# taz.de -- Vergewaltigungsurteil im Kongo: Lebenslang für Milizionäre | |
> Erstmals wird in der Demokratischen Republik Kongo ein gewählter | |
> Politiker als Terrormilizchef verurteilt. Seine Kämpfer vergewaltigten | |
> massenhaft. | |
Bild: Das Panzi-Krankenhaus in Bukavu. Dort wurden Batumikes Opfer ermittelt | |
BERLIN taz | Der Kampf gegen Straflosigkeit in der Demokratischen Republik | |
Kongo erscheint oft vergeblich, aber jetzt gibt es eine Erfolgsmeldung | |
ausgerechnet aus dem kriegsgeschüttelten Osten des Landes. Nach einem | |
öffentlichen Prozess mit 17 Verhandlungstagen verurteilte am Mittwoch ein | |
Militärgericht in Kavumu in der Nähe der ostkongolesischen | |
Provinzhauptstadt Bukavu elf Milizionäre wegen Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit zu lebenslanger Haft – und einer der Verurteilten ist ein | |
aktiver Politiker. | |
Konkret ging es um die Vergewaltigung von 46 Minderjährigen im Alter von 18 | |
Monaten aufwärts durch die Miliz „Jeshi na Yesu“ (Armee Jesu), zwischen | |
2013 und 2016. Die Milizionäre, so erfuhr das Gericht, drangen nachts in | |
Kavumu in Häuser ein und betäubten und entführten kleine Mädchen, um sie zu | |
vergewaltigen und aus dem Blut des Jungfernhäutchens Fetische herzustellen. | |
Ursprünglich war von mindestens 129 Opfern die Rede gewesen. | |
Der Nachweis des systematischen Charakters der Taten war nur möglich, weil | |
viele Opfer im Panzi-Krankenhaus von Bukavu landeten, dessen Station zur | |
Behandlung und Begleitung von Opfern sexualisierter Gewalt unter Leitung | |
von Dr. Denis Mukwege weltberühmt geworden ist. Experten aus den USA | |
halfen, die Verbrechen gerichtsfest zu dokumentieren. | |
Verurteilungen wegen Vergewaltigung sind im Kongo häufig, auch gegen | |
Soldaten und Milizionäre. Vollstreckt werden die Urteile allerdings selten. | |
Außergewöhnlich am Kavumu-Prozess ist die Wertung der Taten nicht bloß als | |
Verbrechen Einzelner, sondern als systematischen Akt einer Gruppe. So | |
wurden nicht nur die unmittelbaren Täter verurteilt, sondern auch der Chef | |
der Miliz: Frédéric Batumike. Das ist im Kongo beispiellos. | |
## Privatmiliz für die eigenen Interessen | |
Batumike ist zudem gewählter Abgeordneter im Provinzparlament von Süd-Kivu. | |
Gewählt wurde er im Jahr 2006 für die Konvention Vereinigter Kongolesen | |
(CCU), die Partei von Kongos Regierungssprecher Lambert Mende. Lokalen | |
Menschenrechtsgruppen zufolge gründete er dann eine Privatmiliz, um seine | |
ökonomischen Interessen durchzusetzen – so entriss er 2007 gewaltsam dem in | |
Bukavu ansässigen deutschen Agronomen Walter Müller die Plantagen von | |
Bishibiru in der Nähe von Kavumu. Müller versuchte vergeblich, seine Rechte | |
zu wahren, und wurde am 12. Juli 2012 entführt und ermordet. | |
Müllers Verwaltungschef Evariste Kasali gründete daraufhin eine | |
Menschenrechtsorganisation, die im Februar 2016 in einem Bericht Batumikes | |
Miliz 45 Morde sowie Angriffe auf Militärstellungen und traditionelle | |
Autoritäten vorwarf. Am 17. März 2016 wurde Kasali erschossen. Zu seiner | |
Beerdigung kam die komplette politische und militärische Führung von | |
Süd-Kivu, womit Batumikes Schicksal besiegelt war. Am 21. Juni wurde er | |
zusammen mit 74 Kämpfern verhaftet. | |
Dass es nun ein gemeinsames Interesse von Menschenrechtsgruppen und | |
Machthabern gab, an Batumike ein Exempel zu statuieren, schmälert die | |
Bedeutung dieses Prozesses nicht. Vielmehr wird klar, dass es auch im Kongo | |
möglich ist, Verantwortliche für Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen – | |
wenn der politische Wille vorhanden ist. Finanziert wurde das Verfahren vom | |
Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen im Kongo. | |
14 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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