# taz.de -- 70 Jahre Israel: Der Sehnsuchtsstaat | |
> Heute vor siebzig Jahren rief Ben-Gurion den Staat Israel aus. Das Land | |
> ist eine Erfolgsstory – vor allem wegen seiner Einwanderer. Fünf | |
> Geschichten. | |
Bild: Militärflugshow zum Jahrestag in Tel Aviv. Der Geburtstag wurde in Israe… | |
JERUSALEM taz | Celina Shatil war 19 Jahre alt, als sie im November 1944 | |
auf dem Landweg via Syrien und Libanon Palästina erreichte. Ihren Eltern, | |
die mit ihrem Bruder in Auschwitz umgebracht wurden, hatte sie bei der | |
Trennung versprechen müssen, dass sie am Technion in Haifa Chemie studieren | |
würde. Heute lebt sie im Zentrum Tel Avivs und ist 92 Jahre alt. „Schreiben | |
Sie, dass ich im September 93 werde“, drängt sie, stolz, noch so fit zu | |
sein. | |
Sie erinnert sich an jedes Detail ihrer Flucht aus Krakau, wo sie bis zum | |
Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gelebt hat. An die Menschenschlepper und | |
Gefangenschaften, an die Gestapo, die sie über Tage folterte, „sie haben | |
uns aufgehängt und mit Wasser übergossen“, an Budapest und die Angst vor | |
Adolf Eichmann, an die Slowakei, die Läuse und den Hunger, und an | |
freundliche Menschen, die ihr geholfen haben. Fast ein Jahr dauerte die | |
Odyssee, von der niemand etwas hören wollte, als die junge Frau nach | |
Palästina kam. „Die ist verrückt“, habe ihre Tante gesagt, als sie „die | |
schrecklichen Geschichten“ hörte, die ihre Nichte erzählte. „Wir haben al… | |
so gelitten, aber es wollte uns keiner glauben, das war schrecklich.“ | |
Als Israel [1][1948 gegründet] wurde zählte der junge Staat 600.000 | |
Einwohner. In den folgenden 70 Jahren sind über drei Millionen Menschen | |
eingewandert. „Kommt nach Israel“, rief Regierungschef Benjamin Netanjahu | |
den Juden in Frankreich nach [2][dem Anschlag auf Charlie Hebdo] zu. | |
Hunderte Millionen Euro fließen jährlich in die Kasse der Jewish Agency, | |
die die Aufgabe hat, Juden nach Israel zu bringen. Doch so sehr man auf die | |
„Olim chadaschim“, auf die Immigranten, angewiesen ist, so schwer tun sich | |
die, die schon da sind, oft mit der Begrüßung der Neuen. | |
Jede Gruppe hat Enttäuschungen erlebt, beklagt Diskriminierungen, und | |
diskriminiert dabei oft die, die später kommen. Mit Theodor Herzl, dem | |
Visionär des Judenstaates, und den Zionisten aus Europa und Osteuropa, die | |
anfangs die größte Gruppe derer ausmachten, die nach Palästina zogen, war | |
der junge Staat stark aschkenasisch geprägt, von den Juden aus christlichen | |
Ländern. Auch wenn es den Glaubensbrüdern in muslimischen Ländern nicht | |
immer gut erging, so blieben sie doch vom Holocaust verschont. Israel war | |
ein aschkenasisches Projekt. | |
## Netanjahus Wähler sind überwiegend Misrachim | |
Anfangs nähte Celina Shatil Kleider, später konnte sie sich als Putzhilfe | |
und am Telefon eines Taxiunternehmens einen kargen Lebensunterhalt | |
verdienen, bis sie tatsächlich einen Studienplatz für Chemie bekam. | |
Nostalgisch erinnert sie sich an das damalige Haifa, als die Koexistenz von | |
Juden und Arabern noch funktionierte, bis der Unabhängigkeitskrieg der | |
Idylle ein Ende machte. Shatil, die knapp ein Jahr zuvor geheiratet hatte, | |
wurde eingezogen, genauso wie ihr Mann. „Es war Pessach, als die Nachricht | |
von seinem Tod kam“, sagt sie und kämpft mit den Tränen. Er hatte sich auf | |
eine Handgranate geworfen, um seine Kameraden zu schützen. „Wenn ich mir | |
ansehe, was aus diesem Staat [3][geworden ist], frage ich mich, wofür er | |
