# taz.de -- Milizenkonflikte im Kongo: Alter Kriegsherd neu aufgeflammt | |
> Die Provinz Ituri, wo es die größten Massaker des Kongokrieges gab, wird | |
> erneut von Gewalt erschüttert. Die Behörden dulden keinen Protest | |
> dagegen. | |
Bild: Polizisten blockieren eine Demo in Kinshasa (Symbolbild) | |
BERLIN taz | Die Polizei der Demokratischen Republik Kongo reagiert auf | |
Proteste gegen Gewalt mit Gewalt. Ein Mensch wurde am Montag im | |
nordostkongolesischen Bunia erschossen, als die Polizei Demonstrationen | |
auflöste. | |
Unter den Protestierenden, die Straßen mit brennenden Reifen blockiert | |
hatten, waren Vertriebene, die vor Massakern und Brandschatzungen in | |
umliegenden Dörfern der Provinz Ituri geflohen sind und verlangen, dass | |
etwas gegen Kongos neuesten Milizenkrieg getan wird. | |
Mindestens 30 Tote, über 600 verbrannte Hütten und über 10.000 Vertriebene | |
zählt die „Kommission für Frieden und Gerechtigkeit“ der katholischen | |
Kirche in einem neuen Bericht, der der taz vorliegt, in vier Tagen Gewalt | |
von Milizen der Lendu-Volksgruppen an Zivilisten der Volksgruppe der Hema. | |
Der Hema-Kulturbund „Ente“ sprach am Sonntag von 23 Toten allein zwischen | |
dem 2. und 4. Februar und rief alle Hema zum Generalstreik am Montag und | |
Dienstag auf. | |
## Ituris Krieg war schon einmal explosiv | |
In einem Land mit 4,3 Millionen Kriegsvertriebenen wäre die Gewalt von | |
Ituri Routine, wenn sie nicht einem Muster folgen würde, das sich bereits | |
einmal als explosiv erwies. 60.000 Tote forderten von 1999 bis 2003 | |
Konflikte zwischen Hema- und Lendu-Milizen in Ituri, eine der blutigsten | |
lokalen Kriegsfronten des Kongo während der damaligen Teilung des Landes | |
zwischen Warlords. | |
Ituris Krieg rief 2003 sogar eine von Frankreich gestellte | |
EU-Eingreiftruppe auf den Plan. Eines der schlimmsten Massaker an Hema, mit | |
966 Toten, verübten Lendu im April 2003 im Dorf Drodro, wo auch jetzt | |
verletzte Opfer der neuesten Kämpfe im Krankenhaus landen. Drodro und das | |
Nachbardorf Blikwa, Kern der aktuellen Angriffe, waren einst Hochburgen der | |
Hema-Miliz UPC (Union kongolesischer Patrioten). | |
Heute ist die UPC eine politische Partei; ihr Exführer Thomas Lubanga wurde | |
vom Internationalen Strafgerichtshof verurteilt, UPC-Militärchef Bosco | |
Ntaganda steht dort derzeit vor Gericht. Die Führer der Lendu-Mliizen FRPI | |
(Patriotische Widerstandskräfte von Ituri) und FNI (Integrationistische | |
Nationalistische Kräfte) hingegen blieben verschont, manche ihrer Kämpfer | |
bleiben aktiv. | |
Im Juni 2017 führte ein Mord an einem Lendu-Priester in Drodro zu | |
Racheakten an Hema. Ehemalige FNI-Kämpfer sollen sich neu in Milizen | |
gesammelt haben. Über 15.000 Menschen sind im Dezember nach Uganda | |
geflohen. Ein Friedensschluss kurz vor Weihnachten 2017 hielt nicht. „Die | |
Lendu-Kämpfer, mit roten Banderolen“, so der Kirchenbericht aus Bunia, | |
„kommen nackt und schweigend, zünden Hütten an, nehmen die Güter mit und | |
eliminieren die Personen, die sie sehen und die sich ihnen widersetzen.“ | |
Lokale Medien werfen den Behörden Unfähigkeit vor. Provinzgouverneur | |
Abdallah Pene Mbaka kehrte erst vor einer Woche von einem langen Aufenthalt | |
in Kongos Hauptstadt Kinshasa zurück, sein Agrarminister wurde wegen | |
Vergewaltigung festgenommen. | |
6 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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