# taz.de -- Hausbesetzungen in Berlin: Rot-Rot-Grün ist bereit zum Dialog | |
> Die Koalition will Besetzungen mit Augenmaß begegnen und bald vielleicht | |
> sogar tolerieren. Vorbild ist Zürich. Spekulativer Leerstand soll | |
> bekämpft werden. | |
Bild: Auslöser der aktuellen Debatte: Hausbesetzung am 20. Mai in der Reichenb… | |
BERLIN taz | Rot-Rot-Grün hat sich am Dienstag darauf verständigt, gegen | |
spekulativen Leerstand von Wohnungen und Häusern vorzugehen. Die | |
Wohnungsaufsicht der Bezirke soll Eigentümer, die ihre Immobilien | |
absichtlich leerstehen lassen, ausfindig machen; das Amt soll bei Bedarf | |
zusätzliches Personal erhalten. Darauf einigten sich Vertreter von SPD, | |
Linkspartei und Grünen bei einem gut einstündigen Koalitionsausschuss, der | |
nach Angaben mehrerer Teilnehmer in entspannter und sachlicher Atmosphäre | |
verlief. | |
Vorangegangen war in den vergangenen Wochen eine teils hitzige Debatte, | |
ausgelöst durch mehrere [1][Hausbesetzungen an Pfingsten]. Unter anderem | |
wurde ein Gebäude einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft besetzt und | |
wenig später in deren Auftrag von der Polizei wieder geräumt. Grüne und | |
Linke hatten die Ziele der HausbesetzerInnen unterstützt; der Regierende | |
Bürgermeister Michael Müller (SPD) warf ihnen deswegen die Beschäftigung | |
mit „Mickymaus-Themen“ vor. Die SPD war es auch, die das Koalitionstreffen | |
am Dienstag beantragt hatte. | |
Dort herrschte indes weitgehend Konsens, zumindest bei den Zielen. „Es gibt | |
spekulativen Leerstand in Berlin, dagegen werden wir vorgehen“, sagte die | |
grüne Fraktionschefin Antje Kapek nach der Sitzung der taz. Grundlage dafür | |
kann das so genannte Zweckentfremdungsverbotsgesetz sein, mit dem unter | |
anderem die Zahl der Ferienwohnungen drastisch reduziert werden soll. Die | |
Koalition will zudem prüfen, ob weitere gesetzliche Regelungen nötig sind. | |
Auch beim Umgang mit Hausbesetzungen deutet sich nach dem Treffen ein | |
veränderter Umgang ab. Zwar wird betont, dass die so genannte Berliner | |
Linie weiterhin gelte. Danach sollen besetzte Häuser spätestens nach 24 | |
Stunden wieder geräumt werden. Allerdings will die Koalition verhindern, | |
das Problem auf dem Rücken der Polizei auszutragen. Man werde die Berliner | |
Linie deswegen „mit Augenmaß“ anwenden, betonten Teilnehmer. | |
Vor allem aber sollen die Erfahrungen anderer Städte im Umgang mit | |
HausbesetzerInnen von den Fachpolitikern der Fraktionen ausgewertet werden. | |
Explizit genannt wird dabei Zürich: Dort darf nur geräumt werden, wenn es | |
einen gültigen Strafantrag gibt und die Immobilie schnell abgerissen oder | |
aber unverzüglich als Wohnraum genutzt wird. | |
Laut Katrin Schmidberger, der Wohnungsmarktexpertin der Grünenfraktion, | |
gibt es in Berlin etwa 50 bis 60 Häuser, die teils seit Jahre leerstehen | |
und verfallen. Die Eigentümer seien bekannt, aber: „Hier kommt die Politik | |
nicht weiter, auch Geldstrafen machen den Eigentümern nichts aus“, so die | |
grüne Politikerin. Helfen könnte ein Treuhändermodell, bei dem die | |
Eigentümer zwar nicht mehr über die Immobilien verfügen können, aber | |
Mieteinnahmen erhalten. | |
Schmidberger lobte die Ergebnisse des Koalitionsausschusses: „Wir sind da | |
einen echten Schritt weiter gekommen.“ Den Umgang von Zürich mit | |
Hausbesetzungen nannte sie ein Erfolgsmodell. | |
5 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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