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# taz.de -- Die Linke in Europa: Viel heiße Luft
> Bei ihrem Kongress in Bilbao mahnen Parteien und Gruppen konkrete
> Zukunftsprojekte an. Deren Inhalte bleiben jedoch unklar.
Bild: Boykottierte das Treffen in Bibao: der französische Linke Jean-Luc Melen…
Bilbao taz | Sechs Monate vor der Europawahl sucht die europäische Linke
nach neuen, zündenden Konzepten. Der Kampf gegen rechts allein reiche
nicht, hieß es bei einem Kongress linker, alternativer und grüner Parteien
und Gruppen aus Deutschland, Frankreich und anderen EU-Ländern in Bilbao
(Spanien). Die Linke müsse sich mehr um Ökologie und Flüchtlinge kümmern
und die Reihen schließen.
„Wir müssen aus unserer Isolation herauskommen und geschlossener und
entschiedener auftreten“, sagte Gabi Zimmer, die die linke GUE/NGL-Fraktion
im Brüsseler Europaparlament leitet. „Wir haben zu viele Parteien und zu
viele Chefs, aber zu wenig neue Ideen“, klagte Benoît Hamon, der 2017 noch
Kandidat der Sozialistischen Partei Frankreichs für die
Präsidentschaftswahl war und mittlerweile seine eigene Bewegung
„Génerations“ anführt.
Selbstkritisch zeigte sich auch Gregor Gysi, der seit Ende 2016 die
Europäische Linke (EL) leitet. Die Linke könne sich kein Gehör verschaffen,
weil sie zerstritten sei, sagte er der taz. Dies gelte nicht nur für
Deutschland, wo Sahra Wagenknecht mit ihrer „Aufstehen“-Bewegung eigene
Wege geht. Auch der französische Linken-Führer Jean-Luc Mélenchon mit
seiner Bewegung La France insoumise (die bei „Aufstehen“ Pate stand) sorgt
für Streit.
Im Sommer hatte Mélenchon den Auszug aus der EL verkündet. Man könne nicht
mit Parteien zusammenarbeiten, die den Austeritätskurs der EU unterstützen,
erklärte er. Gemeint war vor allem die griechische Syriza. Aber es war auch
ein Affront gegen die deutsche Linke, die weiter mit Syriza kooperiert.
Dieser Bruch war auch in Bilbao spürbar. Mélenchon boykottierte das
links-alternative Treffen und antwortete nicht einmal auf die Einladung.
## Neue Bündnisse
Dennoch versuchten Gysi und Zimmer neuen Optimismus zu verbreiten.
Mélenchon könne seine Haltung vor der Europawahl noch einmal überdenken,
hieß es. Außerdem hätten auch Sozialdemokraten und Grüne erkannt, dass sie
sich um neue Bündnisse bemühen müssten. Im Europaparlament gibt es bereits
einen „Progressive Caucus“, in dem Abgeordnete aller drei Parteien
mitarbeiten.
Mit Blick auf die Europawahl sprechen Sozialdemokraten und Grüne in Brüssel
zudem von einer möglichen „progressiven Mehrheit“, die auch die Linke
einschließen könnte. Mit einem solchen lockeren Bündnis ließe sich, so die
Hoffnung, der Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei,
Manfred Weber (EVP), unter Druck setzen. Wegen seiner Nähe zum ungarischen
Regierungschef Viktor Orbán ist Weber umstritten, für manche sogar
unwählbar.
In Bilbao wurden aber noch keine neuen Wahlbündnisse oder Koalitionen
geschmiedet. In der nordspanischen Hauptstadt des Baskenlands ging es mehr
um „Soul-Searching“. „Wir dürfen nicht nur auf Argumente setzen, sondern
müssen die Menschen auch mit Emotionen ansprechen“, sagte eine Aktivistin.
Es reiche nicht aus, gegen die EU oder gegen die Nationalisten zu sein,
sagte ein anderer Redner. Die Linke brauche wieder konkrete
Zukunftsprojekte.
In der Abschluss-Erklärung von Bilbao ist davon aber wenig zu sehen.
„Europa ist in Alarmstimmung“, heißt es dort. Die wachsende Ungleichheit,
die Klimakatastrophe und die Aufrüstung gefährdeten die Zukunft. Zudem sei
die Rechte auf dem Vormarsch. Linke Parteien und Bewegungen müssten mit
„konvergierenden Aktionen“ dagegenhalten, heißt es weiter. Doch wie das
praktisch aussehen soll, blieb beim zweiten „Europäischen Forum“ offen.
11 Nov 2018
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Europäische Linke
Gregor Gysi
Jean-Luc Mélenchon
Europawahl
Populismus
Die Linke
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Lesestück Interview
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