# taz.de -- Habeck und Klever über Europa: „Links ist immer besser“ | |
> Gehört Grünlinks die Zukunft? Lässt sich die Gesellschaft wirklich | |
> verändern? Darüber reden die grünen Parteichefs der Niederlande und | |
> Deutschlands. | |
Bild: Frische Grüne Denker | |
taz am wochenende: Herr Klaver, Herr Habeck: Wer von Ihnen beiden wird denn | |
nun der nächste Trudeau? | |
Jesse Klaver: Keiner von beiden. Oder ist dein zweiter Name Justin, Robert? | |
Robert Habeck: Der ist Christoph. | |
Klaver: Also: Er wird der nächste Robert, ich werde der nächste Jesse. | |
Sie, Herr Klaver, haben angekündigt, nach der nächsten Wahl ins Türmchen | |
von Den Haag zu ziehen. Da liegt das Büro des Ministerpräsidenten, also | |
wollen Sie den Trudeau-Job. In der Realität spricht dafür aber sehr wenig. | |
Klaver: Wenn niemand sagt, dass eine Idee Unsinn ist, dann ist es auch | |
keine gute Idee. Dann verändert man den Status quo nicht. Ich will aber den | |
Status quo in den Niederlanden verändern, und ich glaube daran, dass die | |
Grünen bei diesem Wandel eine große Rolle spielen müssen. | |
Die Strategie ist offensichtlich, die Leute dazu zu bringen, sich größere | |
Veränderungen vorstellen zu können. Aber vielleicht denken die Leute auch | |
einfach, Sie seien übergeschnappt? | |
Klaver: Es ist mir ziemlich egal, was Leute denken. | |
Für einen Politiker ist das eine harte Aussage. | |
Klaver: Mag sein, aber ich sage, dass wir neue Politik brauchen, und | |
Politiker haben sich zu lange zu sehr gefragt, was Leute denken, wenn sie | |
dies oder das sagen. Ich bin Jesse, und das, was ich sage, ist das, woran | |
ich glaube. So sollte Politik des 21. Jahrhunderts sein, dass man den | |
Leuten seine Ziele und Ambitionen offenlegt. | |
Diese Offenheitsstrategie würden Sie oder die deutschen Grünen niemals | |
wagen, Herr Habeck. Oder? | |
Habeck: Ich finde es spannend, welche Vorstellungskraft es ausgelöst hat, | |
dass Jesse das gesagt hat. Gleichzeitig glaube ich, seit Guido Westerwelles | |
18-Prozent-unter-den-Schuhsohlen-FDP-Wahlkampf ist der Boden hierzulande | |
dafür verbrannt. Wenn es einen Unterschied gibt, den die Grünen zu den | |
taktischen Spielchen anderer machen können, dann ist es der, nicht immer | |
nur über die Grünen zu reden. | |
Das wird hart. | |
Habeck: Wir alle leben in einer Welt, die Politik darauf reduziert, etwas | |
um 0,2 Prozent zu erhöhen oder 4 Milliarden Euro mehr für das und das | |
auszugeben. Und das ist alles irgendwie auch nicht falsch. Aber nichts | |
falsch machen, heißt eben auch nicht, dass man alles richtig macht. Wenn | |
wir es schaffen, das Politische wieder wach zu bekommen, sodass ernsthaft | |
darüber geredet werden kann, was eigentlich Alternativen sind, dann wird es | |
eine Nachfrage nach Politik geben, und dann kommen Wahlsiege von ganz | |
allein. | |
Nach Jahrzehnten der Aufbauarbeit stehen die Grünen in den Niederlanden und | |
in Deutschland bei neun Prozent. Obwohl die Erderhitzung imminent ist und | |
den Volksparteien die Wähler weglaufen und wegsterben. Sie können nicht | |
viel richtig gemacht haben. | |
Klaver: Ich teile das überhaupt nicht. Es geht aufwärts für die grüne | |
Bewegung in ganz Europa. | |
Das haben Sie exklusiv. | |
Klaver: Linke Politik ist in schwerem Wetter, wir haben große Niederlagen | |
der Sozialdemokraten gesehen, zuletzt in Italien, davor in Deutschland und | |
Frankreich. Deshalb denke ich, es gibt die Notwendigkeit einer neuen | |
