# taz.de -- Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs: Kundin muss „Kunde“ ble… | |
> Das BGH weist eine Klage auf sprachliche Gleichstellung in Bankformularen | |
> ab. In männlichen Bezeichnungen seien Frauen mitgemeint, heißt es. | |
Bild: Klägerin Marlies Krämer mit ihrem Anwalt Wendt Nassall | |
KARLSRUHE taz | Frauen haben keinen Anspruch, auf Bankformularen als | |
„Einzahlerin“ und als „Kontoinhaberin“ angesprochen zu werden. Das | |
entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil. | |
[1][Geklagt hatte die 80-jährige Feministin Marlies Krämer]. Sie hatte sich | |
geärgert, dass in den Formularen ihrer Bank, der Sparkasse Saarbrücken, | |
stets männliche Formulierungen benutzt wurden, also zum Beispiel | |
„Einzahler“ und „Kontoinhaber“. Darin sah Krämer eine Geringschätzung… | |
Frauen und klagte durch die Instanzen, jedoch ohne Erfolg. | |
Auch der BGH konnte keine Verletzung des Allgemeinen | |
Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erkennen. Das AGG verbietet zwar die | |
Benachteiligung von Frauen (und anderen Gruppen) im Geschäftsleben. Ob eine | |
Benachteiligung vorliegt, bestimme sich aber nach der „objektiven Sicht | |
eines verständigen Dritten“, so der Vorsitzende Richter Gregor Galke, und | |
nicht nach dem subjekiven Empfinden der betroffenen Kundin. Soweit es um | |
Sprache gehe, sei der „allgemeine Sprachgebrauch“ der Maßstab. | |
Es entspreche aber dem allgemeinen Sprachgebrauch, so Galke, dass in | |
männlichen Bezeichnungen Frauen mitgemeint sind. Der Begriff „Bankkunde“ | |
erfasse also auch Bankkundinnen. Durch dieses „generische Maskulinum“ | |
würden Personen „deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist“, nicht | |
benachteiligt, so der BGH. Das generische Maskulinum sei vielmehr | |
geschlechtsblind. | |
Auch im Gesetz ist vom „Kontoinhaber“ die Rede | |
Galke räumte ein, dass es seit den 1970er-Jahren Kritik am generischen | |
Maskulinum gebe und dass darin teilweise eine Benachteiligung von Frauen im | |
Sprachsystem geseheen werde. Das generische Maskulinum werde heute deshalb | |
nicht mehr so selbstverständlich als verallgemeinernd angesehen wie früher. | |
Letztlich stellte der BGH aber auf die Sprache des Gesetzgebers ab. Dieser | |
verwende das generische Maskulinim immer noch, selbst in neueren Gesetzen. | |
So ist im Bürgerlichen Gesetzbuch nach wie vor von „Kontoinhabern“ und | |
„Darlehensnehmern“ die Rede. Von einer Bank könne daher nicht verlangt | |
werden, die sprachliche Gleichstellung der Geschlechter anders zu handhaben | |
als der Gesetzgeber. | |
Auch das Saarländische Landesgleichstellungsgesetz wertete der BGH nicht | |
zugunsten von Marlies Krämer. Zwar werden dort öffentliche Einrichtungen | |
aufgefordert, „geschlechtsneutrale Bezeichnungen“ zu wählen, „hilfsweise | |
die weibliche und die männliche Form“ zu verwenden. Diese Vorschrift richte | |
sich aber nur an Institutionen wie Behörden oder die Sparkasse und gebe | |
deren Kundinnen keinen individuell einklagbaren Anspruch. | |
Der BGH thematisierte sogar, ob die Vorschrift verfassungswidrig sein | |
könnte. Denn sie erfasse nur „weibliche und männliche“ Bezeichnungen und | |
ignoriere das vom Bundesverfassungsgericht jüngst anerkannte intersexuelle | |
dritte Geschlecht. Da die Vorschrift im konkreten Fall ohnehin nicht | |
anwendbar war, ließ der BGH dies aber offen. | |
13 Mar 2018 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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