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# taz.de -- Humanitäre Krise im Kongo: Das große Sterben nach der Flucht
> Die humanitäre Krise in der Demokratischen Republik Kongo gerät außer
> Kontrolle, warnt die UNO. Mit einer Verbesserung rechnet kaum einer.
Bild: Ein Flüchtlingsdorf im Kongo Ende November – Millionen Menschen sind g…
Berlin taz | Der Lagebericht von Dr. Bruno Kapinga gegenüber dem
UN-Kinderhilfswerk Unicef ist einfach und vernichtend. „Vergangenes Jahr
konnten die Leute ihre Ernten nicht einholen. Also gab es nicht viel zu
essen. Die Bevölkerung hat nichts, was sie auf dem Markt verkaufen kann.
Die Leute haben kein Geld.“ Und ohne Geld gibt es nichts zu essen und auch
sonst nichts.
Bruno Kapinga ist Chefarzt von Tshikaji, ein Bezirk von Kananga, der zwei
Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt der Provinz Kasai-Central. In
Kasai brach im Sommer 2016 ein Konflikt zwischen oppositionsnahen Milizen
und der Regierung aus, der sich rasch zu Massakern ausweitete. Millionen
von Menschen waren monatelang auf der Flucht.
Jetzt herrscht das nackte Elend. 3,2 Millionen Menschen in Kasai haben
nichts zu essen, warnte das UN-Welternährungsprogramm WFP vergangene Woche.
Am Dienstag schlug Unicef Alarm: Über 750.000 Kinder in Kasai seien akut
unterernährt, „mindestens 400.000 Kinder im Alter von unter fünf Jahren in
Kasai leiden an schwerer akuter Unterernährung und könnten 2018 sterben.“
Der Krieg in Kasai ist weitgehend abgeflaut. Aber das Ausmaß der Krise
offenbare sich jetzt erst: Hunderttausende Menschen haben sich monatelang
ohne jede Versorgung in den Wäldern versteckt. Sie kommen jetzt zurück in
die Städte, wo es nichts für sie gibt, oder in ihre Dörfer, wo die Hütten
niedergebrannt sind. Die Rückkehrer sind mittellos, krank und ausgezehrt –
und schwer traumatisiert, weil sie viele Tote haben zurücklassen müssen.
## 4,1 Millionen Binnenvertriebene
Kasai ist kein Einzelfall. Insgesamt zählt Kongo mittlerweile 4,1 Millionen
Binnenvertriebene. Jeden Tag kommen durchschnittlich 6.000 dazu. 20 der 26
Provinzen Kongos gelten als von Gewalt und Vertreibung betroffen.
Hilfswerke befinden sich im Wettlauf gegen die Zeit. Das
UN-Welternährungsprogramm WFP versorgte im September in Kasai 42.000
Menschen, im November 225.000 – aber auch damit bleiben 92 Prozent der
Bedürftigen unversorgt. Weite Gebiete sind für Helfer gar nicht zugänglich.
Die Zahl der Menschen, die im Kongo Nothilfe brauchen, dürfte kommendes
Jahr von 7,7 Millionen auf über 13 Millionen steigen, warnen jetzt
UN-Hilfswerke. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) warnt
vor der größten Notlage weltweit im kommenden Jahr. Schon jetzt verhungern
nach UN-Berechnungen jeden Tag 440 kongolesische Kinder. Das riesige Land,
gesegnet mit fruchtbaren Böden, zählt 1 Prozent der Weltbevölkerung, aber
12 Prozent aller Hungernden der Welt.
Eine Besserung der Ernährungslage in Kasai ist laut UNO vor Juni 2018 nicht
in Sicht. Und mit einer Verbesserung der politischen Situation rechnet
niemand.
12 Dec 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
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Flüchtlinge
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