und so viele andere sterben mussten.“ | |
Celina Shatil gehört zu einer Gruppe von Holocaustüberlebenden, die in | |
einem offenen Brief an Regierungschef Benjamin Netanjahu [4][Asyl für | |
afrikanische Flüchtlinge] forderten. „Unser Land ist verloren“, schimpft | |
sie auf die Besatzung und auf Netanjahu, den „viele für einen König halten | |
und sicher wieder wählen werden“. | |
Netanjahus Wähler gehören bis heute mehrheitlich zu den Misrachim, | |
Israelis, deren Familien einst aus muslimischen Ländern nach Israel kamen. | |
Drei Jahrzehnte brauchten die Einwanderer aus Nordafrika, aus dem Jemen, | |
Irak, Iran und Syrien, um sich Gehör zu verschaffen. Bis 1977 blieb Israel | |
fest in der Hand der aschkenasischen Arbeitspartei, bis sich die | |
Bevölkerungsmehrheiten so weit verschoben, dass zum ersten Mal der | |
konservative Likud eine Wahl für sich entschied. Menachem Begin, damals | |
Chef des Likud, war zwar selbst kein Misrachi, sondern stammte aus Polen, | |
aber er wusste die unterdrückte Wählerschaft einzubinden, sprach von | |
„meinen Brüdern“ und brachte damit sogar hartnäckige Sozialdemokraten daz… | |
für ihn zu stimmen. Jossef Oknin, der 1937 in Fez im französisch besetzten | |
Marokko zur Welt kam, war einer davon. | |
Der kleine Jossef konnte es gar nicht abwarten, wegzukommen aus Fez, weg | |
von den Eltern, die beide schneiderten und die zehn Kinder mit wenig Geld | |
und vielen Ohrfeigen großzogen. Er wollte nach Israel. „Ich war elf, als | |
ich versuchte abzuhauen und allein nach Israel zu gehen, aber sie haben | |
mich am Hafen geschnappt“, sagt der hochgewachsene Mann mit grauen wirren | |
Locken und lacht. Jossef Oknin sitzt in der Küche seines Einfamilienhauses | |
in Gealia, einer Landwirtschaftskooperative in der Nähe von Aschdod, und | |
streut Zucker über eine Schüssel voller Erdbeeren. Mellah, so hieß das | |
damalige Judenviertel, das im 14. Jahrhundert entstand und zur Heimat für | |
die aus Spanien vertriebenen Juden wurde. „Wenn du Jude warst, musstest du | |
dich verstecken.“ | |
## Hut und Frömmigkeit auf dem Weg nach Israel verloren | |
Sicher sei es nur im Mellah gewesen. Mehr als einmal habe er sich mit | |
muslimischen Jungs geprügelt, wenn er das Viertel verließ. Aber er fühlte | |
sich dort so eingesperrt, dass er das Risiko einer Schlägerei immer wieder | |
einging. „Die Juden trugen damals alle einen Hut“, erinnert er sich noch. | |
„Wir waren fromm. Ich betete jeden Tag dafür, dass mein Vater mehr Geld | |
verdient.“ | |
Als er 14 war, holte die Jewish Agency den jungen Jossef Oknin zusammen mit | |
einer Gruppe von Gleichaltrigen raus aus Marokko. Seine Eltern sollten | |
später nachkommen. Irgendwo auf dem Weg nach Israel sei sein Hut verlorenen | |
gegangen und damit seine Frömmigkeit. Oknin gehörte zur Arbeiterjugend. Er | |
war glücklich. Vormittags lernten die Jugendlichen in einem | |
landwirtschaftlichen Internat, und nachmittags arbeiteten sie auf dem Feld. | |
„Wir waren alle im gleichen Alter, Jungen und Mädchen“, er kneift ein Auge | |
zusammen und schickt einen verstohlenen Blick zu seiner Frau Vivien, die | |
etwas später aus Algerien nach Israel kam, und mit der er heute vier | |
Töchter hat. „Oft tanzten wir zusammen und sangen.“ | |
Die Eltern kamen nach, als Jossef Oknin schon Soldat war. „Als Schneider | |
fanden sie hier keine Arbeit mehr.“ Der Sohn unterstützte das Ehepaar, so | |
gut er konnte. Oknin ist stolz. „Israel ist ein Lebenswerk, an dem wir alle | |
