# taz.de -- Proteste im Kongo: Angst schlägt Unzufriedenheit | |
> Einem Aufruf der Opposition zur Großdemonstration gegen Präsident Kabila | |
> in Kinshasa wurde nicht gefolgt. Die Straße gehörte der Polizei. | |
Bild: Mehr als ein paar vereinzelte Protestversuche gab es nicht: Straße in Ki… | |
Kinshasa taz | Es ist gespenstisch ruhig im sonst so geschäftigen Kinshasa. | |
Wo meist Dauerstau herrscht in der 15 Millionen Einwohner zählenden | |
Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, fahren an diesem Montag | |
morgen nur ganz wenige Autos. Geschäfte, Tankstellen und Supermärkte sind | |
geschlossen, Schaufenster verrammelt. Wer sich zur Arbeit wagt, muss zu Fuß | |
gehen. | |
An den strategischen Hauptverkehrsachsen sind Polizisten aufmarschiert, in | |
Schutzmontur mit Brustpanzern, Schild und Helm. Tränengas- und | |
Wasserwerferfahrzeuge sind schon von Weitem sichtbar. Das Regime von | |
Präsident Joseph Kabila hat seine geballte Maschinerie aufgefahren, um | |
Protestmärsche zur Not auch gewaltsam aufzulösen. | |
Kongos Opposition hatte für Montag 10. April wieder einmal landesweite | |
Proteste angekündigt. In der Hauptstadt sollte ein Marsch vom Viertel | |
Limete, wo die meisten Oppositionsparteien ihre Hauptquartiere haben, durch | |
das Stadtzentrum führen und dann bis zum Präsidentenpalast, also ins Herz | |
der Staatsmacht. | |
Die Polizei hat diese Demonstration kurzfristig verboten, zahlreiche | |
Einheiten aufgefahren. Zum Großaufmarsch kommt es nicht. | |
Auch in anderen Städten sieht es nicht anders aus: In Goma, Bunia, | |
Mbuji-Mayi verstecken sich die Menschen zu Hause. In Bukavu und Lubumbashi | |
löst die Polizei sämtliche Ansammlungen sofort auf, um jeden Protest zu | |
verhindern. Das UN-Menschenrechtsbüro in Kinshasa meldet mehrere dutzend | |
Verhaftungen quer durch das Land, 44 davon in der Hauptstadt. | |
## Beide wichtigen Oppositionsführer außer Landes | |
Der Koalition der Oppositionsparteien, die in sich tief gespalten sind, | |
gelingt es nicht, die Massen zu mobilisieren. Dabei hatte Moise Katumbi, | |
einer der wichtigsten Oppositionsführer, am Sonntag aus dem Exil noch | |
aufgerufen, dem Regime Kabila ein Ende zu setzen: „Kongolesinnen und | |
Kongolesen, unsere Geduld stößt an Grenzen, wehrt euch!“. | |
Doch Felix Tshisekedi, der wichtigste im Kongo befindliche | |
Oppositionsführer, hat, statt den Protestmarsch anzuführen, am Montagmorgen | |
das Land verlassen: zu einem Treffen in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba | |
im Hauptquartier der Afrikanischen Union und dann weiter nach Marrakesch in | |
Marokko, wo er wahrscheinlich Katumbi trifft. Félix Tshisekedi hat im | |
Februar die Führung der wichtigsten Oppositionspartei UDPS (Union für | |
Demokratie und Sozialen Fortschritt) von seinem Vater Etienne Tshisekedi | |
übernommen. Der 84-jährige Urvater der kongolesischen Demokratiebewegung | |
war Anfang Februar in Belgien gestorben. Seitdem ist die UDPS zutiefst | |
gespalten. | |
## Kabila ernennt neuen Premierminister | |
Gründe zum Protest gibt es genug. Das Abkommen zwischen Regierung und | |
Opposition von Silvester 2016, das freie Wahlen bis Ende 2017, einen | |
Verbleib von Präsident Kabila im Amt bis dahin und eine Übergangsregierung | |
unter Oppositionsführung vorsah, wird bis heute nicht umgesetzt. | |
Am Freitag ernannte Kabila zwar endlich einen Premierminister: Bruno | |
Tshibala. Der Exgeneralsekretär der UDPS hat sich aber jüngst mit seiner | |
Partei überworfen, die Opposition erkennt ihn also nicht an und wirft | |
Kabila einen Bruch der Vereinbarungen vor. Eine Lösung ist nicht in Sicht. | |
Der Kongo steckt in einer gewaltigen Krise, nicht nur politisch, sondern | |
auch wirtschaftlich: In den vergangenen Tagen sind die Wechselkurse enorm | |
eingebrochen. Die Inflation ist deutlich spürbar, was die Unzufriedenheit | |
weiter anheizt. | |
11 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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