linken, grünen Bewegung. Wenn Sie sagen, dass wir immer noch erst bei 9 | |
Prozent sind, dann sage ich: Das zeigt, dass wir eine Menge zu gewinnen | |
haben. | |
Das sind schöne Marketingsprüche. | |
Klaver: Nein, nein. Das ist echte Überzeugung. Und genau das ist der große | |
Unterschied. Ich habe zwei kleine Kinder, ich lebe nah an einem Strand, | |
aber ich arbeite ununterbrochen an diesem Projekt. Glauben Sie wirklich, | |
ich würde hier mit Ihnen sitzen, statt mit meinen Kindern am Strand zu | |
spielen, wenn ich nicht an diesen Zukunftsplan glauben würde? Und daran, | |
dass wir das schaffen können. | |
Habeck: Alle starren wie das Kaninchen auf die rechte Schlange, Spahn, | |
Seehofer, die SPD – ich riech Angst drei Meilen gegen den Wind, es ist eine | |
taktische Angst vor dem Verlust von Prozentpunkten. Aus Angststarre mutet | |
die Regierung dem Land aber keine echten Debatten zu. So tut sich für eine | |
andere Politik ein riesiger Raum auf. Es ist unsere Aufgabe, diesen Raum | |
auszumessen, zudem die SPD nicht erst seit Gabriels Spiegel-Essay … | |
… in dem er sozialökologische und emanzipatorische Politik aus dem linken | |
Portfolio herausgenommen hat zugunsten von klassisch definierter sozialer | |
Gerechtigkeit … | |
Habeck: … die Masche reitet, grüne Politik sei das Übel schlechthin, von | |
dem sich die SPD distanzieren müsse: erneuerbare Energien, überhaupt | |
ökologische Themen, Humanität in der Flüchtlingspolitik, demnach alles | |
Firlefanz. Dabei übersieht die SPD, was ansteht: eine Alternative zu Hartz | |
IV, ein neues Kartellrecht für den digitalen Kapitalismus, Schließen der | |
Steuerschlupflöcher, Kohleausstieg, Dieselgate, Nord Stream 2. | |
Grüne mögen keine Heldenpolitiker, schon gar keine männlichen, nur | |
sogenannte Inhalte. Wie haben Sie es geschafft, der grüne Star der | |
Niederlande zu werden, Herr Klaver? | |
Klaver: Es geht nicht um mich, es geht darum, möglichst viele Leute | |
anzusprechen, speziell junge. Warum haben wir die Wahl gewonnen? | |
Gewonnen ist leicht übertrieben … | |
Klaver: Doch, gewonnen. Weil Tausende an Türen geklopft haben. Dong, dong. | |
Es gibt eine Alternative, wir können die Welt ändern, wenn wir das wollen. | |
Nicht ich bin der Held, du kannst der Held sein, das ist die Botschaft. Das | |
verstehe ich unter Heldenpolitik. | |
In einer Late Night Show wurden Sie veralbert, weil Sie obsessiv den | |
Obama-Style imitierten. Was sagen Sie dazu? | |
Klaver: Das war lustig. Ich habe gelacht. | |
Habeck: Es ist schon zu beobachten, dass der Persönlichkeitsfaktor im | |
Politischen zugenommen hat. Ein Grund könnte sein, dass man intuitiv spürt, | |
dass in dieser neuen digitalen Plastikwelt alles manipuliert werden kann. | |
Daraus wächst eine Sehnsucht nach Menschen, die für eine Überzeugung | |
stehen. Aber das ist immer nur die halbe Wahrheit. Politiker sind | |
Projektionsflächen. | |
Persönlichkeitsfaktor statt Parteiprogramm – wie geht eine Programmpartei | |
damit um? | |
Habeck: Ich hätte gern, dass man, statt einen Heroenstatus zu zelebrieren, | |
dem Menschlichen mit all seinen Hoffnungen und Begrenztheiten Raum gibt. | |
Menschen wollen Menschen wählen, nicht algorithmengesteuerte Politik. | |
Ich frage vor dem Hintergrund des neuen grünen Grundsatzprogramms. Für wen | |
ist das denn wirklich relevant, außer für die Grünen selbst? | |
Habeck: Im besten Fall gelingt es, die Debatten hineinzunehmen, die wir | |
alle am Abendbrottisch oder beim Zeitunglesen führen. Und die die Politik | |