mitgewirkt haben“, sagt er. Früher habe er sich die Zeit vertrieben, indem | |
er an der Landstraße saß und die Autos zählte. Alle paar Minuten sei mal | |
ein Fahrzeug vorbeigekommen, die meisten gehörten zum Militär. „Heute ist | |
alles so voll. Das ist eine große Genugtuung. Wir haben etwas erreicht“, | |
sagt er und betont den Beitrag der Juden aus Nordafrika. „Von Metulla bis | |
Naharia, von Wadi Ara bis Meggido – das sind alles Ortschaften, die von | |
Juden aus Marokko aufgebaut wurden.“ | |
Mit Nonchalance streitet er ab, je benachteiligt gewesen zu sein. „Es sind | |
aus Nordafrika Leute gekommen, die weder lesen noch schreiben konnten. Aus | |
Rumänien kamen Ärzte und Ingenieure, da ist doch klar, dass die die | |
besseren Jobs kriegen.“ Wenn es jemals eine Diskriminierung gab, „dann | |
liegt das lange hinter uns“. | |
## Misrachim sind bis heute stigmatisiert | |
Oknins jüngste Tochter Hadas sieht das anders. „Man sieht mir nicht an, | |
dass meine Eltern aus Nordafrika kommen“, sagt die Mittdreißigerin, | |
„deshalb reden die Leute in meiner Gegenwart ganz offen schlecht über die | |
Marokkaner.“ Bis heute seien die Misrachim mit einem Stigma behaftet, sie | |
seien grobschlächtig und aggressiv. Sie selbst ertappe sich dabei, ihre | |
Herkunft zu verbergen. | |
Die Immigranten aus muslimischen Ländern sind in die Peripherie geschickt | |
worden, während sich die Aschkenasen in den Städten niederließen, wo es | |
bessere Schulen, bessere Ausbildungsplätze und Arbeitsmöglichkeiten gibt. | |
Aschkenasische städtische Angestellte verdienen beispielsweise im | |
Durchschnitt sehr viel mehr als Misrachim in den gleichen Jobs. Einer | |
Studie des Adva-Instituts zufolge, das Daten über Gleichberechtigung und | |
soziale Gerechtigkeit sammelt, wird es weitere 100 Jahre dauern, bis die | |
Einkommenskluft zwischen Aschkenasen und Misrachim ausgeglichen ist. | |
Hadas Oknin hofft auf die nächste Generation. „Viele meiner Freunde leben | |
heute in gemischten Beziehungen.“ Für die Kinder spiele die Herkunft damit | |
keine Rolle mehr. Für Vivien Oknin, Mutter von Hadas und Ehefrau von Jossi, | |
die 1942 im algerischen Constantine zur Welt kam, war die Ankunft in Israel | |
ein solcher Schock, dass die Familie nach drei Monaten wieder nach Algerien | |
zurückging. „Meine Eltern sollten die Straße fegen, und mich schickten sie | |
zum Pflücken auf die Baumwollfelder.“ Vivien war damals 16 Jahre alt und | |
stand kurz vor dem Abitur. „In Israel sollte ich nicht mehr zur Schule | |
gehen, das war ein Schlag“, sagt die zierliche Frau über die | |
unterschiedliche Behandlung von Aschkenasen und Misrachim durch den Staat. | |
In Algerien gehörten Viviens Eltern zum gehobenen Mittelstand. Der Vater | |
arbeitete in einer Druckerei, die Mutter war Chefsekretärin. | |
„In meiner Kindheit hatte ich so viel von Israel gehört und davon geträumt, | |
eines Tages herzukommen. Du denkst, dort ist alles toll.“ Die Familie war | |
traditionell religiös, hielt sich an die Gesetze eines koscheren Lebens und | |
fastete am Jom Kippur. „Wir waren Zionisten.“ Wieder zurück in Constantine | |
machte Vivien Abitur und jobbte anschließend in einem medizinischen Labor. | |
Ein paar Jahre später unternahm sie einen zweiten Anlauf und reiste diesmal | |
mit einer Gruppe junger algerischer Juden nach Israel. Mit etwas Glück | |
bekam sie Arbeit an einem Forschungsinstitut in der Negev-Wüste. „Ich | |
kannte mich mit der technischen Ausstattung aus. In Algerien arbeiteten wir | |
mit denselben Geräten.“ | |
