# taz.de -- Berliner Wochenkommentar I: Druck von links auf Linke | |
> Stadtpolitische Gruppen haben den Senat mit den Hausbesetzungen in | |
> Bewegung gebracht. Sie könnten die Politik weiter vor sich hertreiben. | |
Bild: Besetzung mit Folgen: Am Pfingstsonntag räumte die Polizei die Bornsdorf… | |
Die um ihr Ansehen in der außerparlamentarischen Linken stets bemühten wie | |
besorgten Politiker der Linkspartei haben vor und auch seit Eintritt in die | |
Landesregierung wiederholt betont: Sie wünschen sich weiter Druck aus den | |
sozialen Bewegungen. Das klingt ehrenwert bürgernah. Dennoch wird man | |
annehmen dürfen, dass Lederer, Lompscher und Co nicht ganz unglücklich | |
darüber waren, bislang noch nicht allzu viel Gegenwind aus dieser Richtung | |
bekommen zu haben. | |
Mit der Hausbesetzungsaktion vom Pfingstsonntag hat sich das schlagartig | |
geändert. Der erzeugte Druck wirkte auch in dieser Woche weiter nach. Die | |
polizeiliche Räumung des Hauses in Neukölln wurde von Seiten der Bewegung | |
vor allem der Linkspartei vorgehalten. Während sich | |
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher eher bedeckt gehalten hat, sind | |
viele andere in der Partei seitdem ganz eifrig dabei, die Scherben | |
aufzuräumen. Einstimmig verurteilte der Landesvorstand die Räumung und | |
forderte das Ende der „Berliner Linie“. Statt innerhalb von 24 Stunden zu | |
räumen, solle verhandelt werden, schrieb die Parteivorsitzende Katina | |
Schubert diese Woche in einem Zeitungsbeitrag. Die Besetzer bräuchten | |
Straffreiheit und „politische Unterstützung“. | |
Fachpolitiker gruben aus, dass die „Berliner Linie“ bei ihrer Einführung | |
1981 auch bedeutete, bereits besetzte Häuser zu legalisieren, | |
Schatten-Staatssekretär Andrej Holm brachte als Gegenmodell Leitlinien aus | |
Zürich ins Gespräch. Dort darf nur geräumt werden, wenn vom Eigentümer eine | |
baldige Nutzung des Leerstands nachgewiesen werden kann beziehungsweise | |
eine Baubewilligung vorliegt. Am Dienstag einigte sich der | |
Koalitionsausschuss: Diese Erfahrungen sollen nun in Berlin ausgewertet | |
werden. Dass auch die SPD sich diesem Vorgehen nicht versperrt, hat | |
womöglich damit zu tun, dass laut einer Umfrage die Mehrheit der Berliner | |
Besetzungen ganz okay findet. | |
Einig wurde man sich in der Runde zudem darin, stärker gegen Leerstand | |
vorzugehen. Eigentümer sollen ausfindig gemacht werden, die Bezirke können | |
dafür zusätzliches Personal erhalten. Den Bewegungslinken ist es damit | |
gelungen, die Politik erfolgreich vor sich herzutreiben. Wenn sie daraus | |
lernen, dass Druck auf die Linkspartei zu tatsächlicher Änderung der | |
Senatspolitik führen kann, könnte der Wind von links bald schärfer wehen. | |
9 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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