im Moment nicht aufnimmt. Wenn Amerika sich aus der Welt verabschiedet, die | |
es zusammen mit Großbritannien aufgebaut hat, was heißt das dann für | |
Freiheit, Wohlstand, Frieden in Europa? Wenn das Grundsatzprogramm hier | |
Antworten findet, durchstoßen wir diese Scheinwelt der Politik, die | |
systemrelevante Fragen nicht mehr zulässt. | |
Sie haben in den Koalitionsverhandlungen zwei gegensätzliche grüne | |
Haltungsmodelle durchexerziert: Die deutschen Grünen wollten sich der | |
Regierungsverantwortung stellen und dafür große Kompromisse machen. Sie, | |
Herr Klaver, haben den Lindner-Ausgang aus den Koalitionsverhandlungen | |
genommen. | |
Klaver: So war das nicht. Wir hätten sehr gern mitregiert. Deshalb haben | |
wir ja 100 Tage verhandelt. Und wir waren absolut bereit zu Kompromissen. | |
In den Niederlanden machen wir Kompromisskoalitionen, seit wir existieren. | |
Aber wir mussten mit drei rechten Parteien verhandeln, die fest | |
zusammenhingen und sagten: Ihr könnt mitmachen, aber mehr nicht. | |
Seit wann ist die linksliberale D66 eine rechte Partei? | |
Klaver: Es geht nicht darum, was man sagt, sondern wie man handelt. Und als | |
ich mit ihnen am Tisch saß, handelten sie wie eine rechte Partei. Wir | |
wollen regieren, aber wir wollen einer rechten Regierung und ihrer rechten | |
Agenda nicht zur Mehrheit verhelfen. | |
Irgendwann müssen Sie Kompromisse mit Andersdenkenden eingehen, wenn Sie | |
sozialökologische Politik voranbringen wollen. | |
Klaver: Das werden wir auch. Wir gewinnen die nächsten Wahlen und haben | |
mehr Einfluss. Dann können wir Kompromisse machen dafür, die Niederlande in | |
die Richtung zu verändern, in die wir wollen. Das ist der Schlüssel zum | |
Erfolg progressiver Politik in einer derzeit noch rechten Politikwelt: Man | |
darf nicht in eine Koalition gehen, die nur den Status quo bewahren will. | |
Habeck: Können wir den Tisch etwas in die Sonne rücken? | |
Weiter nach links rüber? | |
Klaver: Ja, links ist immer besser! | |
Herr Klaver, Sie wollen explizit, wie der Name „GroenLinks“ sagt, eine | |
linke Partei sein. Auch Ihre Co-Vorsitzende Annalena Baerbock und Sie, Herr | |
Habeck, haben neuerdings einiges an Umverteilungsrhetorik herausgestellt, | |
was man von Klavers Wahlkampf und seinem Buch „De mythe van het economisme“ | |
kennt. | |
Habeck: Also, wir haben vor diesem Gespräch zwei Stunden geredet, uns | |
kennengelernt, und das hat sehr gepasst, wie wir auf die Politik schauen. | |
Dein Buch kenne ich nicht, Jesse, sorry. Aber richtig ist, dass Annalena | |
und ich neben der ökologischen Frage immer die des sozialen Zusammenhalts | |
thematisiert haben. Unterhalb der Oberfläche von Politik gibt es das Gefühl | |
von unsichtbarer Unfairness an vielen Stellen. Menschen spüren, dass die | |
Regeln häufig nicht mehr zu den Realitäten passen. Vieles, was von Grünen | |
lange beschlossen ist, artikulieren wir mit schärferem analytischem Bezug | |
auf die Gegenwart: Kindergrundsicherung, Garantierente, Kritik am | |
Hartz-IV-System. | |
Damit haben Grüne noch nie Wähler gewonnen, brummt man in Stuttgart. | |
Habeck: Es geht um das grundsätzliche Prinzip von Fairness. Es ist eine | |
Bewegung hin in diesen leeren Raum links der politischen Mitte. Wir wollen | |
Politik von der Würde und Freiheit des Menschen her denken, nicht von | |
seiner Rolle als Marktteilnehmer. Und das gefällt hoffentlich auch in | |
Stuttgart. | |
Sie sind führende linke Kraft in den Niederlanden, Herr Klaver. Zugleich | |
