# taz.de -- Linkspartei-Thesen gegen offene Grenzen: „Kein Recht auf Arbeitsm… | |
> Vertreter der Linkspartei sprechen sich gegen offene Grenzen, aber für | |
> Kontingentflüchtlinge aus. Das Papier soll Streit in der Partei | |
> entschärfen. | |
Bild: Ein Teil der Linken will stärker unterscheiden zwischen Schutzbedürftig… | |
In der internen Debatte um Flucht und Migration in der Linkspartei haben | |
sich mehrere prominente Vertreter mit einem [1][„Thesenpapier zu einer | |
human und sozial regulierenden linken Einwanderungspolitik“] zu Wort | |
gemeldet. Es ist vielleicht das bisher detailreichste Papier, das eine | |
Brücke zwischen den bisherigen Polarisierungen in der Partei zwischen der | |
Parteispitze um Katja Kipping, die für offene Grenzen, und Fraktionschefin | |
Sahra Wagenknecht, die für eine eher restriktive Einwanderungspolitik | |
eintritt, schlagen könnte. Zu den Unterzeichnern gehören die | |
Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi, Jutta Krellmann, Michael Leutert und | |
Sabine Zimmermann sowie das Bundesvorstandsmitglied Ralf Krämer. | |
Von offenen Grenzen distanzieren sich die Unterzeichner ausdrücklich. So | |
heißt es: „Grenzkontrollverfahren sind nicht per se gewaltsam oder | |
menschenfeindlich.“ Ohne Grenzmanagement stünden die Staaten „hilflos | |
gegenüber der international organisierten Kriminalität und dem Terrorismus“ | |
da. | |
Die Autoren plädieren dafür, Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik | |
auseinanderzuhalten. „Unbegrenzte Schutzgewährung für Not ist etwas anderes | |
als eine unbegrenzte Einwanderung, die auch all diejenigen einschließen | |
würde, die lediglich ein höheres Einkommen erzielen oder einen besseren | |
Lebensstandard genießen wollen.“ Bei Letzterem hätten „die Aufnahmeländer | |
ein Recht zur Regulierung der Migration“. Schließlich sei auch in der | |
UN-Menschenrechtscharta kein universales Einwanderungsrecht verankert. „Ein | |
Recht auf globale Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit gibt es de facto | |
nicht und wird es in absehbarer Zeit nicht geben.“ | |
Das Leitbild der offenen Grenzen sei „eine Zukunftsvision“: „Gegenwärtig | |
sind die Bedingungen dafür nicht gegeben. Wir brauchen realistische | |
Zwischen- und Übergangslösungen, die uns diesem Ziel näherbringen.“ Diese | |
müssten „den abhängig Beschäftigten und dem weniger privilegierten Teil der | |
Gesellschaft vermittelbar sein“. | |
## „Privilegierung kleiner mobiler Minderheiten“ | |
Bemerkenswert ist insbesondere der sechste Punkt des Papiers, der mit | |
„Linke Politik und internationale Solidarität“ überschrieben ist. Während | |
die linke Debatte in Deutschland darum kreist, ob alle einreisen dürfen, | |
die wollen, verweisen die Autoren auf die lateinamerikanische Linke, die | |
das Recht diskutiere, nicht auswandern zu müssen. „Mit den gleichen | |
finanziellen Aufwendungen kann in den Herkunftsländern oftmals ein | |
Vielfaches dessen für die Verbesserung der Lebenssituation erreicht werden, | |
was man hierzulande damit bewirken würde“, schreiben sie. | |
„Unregulierte Arbeitsmigration bietet keine Lösungsperspektive für das | |
Elend der Welt, sondern läuft faktisch auf die Privilegierung kleiner | |
mobiler Minderheiten hinaus.“ Arbeitsmigration müsse reguliert werden. Die | |
Autoren erwähnen hier etwa Vorschläge wie Sonderabkommen mit Staaten | |
außerhalb der EU zur Einreise von Geringqualifizierten, aber auch eine | |
Negativliste für Berufe mit einem Überangebot an Arbeitskräften, sodass in | |
diesen Fällen keine Einreise gewährt würde. „Migrationsprozesse sollen die | |
größtmöglichen positiven und geringsten negativen Effekte für alle | |
Beteiligten haben, das Wohl der Menschen in den Herkunftsstaaten, den | |
Zielstaaten und der MigrantInnen ersichtlich befördern und nicht | |
unterminieren.“ | |
In der Flüchtlingsfrage plädieren die Autoren „für eine Politik, die allen | |
hilft“. Dazu gehöre auch, den Ländern außerhalb der EU, die Flüchtlinge | |
aufnehmen, umfassend zu helfen – und zwar sowohl mit Geld als auch mit der | |
„kontingentierten Aufnahme von Flüchtlingen“ aus diesen Staaten. | |
Einige innerparteilich umstrittene Fragen werden in dem Papier umgangen, | |
etwa, in welchen Fällen Migranten abgeschoben werden dürfen. Das Papier | |
soll der innerparteilichen Debatte dienen. Auf dem Leipziger Parteitag der | |
Linken im Juni steht im Leitantrag des Parteivorstandes aber erst einmal | |
wieder die Forderung nach „Offenen Grenzen“ zur Abstimmung. | |
26 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.fabio-de-masi.de/de/article/1923.thesenpapier-linke-einwanderun… | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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