# taz.de -- Kämpfe im Kongo: Das Déjà-vu aus den Bergen | |
> Schwere Kämpfe um die Großstadt Uvira an Burundis Grenze zeigen die | |
> wachsende Stärke lokaler Anti-Kabila-Rebellengruppen. | |
Bild: UN-Blauhelme in Uvira, hier 2012. Heute sieht es nicht anders aus | |
Berlin taz | Genau 21 Jahre nach dem Beginn der Kongokriege, die | |
Zentralafrika jahrelang in Gewalt und Elend stürzten, treiben in genau | |
demselben Gebiet der Demokratischen Republik Kongo erneut Rebellen die | |
Regierung in die Defensive. Heftige Kämpfe tobten am Donnerstagvormittag am | |
Südrand der Millionenstadt Uvira, direkt an Kongos Grenze zu Burundi. | |
Am Mittwoch waren die Rebellen aus den Bergen ringsum vorgerückt, hatten | |
zahlreiche Orte unter ihre Kontrolle gebracht und schienen im Begriff, | |
Uvira einzunehmen. Die UN-Mission im Kongo (Monusco) entsandte Verstärkung, | |
„um Zivilisten zu schützen“. | |
Die Rebellenkoalition nennt sich verschiedentlich CNPSC (Nationale | |
Volkskoalition für die Souveränität des Kongo) oder AA-64 (Allianz für | |
Artikel 64). Letzteres verweist auf den Paragrafen der kongolesischen | |
Verfassung, der Widerstandsrecht gegen Verfassungsbruch festschreibt. Das | |
deutet auf eine Motivation hin: Viele Oppositionelle im Kongo halten das | |
Regime von Präsident Joseph Kabila für illegitim, seit die Ende 2016 | |
fälligen Wahlen nicht stattfanden. | |
Nachdem ein Deal mit der Opposition über eine gemeinsame Übergangsregierung | |
und Wahlen Ende 2017 auch nicht umgesetzt worden ist, leiten manche daraus | |
nun ein Recht zum bewaffneten Kampf ab. Von Ituri im Nordosten bis Kasai im | |
Südwesten des Landes schreiben sich lokale bewaffnete Gruppen den | |
Regimewechsel auf die Fahnen. | |
Die spektakulären Kämpfe um Uvira haben allerdings noch einen weiteren | |
Hintergrund: die seit Jahrzehnten andauernden Aktivitäten des lokalen | |
Warlords William Amuri alias Yakutumba, der eine der stärksten jener | |
ethnischen Milizen anführt, die im Ostkongo kollektiv als „Mayi-Mayi“ | |
bezeichnet werden. Die Mayi-Mayi-Yakutumba rekrutieren sich aus der | |
Bembe-Volksgruppe um Fizi, eine der größten Ethnien der Region. | |
Der Distrikt Fizi war bei Kongos letzten Wahlen 2011 der einzige im | |
Ostkongo, der massiv gegen Kabila stimmte. Die Bembe-Milizen kämpfen vor | |
allem gegen die Banyamulenge-Tutsi aus dem Hochland oberhalb von Fizi und | |
Uvira und halten Kabila für eine Marionette der Tutsi und Ruandas. Die | |
Gegend um Fizi ist wieder Bürgerkriegsgebiet. Die Armee wird von | |
Tutsi-Offizieren geführt, was sie unbeliebt macht und zu Desertionen führt. | |
Der große Unterschied zwischen der Lage heute und vor 21 Jahren: Damals | |
kämpften Banyamulenge und Bembe gemeinsam mit Unterstützung aller | |
Nachbarländer gegen die zerfallende Diktatur Mobutus im Kongo, das damals | |
Zaire hieß. Aus ihrem Bündnis entwickelte sich eine Rebellion, die unter | |
Führung von Laurent-Désiré Kabila schnell das gesamte Land eroberte. | |
Heute regiert dessen Sohn Joseph Kabila und kann trotz aller Kritik auf | |
afrikanische Unterstützung zählen. Rebellen machen höchstens ihre eigenen | |
Heimatgebiete unsicher. Das allerdings hat genügt, um die Zahl der | |
Binnenvertriebenen im Kongo auf den Rekord von vier Millionen zu treiben – | |
davon jeweils 500.000 in Südkivu und Tanganyika und weitere 120.000 in | |
angrenzenden Teilen von Maniema. | |
Unklar in Südkivu heute ist die Haltung Burundis. Dessen Präsident Pierre | |
Nkurunziza, ein ehemaliger Hutu-Rebellenführer, ist mit Kongos Präsident | |
Kabila politisch und militärisch verbündet. Yakutumba und seine Kämpfer | |
haben aber eigene historische Verbindungen zu burundischen Hutu-Kämpfern, | |
die teils autonom agieren. | |
Beobachtern zufolge erhalten die Rebellen vor Uvira Nachschub auf Booten | |
aus Burundi über den Tanganyika-See – ein beliebter Waffenschmuggelweg aus | |
Ostafrika in den Kongo. | |
28 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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