schwindet die Gesamtpotenz der linken Parteien. Sie sind führende Kraft in | |
einem immer kleineren Lager. | |
Klaver: Die anderen linken Parteien verlieren an Boden, richtig, aber | |
deshalb werde ich mich nicht für den Erfolg der Grünen entschuldigen. Viele | |
sozialdemokratische Wähler der 90er Jahre sind zu den Populisten gegangen, | |
weil sie das Gefühl hatten, dass linke Parteien für sie nicht mehr | |
funktionierten und alles das Gleiche sei. Ob du von einer Katze oder von | |
einem Hund gebissen wirst, es tut beides weh. Was wir zeigen wollen: dass | |
wir einen Unterschied machen. Unser Plan reicht weit über die nächste Wahl | |
hinaus. Und er zielt darauf ab, die von den Linken zu den Populisten | |
gewechselten Wähler zu uns zu holen. | |
Ambitioniert. | |
Klaver: In der Tat. Aber das ist der Plan. | |
Habeck: Das ist mir ein zu statisches Bild, dass es zwei Teile der | |
Gesellschaft gibt, links und rechts, und dann brauchst du 52 Prozent und | |
die anderen 48, und die Frage ist jeweils nur, wer zieht die 10 Prozent hin | |
oder her. So ist es nicht mehr. Richtig ist, in den letzten zwei Jahren hat | |
die Angst vor Rechtspopulismus die Politik nach rechts verschoben. Ich | |
kenne CSU-Chef Horst Seehofer auch anders. Ich habe ihn auch schon anders | |
sprechen hören als jetzt als Innenminister. Und das nervt mich so: dass er | |
nicht aus dem Kern seiner politischen Überzeugung heraus agiert, sondern | |
nur aus der Taktik, der AfD das Wasser abzugraben. | |
Was setzen Sie dagegen? | |
Habeck: Politik ist Dynamik. Wenn es gelingt, das Momentum zu erlangen, ist | |
viel zu gewinnen. In dem Sinne ist Winfried Kretschmann der zeitgemäßeste | |
Politiker. | |
Inwiefern? | |
Habeck: Weil er eine Ernsthaftigkeit hat, die dieses Schielen nach Umfragen | |
hinter sich lässt. | |
Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg nimmt das Gefühl des Verlusts | |
von Heimat politisch ernst, manche Grüne sehen das ganz anders. Sie, Herr | |
Klaver, haben im Niederländischen den Begriff gar nicht? | |
Habeck: Sagt dir das deutsche Wort „Heimat“ etwas? | |
Klaver: Ja, ja, ihr habt ja jetzt sogar ein Ministerium dafür. Glückwunsch! | |
Habeck: Danke, danke. Wir haben da eine Debatte bei den Grünen. Für mich | |
bedeutet „Heimat“ nicht Blasmusik und blaue Augen, sondern beschreibt den | |
Raum, den wir mit unserem Leben füllen wollen. Das kann man dann auch links | |
verstehen. | |
Klaver: Ich habe ein zweites Buch geschrieben, über Empathie, in dem ich | |
ausführe, dass wir als niederländische Gesellschaft neben dem, worauf wir | |
überhaupt nicht stolz sein können, eine ganze Menge haben, auf das wir | |
stolz sein können. 1581 hatten wir die erste Unabhängigkeitserklärung. | |
Erasmus und Spinoza waren hier, weil wir schon damals an die | |
Meinungsfreiheit glaubten. | |
Was ist Ihr Punkt? | |
Klaver: Mein Punkt ist, dass auch ein linkes Konzept von Identitätspolitik | |
möglich ist, von der Identität eines Landes und dem, was Heimat bedeutet. | |
Auf der anderen Seite versuchen die Rechten immer über kulturelle Fragen zu | |
sprechen, Flüchtlinge, Islam, Heimat, um nicht über die sozialen Fragen | |
reden zu müssen. Es geht darum, die Rechten dazu zu bringen, darüber zu | |
sprechen. Wenn ihre Wähler wissen, was die für sozialökonomische Politik | |
wollen, dann werden sie wegrennen. | |
Sie sind ein „Das schaffen wir“-Mann, Herr Klaver. Ihr Slogan war „Het kan | |
wel“. | |
Klaver: Het kan wel – es ist möglich. Das bezieht sich darauf, dass alle | |