Trotzdem habe es Jahre gedauert, bevor sie fest angestellt wurde. Besonders | |
verletzend empfindet sie Leute, die es eigentlich gut meinen. „Sie sagen: | |
,Was denn, du bist aus Algerien? So siehst du gar nicht aus.'“ Sie | |
schimpft: „Müssen Juden aus Algerien Hörner haben? Ich bin nun einmal | |
hellhäutig.“ Heute mache ihr das nichts mehr aus. „Ich mach den Vorhang zu, | |
dann tut es nicht mehr weh.“ Vivien Oknin ist stolz auf Israel. „Ich glaube | |
nicht, dass es einen anderen Staat auf der Welt gibt, der sich so rasch | |
entwickelt hat.“ Israel sei beispielhaft für „ein Volk, das zusammenwächst | |
und etwas aufbaut, ein demokratisches Land“. | |
Die mit Abstand größte Immigrantengruppe kam Anfang der 90er Jahre. Die | |
„Alijah“, die Einwanderung aus den früheren Sowjetstaaten, brachte rund | |
eine Million Menschen nach Israel. Die russisch sprechenden Israelis haben | |
eigene Tageszeitungen, Fernsehsender und eine politische Partei: Die Israel | |
Beitenu unter Verteidigungsminister Avigdor Lieberman. Pavel Polev, geboren | |
1976 im russischen Tscheljabinsk, Ural, kandidiert für die Israel Beitenu | |
für das Amt des Bürgermeisters in Ariel, einer Siedlerstadt im | |
Westjordanland. Ariel Scharon, der Anfang der 90er Jahre Bauminister war, | |
nutzte die Einwanderer aus der Sowjetunion zur Besiedlung der besetzten | |
Palästinensergebiete. | |
„Ein Vorzeigemodell für den Zionismus bin ich nicht“, sagt Polev. „Als i… | |
mit 15 herkam, wusste ich noch nicht einmal, wo Israel überhaupt liegt.“ | |
Die Scheidung seiner Eltern fiel zusammen mit dem Fall des Eisernen | |
Vorhangs. Ohne die familiären Probleme „wären wir vermutlich heute noch in | |
Russland“. Erst in der Armee habe er angefangen zu verstehen, „was das | |
bedeutet: der Staat Israel“. Zum ersten Mal fühlte sich der junge Rekrut | |
der Luftwaffe anerkannt, er hatte Freunde, bekam Anerkennung. „Auf einmal | |
bist du Teil der Sicherheit des Staates“, sagt Polev. | |
## „Du musst nicht fromm leben, um Jude zu sein“ | |
Der athletische Familienvater, der in seiner Jugend zum nationalen | |
russischen Eiskunstlaufteam gehörte, hat es geschafft. Sein Unternehmen | |
läuft. Er handelt mit Klimaanlagen und legt selbst mit Hand an beim Einbau. | |
„Der Staat hat mir Möglichkeiten gegeben, und ich habe sie wahrgenommen und | |
immer hart gearbeitet.“ Die Kombination zwischen Israel und der | |
Immigrantenwelle aus den früheren Sowjetstaaten habe gut funktioniert. Die | |
neuen Bürger kamen mit Bildung und Kultur, hervorragenden Sportlern und | |
Musikern. „Hier gab es früher keine Kultur“, sagt Polev. Inzwischen gibt es | |
sogar in Ariel ein Kulturzentrum, und „es kommen nicht nur russisch | |
sprechende Zuschauer“. | |
40 Prozent in Ariel sind Einwanderer aus den früheren Sowjetstaaten. Polev | |
sagt, dass ihm das bei seiner Kandidatur auf den Bürgermeisterposten zugute | |
kommen wird. Überhaupt hatte es viele Vorteile, in einer großen Gruppe nach | |
Israel gekommen zu sein. „Der Staat musste sich auf uns einstellen“, | |
außerdem sorgten die Immigranten schnell für eigene Interessenvertretungen. | |
Vorurteile vor allem gegen die russischen Frauen, oder die Attitüde, die | |
Immigranten aus dem zusammengebrochenen Sowjetreich seien keine Juden, | |
lässt Polev abprallen. „Es gibt einen Unterschied zwischen fromm und | |
jüdisch. Du musst nicht fromm leben, um Jude zu sein. Was ihn indes | |
verletzt, ist, „wenn mir jemand vorwirft, in den besetzten Gebieten zu | |
