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# taz.de -- Diskriminierte äthiopische Juden: Proteste nach Polizeigewalt
> In Israel kommt es nach der Tötung eines Juden mit äthiopischen Wurzeln
> zu Demonstrationen. Einwanderer aus Äthiopien leiden schon lange.
Bild: Demonstranten in Tel Aviv
Nach dem Tod eines 18-jährigen Israelis äthiopischer Herkunft haben
gewalttätige Proteste im ganzen Land Dutzende Verletzte gefordert. „Wir
sind alle Salomon Teka“, riefen Demonstranten, die an der Stadteinfahrt von
Tel Aviv am Dienstagabend den Verkehr lahmlegten, ohne dass die Polizei
eingriff. Landesweit protestierten jüdische Äthiopier gegen Rassismus und
Polizeigewalt, blockierten Straßen und zündeten Autoreifen an. Zigtausende
Autofahrer steckten über Stunden fest. Die Demonstranten griffen zum Teil
auch Zivilisten an, die versuchten, mit ihren PKW die Sperren zu umfahren.
Mehrere Autos gingen in Flammen auf. Nach Angaben des Rettungsdienstes und
der Polizei wurden mindestens 147 Menschen verletzt, darunter 111
Polizisten. 136 Demonstranten wurden laut Polizei festgenommen.
Salomon Teka war am Sonntag von einem Polizisten in Zivilkleidung
erschossen worden, der später angab, er habe einen Streit zwischen jungen
Männern schlichten wollen. Diese hätten ihn angegriffen. Aus Angst habe er
seine Waffe gezogen und den 18-Jährigen tödlich verletzt. Die Polizei
untersucht den Vorfall.
Staatspräsident Reuven Rivlin solidarisierte sich mit der Familie des Toten
und rief dazu auf, die Gewalt zu beenden. Jetzt gelte es, „innezuhalten und
gemeinsam darüber nachzudenken, wie es von hier aus weitergeht“, um eine
weitere Tragödie zu verhindern.
Der Tod Tekas, der vor sechs Jahren nach Israel kam, reißt bei Israelis
äthiopischer Herkunft [1][alte Wunden] auf. Erst Anfang des Jahres war ein
24-Jähriger von Sicherheitskräften erschossen worden, weil er Passanten mit
einem Messer bedroht hatte. Nach Aussagen seiner Eltern litt er aufgrund
eines Traumas aus seiner Armeezeit an Depressionen. Die Polizei sei
wiederholt über den Zustand des Mannes informiert worden und habe ihn
schließlich „vorsätzlich und kaltblütig ermordet, weil er Äthiopier war�…
vermutet die Familie.
## Keine gleichen Bürger unter Gleichen
Viele Israelis äthiopischer Herkunft fühlen sich diskriminiert, unter
anderem weil der Staat den Nachzug von Familienangehörigen verzögert. Die
Integration der rund 150.000 äthiopischstämmigen Neubürger gestaltet sich
mühsamer als die der über eine Million russischen Immigranten, die
zeitgleich nach Israel kamen. Die Äthiopier mussten jahrelang in
Auffanglagern ausharren, während für die russischen und ukrainischen Juden
rasch Wohnraum vor allem in den Siedlungen im Westjordanland geschaffen
wurde. In den neunziger Jahren wurde bekannt, dass die Hilfsorganisation
Roter Davidstern über Jahre hinweg die Blutspenden von Äthiopiern ungeprüft
entsorgt hatte – aus Angst, sie seien mit HIV infiziert.
Wie alle Staatsbürger müssen auch Israelis äthiopischer Herkunft ihren
Pflichten nachkommen und in der Armee dienen. Umso schlimmer empfinden
viele das harte Vorgehen der Polizei gegen äthiopische Juden und den als zu
lax empfundenen Umgang der Justiz mit den Ordnungshütern. Nur rund 1.000
Euro Kaution musste der Polizist, der Teka erschoss, hinterlegen, um auf
freien Fuß zu kommen.
„Es liegt noch Arbeit vor uns“, räumte Regierungschef Benjamin Netanjahu
ein und sprach der Familie Tekas sein Mitgefühl aus. Trotzdem sei “Israel
eine Nation von Recht und Ordnung“, die nicht toleriere, dass Demonstranten
Straßen blockieren.
3 Jul 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-zu-Protesten-in-Israel/!5009707
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Israel
Äthiopien
Diaspora
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Diskriminierung
Schwerpunkt Rassismus
Israel
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Jerusalem
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