rechten und klassischen Politiker sagen: Das geht nicht, das ist nicht | |
möglich. Aber das ist kein Slogan. Unser Slogan war: Es ist Zeit für den | |
Wandel. | |
Also doch Obama? | |
Klaver: Damit haben Sie es offenbar. | |
Was europäische Politik angeht, gibt es einen „Yes wecan“-Politiker, das | |
ist der französische Präsident Emmanuel Macron. Sind Sie ein „Ja zu | |
Europa“-Mann oder ein „Ja, aber“-Mann? | |
Habeck: Ich bin ein Yes-Mann. Erst mal muss man Ja zu Europa sagen. Wenn | |
man dann die Kraft des Ja hat, kann man Europa und das eigene Land | |
entwickeln. Nein zu sagen ist die schlechtere Alternative, weil alle großen | |
Herausforderungen, von Klimafragen bis Steuerfragen, sich nicht mehr im | |
nationalen Rahmen lösen lassen. Das heißt: Wie immer die Antwort sein mag, | |
die man im „Aber“ geben kann, der Rahmen muss ein europäischer sein. Unser | |
Horizont muss europäisch sein. Da muss die Leidenschaft hingehen. Unser | |
Patriotismus muss größer sein als Deutschland. | |
Klaver: Ich bin ein wahrer Europäer. | |
Aber? | |
Klaver: Europa funktioniert nicht für alle, und das müssen wir ändern. Aber | |
immer mit der Grundprämisse, dass wie eine stärkere Union brauchen. | |
Die Europawahl 2019 ist die zentrale Wahl der nächsten zwei Jahre. Macron | |
wird versuchen, mit einer eigenen En-Marche-Fraktion das EU-Parlament zu | |
verändern. Unterstützen Sie ihn dabei? | |
Habeck: Im Wahlkampf wird natürlich jede Partei für sich kämpfen, aber | |
danach muss es möglich sein, dass die verschiedenen progressiven Parteien | |
zusammenarbeiten, um eine vernünftige EU-Kommission zusammenzustellen. Wir | |
wollen keine Volksbewegung, aber Solidarität der Progressiven und | |
Proeuropäer. Der Begriff des Bündnisses, den wir Grünen bei uns ja im Namen | |
haben, passt da besser. | |
Sie werden keine Macronisten? | |
Habeck: Nein, aber Macron kann gern grüner werden. Das proeuropäische | |
Denken und das utopische Moment machen uns zu Alliierten. | |
Klaver: Das ist die Brücke zu Macron. Er will Facebook und Google stellen, | |
er will eine gemeinsame Körperschaftsteuer. Seine Pläne könnten etwas | |
ökologischer sein, aber es scheint, dass er auf ein Europa der Menschen | |
hinauswill und es nicht als Marktprojekt sieht. Wenn das stimmt, wäre das | |
inspirierend. Ich sehe die Grünen in der Rolle des Zwischenhändlers. Sie | |
sind diejenigen, die zwischen allen proeuropäischen Kräften vermitteln, von | |
Macron bis Syriza, die im Moment noch bei den Europäischen Linken von | |
Mélenchon sind. | |
Also bei den linksnationalen EU-Skeptikern … | |
Klaver: Wir wissen noch nicht, wie wir das zusammenbringen, aber wir | |
wissen, dass wir größer werden müssen und nicht fraktioniert sein dürfen. | |
Habeck: Wir müssen uns klarmachen, worum es geht. Wir müssen damit rechnen, | |
dass es einen starken rechten Block geben wird. Einen antieuropäischen, | |
nationalistischen, manchmal rassistischen Block. Und wahrscheinlich | |
geschwächte Konservative. | |
Und womöglich zertrümmerte Sozialdemokraten. | |
Habeck: Das ist der Punkt. Das tut mir leid für die SPD, aber im Augenblick | |
bringt sie die Kraft nicht auf, strukturierende Kraft im progressiven Lager | |
zu sein. Und das ist die Rolle, die wir anstreben. | |
Klaver: Großartig. Ich kenne Robert erst zwei Stunden, aber ich möchte ihn | |
küssen. | |
1 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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