leben“. Seine Partei Israel Beitenu suche konstruktiv nach Lösungen für | |
zwei Staaten, bei dem weite Teile der von arabischen Israelis bewohnten | |
Gebiete an das zukünftige Palästina gehen würden im Tausch für | |
palästinensisches Land, auf dem jüdische Siedlungsblöcke liegen, darunter | |
auch Ariel. „Es hat keinen Sinn, wenn wir uns permanent gegenseitig die | |
Schuld zuschreiben.“ | |
## Schwarz, jüdisch, verwirrend | |
Von allen Immigrantengruppen, die seit der Staatsgründung kamen, hatten die | |
Äthiopier in Israel den schwersten Start. Beamte der Jewish Agency klebten | |
den afrikanischen Juden Nummern auf die Stirn, als sie ins Flugzeug | |
stiegen, um sie bei der Ankunft leichter sortieren zu können. Während der | |
Kampf von Aschkenasen und Misrachim wiederkehrenden Thema der öffentlichen | |
Debatte ist, geht nach Meinung von Efrat Yerday, die 1981 in Aschdod als | |
Tochter äthiopischer Einwanderer zur Welt kam, Israels Umgang mit den Juden | |
aus Äthiopien unter. | |
Schwarz und jüdisch zu sein, findet Yerday „unglaublich verwirrend“. | |
Rassismus, der auf die Hautfarbe eines Menschen zielt, frage nicht danach, | |
ob jemand Staatsbürger sei, Muslim oder Jude. Wenn also „Israel instinktiv | |
gegen Schwarze agiert, gibt es keinen Grund, warum der Staat nicht auch | |
gegen mich ist“. Grundproblem für den Rassismus in Israel, der sich auf | |
diese Art auch gegen Staatsbürger und Juden richtet, sei das „religiöse | |
jüdische Establishment“, das nach Meinung der jungen Wissenschaftlerin | |
„nicht in der Lage war, die Vorstellung von schwarzen Juden zu verdauen“. | |
Yerdays Vater musste drei Jahre um die Staatsbürgerschaft kämpfen, nachdem | |
er ohne jede Hilfe der Jewish Agency auf dem Seeweg nach Israel kam. Die | |
zornige Tochter hat sich den Umgang Israels mit den äthiopischen Juden zum | |
Thema gemacht, als sie an der Ben-Gurion-Universität politische | |
Wissenschaften studierte. Wie an vielen anderen Orten in der Welt, hatten | |
die Europäer zur Zeit der Staatsgründung die „Oberhand, und in der zweiten | |
und dritten Generation ist das noch immer so“. Israel sei von einer | |
„relativ kleinen Gruppe osteuropäischer Immigranten“ gegründet worden, die | |
zu einer Zeit kamen, als Antisemitismus und Kolonialismus in Europa noch | |
durchaus salonfähig waren. Der „neue Israeli“ sei komplett nach dem | |
osteuropäischen Bild erschaffen worden, schreibt sie. Während die | |
Aschkenasen in den Städten im Landeszentrum unterkamen, wurden die, „die | |
zuletzt kamen“, die Juden aus Nordafrika, aus dem Nahen Osten und dem | |
Jemen, in die Peripherie geschickt. | |
Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit gründete sie unter dem Titel | |
„Äthiopolitik“ eine Studiengruppe für junge Israelis mit äthiopischen | |
Wurzeln, eine Art Selbsthilfegruppe für schwarze Akademiker in einer weißen | |
Gesellschaft. Inzwischen promoviert Yerday an der Universität Tel Aviv zum | |
Thema. Die Vorstellung, dass sich der innerjüdische Konflikt mit der Zeit | |
auflösen wird, hält sie für blauäugig, auch wenn es verstärkt zu Mischehen | |
zwischen hellhäutigen und dunkelhäutigen Israelis kommt. Außerdem | |
identifizierten sich die Kinder dieser Ehepartner in der Regel als | |
Aschkenasen, meint sie. Dadurch werde das Problem nicht gelöst, sondern nur | |
vertuscht. „Ich möchte nicht, dass meine Kinder ihre Herkunft verstecken | |
müssen. Warum sollten sie das?“ | |
14 May 2018 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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