# taz.de -- Räumung beim 2. Versuch: „Eindeutig rechtswidrig“ | |
> Eine Lichtenberger Familie wird ohne vorherige Ankündigung geräumt. Das | |
> sei unzulässig, sagen Experten. | |
Bild: Plakat auf einer Demo gegen Zwangsräumungen in Berlin | |
Am 22. Mai konnten solidarische NachbarInnen die Zwangsräumung einer | |
Familie in der Kernhofer Straße 11 in Lichtenberg noch verhindern. Knapp 60 | |
Menschen hatten sich vor dem Eingang postiert, sodass der | |
Gerichtsvollzieher gar nicht erst aus dem Auto ausstieg. | |
Ein Gespräch mit den UnterstützerInnen gab es nicht. Stattdessen kam am 28. | |
Mai der Gerichtsvollzieher erneut, gemeinsam mit 20 PolizistInnen und | |
MitarbeiterInnen der Angela Herden Hausverwaltung. Sie gaben der Familie 15 | |
Minuten Zeit, ihre Sachen zu packen und die Wohnung zu verlassen. Dann | |
wurde das Schloss ausgetauscht. In der Eile konnte die vierköpfige Familie | |
nur wenige Sachen mitnehmen. Selbst die Schulsachen der Söhne der Familie | |
blieben in der Wohnung. | |
Die Räumung war eindeutig rechtswidrig, erklärt David Schuster vom Bündnis | |
„Zwangsräumung verhindern“ gegenüber der taz. Es hatte letzte Woche mit z… | |
Protest aufgerufen. Schuster verweist auf die Geschäftsanweisung für | |
Gerichtsvollzieher (GVGA), laut der diese verpflichtet sind, eine | |
Zwangsräumung 3 Wochen vorher anzukündigen. Dies gibt den Betroffenen Zeit, | |
mit den EigentümerInnen in Kontakt zu treten und eine Räumung vielleicht | |
doch noch zu verhindern oder sich darauf vorzubereiten. | |
## Kein Termin angekündigt | |
Schon beim ersten Räumungsversuch letzte Woche hatte der Gerichtsvollzieher | |
die Frist nicht eingehalten. Die Wohnungshilfe Lichtenberg hatte die | |
betroffene Familie fünf Tage vor der Räumung in einem Schreiben informiert. | |
Dass nun kein Termin angekündigt wurde, ist auch für Rechtsanwalt Hannes | |
Poggemann, der auf Mietrecht spezialisiert ist, eindeutig rechtswidrig. | |
„Die 3-Wochen-Frist ist für GerichtsvollzieherInnen verbindlich“, | |
bestätigte Poggemann gegenüber der taz. Auch mögliche Proteste, die die | |
Räumung verhindern sollen, können nicht als Begründung dafür herangezogen | |
werden, dass die Räumung nicht fristgemäß angekündigt wurde, betont der | |
Jurist. Die geräumte Familie habe jetzt die Möglichkeit, sich per Gericht | |
wieder in die Wohnung einzuklagen, und könnte bis Ende Juli dort wohnen, so | |
Poggemann. | |
Die NachbarInnen würden das begrüßen. Sie unterstützen die Familie, die | |
seit 2001 dort wohnt. Aus Krankheitsgründen wurden Termine im Jobcenter | |
versäumt, die zu den Mietschulden führten, die der Grund der Räumung waren. | |
30 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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