Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Freispruch in Den Haag: Jean-Pierre Bemba wirbelt Kongo auf
> Zehn Jahre saß der Ex-Warlord beim Internationalen Strafgerichtshof in
> Haft. Kehrt er jetzt nach seinem Freispruch in die Heimat zurück?
Bild: Jean-Pierre Bemba im Wahlkampf gegen Kabila 2006: Kommt bald die Neuaufla…
Berlin taz | Seine Anhänger in der Demokratischen Republik Kongo sehen in
ihm bereits den zukünftigen Präsidenten. Bis Freitag, 16 Uhr war
Jean-Pierre Bemba, ehemaliger Warlord aus dem Kongo, noch ein durch den
Internationalen Strafgerichtshof verurteilter schwerer Kriegsverbrecher
Aber dann sprach ihn eine Berufungskammer in allen Punkten frei.
Jetzt kann sich Bemba darauf vorbereiten, vielleicht schon am Dienstag,
wenn die entsprechende Anhörung stattgefunden hat, seine Zelle als freier
Mann zu verlassen. Zu klären ist, ob ein weiteres Jahr hinter Gitter, zu
dem er in einem zweiten Verfahren in Den Haag wegen Zeugenbeeinflussung
verurteilt worden ist, absitzen muss. Denn er hat ja schon zehn Jahre Haft
hinter sich.
„Mit Gott werden wir siegen“, lautete Bembas Wahlparole, als er 2006 bei
den ersten freien Wahlen des Kongo gegen Präsident Joseph Kabila in die
Stichwahl zog, die er mit achtbaren 42 Prozent verlor. Jean-Pierre Bemba,
Sohn des einst reichsten Unternehmers des Landes, Bemba Saolona, der 1997
ins Exil ging, als Kongos Mobutu-Regime von Kabilas Rebellen gestürzt
wurde, hatte damals als 44-Jähriger schon eine schillernde Karriere hinter
sich.
Als die neue Kabila-Regierung es sich 1998 mit ihren Nachbarn verscherzte
und die Nachbarländer neue Rebellenarmeen aufstellten, um Kabila zu
stürzen, war Bemba die ideale Figur, um unter den Fittichen
kriegsgestählter Generäle Ugandas den Mobutu-treuen Nordteil des Landes zu
erobern und mit seinem „Mouvement de Libération du Congo“ (MLC) eine
Gegenregierung aufzubauen.
Der reichste aller kongolesischen Rebellenchefs wickelte seine Geschäfte
über Uganda ab sowie die Zentralafrikanische Republik, und als dort
Präsident Ange-Felix Patassé 2002 mit einer Meuterei konfrontiert war,
schickte Bemba ihm dankbar Soldaten zu Hilfe. Die Plünderungen und
Vergewaltigungen der MLC-Truppe in Bangui brachten Bemba schließlich vor
Gericht.
Dabei schien diese kriegerische Episode in Bembas Leben bereits
abgeschlossen zu sein, als er überraschend am 24. Mai 2008 in Belgien
aufgrund eines geheimen Haftbefehls aus Den Haag festgenommen wurde. Bemba
war 2003 Vizepräsident des Kongo geworden und bei den Wahlen 2006
wichtigster Oppositionskandidat. Eloquent und volksnah, war er das
populistische Gegenstück zu dem verschlossenen Kabila. Aber zum Sieg
reichte es nicht – zu lebendig war die Erinnerung an MLC-Verbrechen in
vielen einstigen Kriegsgebieten.
Dennoch wurde die MLC danach die offizielle parlamentarische Opposition.
Bemba selbst musste allerdings 2007 außer Landes fliehen. Seine Festnahme
2008 wurde weithin als Geschenk Europas an Kabila kritisiert. Sein Prozess
ab 2010 war der bis dahin komplexeste des Strafgerichtshofs und endete 2016
mit dessen bisher höchstem Schuldspruch: 18 Jahre Haft.
Nun ist Bemba offiziell unschuldig – und seine Anhänger sind wütend wegen
zehn gestohlener Jahre. Und zugleich bereiten sie sich vor. Am Freitagabend
bereits feierten Studenten in Kinshasa, wo Bemba 2006 besonders beliebt
war. Seine Rückkehr dorthin könnte ein Volksaufstand werden, so man ihn
einreisen lässt.
Und dann? Zufällig tagt am Dienstag Kongos Wahlkommission mit den
politischen Parteien, um die Kandidatenaufstellung für die für Dezember
geplanten Wahlen zu besprechen.
Ein freier Bemba würde alle Kalküle durcheinanderwirbeln. Und das
Parteimaskottchen der MLC schien noch nie so passend wie jetzt: die Ameise
– fleißig und beharrlich.
11 Jun 2018
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Internationaler Strafgerichtshof
Jean-Pierre Bemba
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Joseph Kabila
Lesestück Meinung und Analyse
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Jean-Pierre Bemba
Kongo
Afrika
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schuldspruch in Den Haag: „Terminator“ wird verurteilt
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag spricht den ehemaligen
Rebellenführer Ntaganda schuldig. Der Tutsi-Warlord stellte sich 2013.
Kommentar Wahlkampfauftakt im Kongo: Ein Staat der Willkür
Im Kongo gibt es jetzt mehrere Präsidentschaftskandidaten. Der Amtsinhaber
will seinen Griff auf das Land jedoch nicht lockern.
Debatte Internationale Organisationen: Gegen nationalistische Utopien
Organisationen wie der Internationale Strafgerichtshof mögen kritikwürdig
und reformbedürftig sein. Aber wir brauchen sie. Eine Verteidigung.
Kongolese noch nicht frei: An Bemba scheiden sich die Geister
Der internationale Strafgerichtshof hat die Entscheidung über die
endgültige bedingungslose Freilassung von Jean-Pierre Bemba vertagt.
Kongos Ex-Vizepräsidenten Bemba: Kriegsverbrecherurteil aufgehoben
Das Weltstrafgericht schlägt das Kriegsverbrecherurteil gegen Kongos
Ex-Vizepräsidenten Bemba nieder. Aber frei kommt er noch nicht.
Kongos Ex-Vizepräsident vor Gericht: Schlecht geschmiert
Jean-Pierre Bemba und sein Verteidigerteam kauften Zeugen und regten sie zu
Lügen an. Der Internationale Strafgerichtshof befand sie für schuldig.
Urteil gegen Kriegsverbrecher Bemba: „Effektive Autorität und Kontrolle“
Der Internationale Strafgerichtshof sieht den Kongolesen verantwortlich für
Morde und Vergewaltigungen, die seine Soldaten in Zentralafrika begingen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.