ab, dass Kabila einen Termin für seinen
Rücktritt nenne.
24 Oct 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
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