# taz.de -- Kommentar Abschiebung in Ellwangen: Sehr schlechtes Sicherheitskonz… | |
> Wenn Flüchtlinge aus Angst vor Abschiebungen Gewalt anwenden, sind | |
> „Ankerzentren“ nicht die humanere Lösung, sondern das größere Problem. | |
Bild: Ellwangen, 3. Mai 2018 | |
Nichts sei schlimmer als ein „fußballspielender, ministrierender | |
Senegalese“, hatte der damalige CSU-Generalsekretär und heutige | |
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer 2016 gesagt. Denn: „Den kriegen wir | |
nie wieder los.“ Etwas Ähnliches sagt der neue Bundesinnenminister Horst | |
Seehofer am Donnerstag in Berlin: „Eins der größten Probleme bei der | |
Rückführung ist, wenn jemand hier Wurzeln geschlagen hat.“ Genau deswegen | |
seien die geplanten sogenannten Ankerzentren, in denen Flüchtlinge | |
möglichst von der Ankunft bis zur Abschiebung durchgehend kaserniert werden | |
sollen, die humanere, ja sogar die christlichere Lösung. | |
Es ist davon auszugehen, dass die Flüchtlinge, die sich [1][am Montag | |
gewaltsam gegen eine Abschiebung] aus der Landeserstaufnahmeeinrichtung im | |
baden-württembergischen Ellwangen gewehrt haben, bislang wenig Gelegenheit | |
zum Fußballspielen hatten. Gegen ihre Abschiebung wehren sie sich offenbar | |
trotzdem. | |
Das mag ein Hinweis darauf sein, was die Vorstellung, etwa in den Togo | |
zurückzumüssen, in Menschen auslöst. Für gerechtfertigt mag man es dennoch | |
nicht halten, wenn Menschen sich gewaltsam gegen eine Abschiebung wehren – | |
auch wenn unklar ist, in welchem Maß das in Ellwangen überhaupt der Fall | |
war. Klar ist: Wenn Verzweiflung in Gewalt umschlägt, ist das aus | |
Sicherheits-Perspektive ein Problem. Und in großen Sammelunterkünften | |
passiert das besonders häufig. | |
Das weiß auch Horst Seehofer. Sein Rezept dagegen: Die Bundespolizei soll | |
in den neuen Ankerzentren für Sicherheit sorgen. Scharfen Gegenwind gab es | |
dazu zuletzt, nein, nicht vom Flüchtlingsrat, sondern [2][von der | |
Gewerkschaft der Polizei], die sich in einer Resolution dagegen | |
ausgesprochen hat, zur „Lagerpolizei“ zu werden. | |
Wenn die Forderung nach offenen Grenzen und einer ganz anderen | |
Flüchtlingspolitik als naiv gilt, dann kann man ganz nüchtern fragen, was | |
das größere Sicherheitsproblem für Deutschland ist: wenn die örtliche | |
Kirchengemeinde erfolgreich dafür gekämpft hat, dass der Neuzugang im | |
Fußballverein nicht abgeschoben wird? Oder wenn Flüchtlinge in Deutschland | |
zu Tausenden in Lagern zusammengepfercht werden, mit einer Versorgung am | |
absoluten Existenzminimum, ohne irgendeine Möglichkeit zur sinnvollen | |
Beschäftigung? Und jedes Mal, wenn es Probleme gibt, soll dann die Polizei | |
anrücken und einen Einsatz wie in Ellwangen veranstalten, bei dem die | |
Bewohner vor Panik aus den Fenster springen? | |
Das klingt nicht nur wie das Gegenteil von „human und christlich“. Das | |
klingt auch, ganz einfach, nach einem sehr, sehr schlechten | |
Sicherheitskonzept. | |
3 May 2018 | |
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## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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