# taz.de -- Landesantidiskriminierungsgesetz: Diskriminierung ade? | |
> Ein neues Gesetz soll es diskriminierten Personen erleichtern, ihre | |
> Rechte einzufordern. Auch gegen die öffentliche Verwaltung. | |
Bild: Kein Eintritt wegen Herkunft? Dagegen kann bereits geklagt werden. | |
Die rot-rot-grüne Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auf | |
ein Landesantidiskriminierungsgesetz (kurz LADG) verständigt. Das geplante | |
Gesetz soll das bereits auf Bundesebene bestehende Allgemeine | |
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ergänzen und verbessern. | |
Zur Diskussion des neuesten Entwurfs für ein LADG kamen am Montagabend | |
unter anderem Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), Staatssekretärin Margit | |
Gottstein, Verbandsvertreter*Innen und Wissenschaftler*Innen zu einem | |
Fachgespräch im Berliner Abgeordnetenhaus zusammen. | |
Bei der von Bündnis 90/Die Grünen organisierten Veranstaltung bezeichnete | |
Senator Behrendt das Gesetz als eines der „zentralen Vorhaben der | |
Landesregierung“. Es werde „erhebliche Verbesserungen“ bringen. | |
## Staatliche Diskriminierung | |
Ziel dieser Verbesserungen ist der öffentliche Dienst, der vom AGG nicht | |
erfasst wird. Sollte das Gesetz beschlossen werden, wird es in Zukunft | |
möglich sein, gegen eine mögliche Ungleichbehandlung durch eine öffentliche | |
Behörde zu klagen. „Der Staat tritt erstmals nicht nur als Akteur gegen | |
Diskriminierung auf“, so Behrendt, „sondern zeigt auch, dass er selbst | |
potenziell diskriminierend sein kann.“ | |
Vor allem die Berliner Verwaltung solle dabei für | |
Diskriminierungserfahrungen sensibilisiert werden. Nachdrücklich wurde | |
darauf hingewiesen, dass es oberste Priorität sei, Chancengleichheit | |
herzustellen und durchzusetzen. Gleichzeitig wurden Befürchtungen | |
ausgeräumt, dass auch das Neutralitätsgesetz betroffen sei. Dieses bleibe | |
in seiner jetzigen Fassung bestehen. | |
Neuerungen, die das LADG vorsieht, sind unter anderem das Verbot von | |
Diskriminierungen aufgrund chronischer Erkrankungen, der | |
Geschlechtsidentität, dem sozialen Status, dem Familienstand, der Sprache | |
oder der zugeschriebenen Ethnie. Keine Diskriminierung liege vor, wenn | |
Ungleichbehandlung durch Rechtsvorschriften und hinreichend sachliche | |
Gründe belegt werden könne. Außerdem wurde die Verjährungsfrist für | |
Diskriminierungen auf drei Jahre angehoben, das Verbandsklagerecht | |
eingeführt und die Beweisführung erleichtert. | |
## Beweislast bei den Angeklagten | |
Bislang mussten Menschen, wenn sie eine konkrete Diskriminierungserfahrung | |
beanstanden wollten, den Beweis dafür selbst erbringen. Die Neuerung | |
bewirkt nun, dass, sollte die Tatsache einer Diskriminierung glaubhaft | |
dargestellt werden, prinzipiell von einem Verstoß gegen das LADG | |
ausgegangen wird. Dann liegt die Beweislast bei der angeklagten Seite. | |
Dafür gibt es auch von Wissenschaftlerinnen überwiegend Lob. Vor allem das | |
Verbandsklagerecht sei eine gute Maßnahme, die viele bereits seit Langem | |
gefordert hätten, so Eva Andrades, Projektleiterin des | |
Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin. Allerdings wies sie darauf hin, dass | |
die Ausstattung der Verbände unzureichend sei. „Klagen sind schlicht und | |
einfach teuer“, so Andrades. Wenn man das Gesetz wirklich ernst nehme, | |
müsse man die Verbände finanziell unterstützen. | |
Auch kritisierte sie die Tatsache, dass etwa Wohnungsbaugesellschaften | |
unberücksichtigt blieben. Bekommt also jemand aufgrund seiner | |
Geschlechtsidentität oder seines sozialen Status keine Wohnung, kann er | |
oder sie dagegen nicht vorgehen. | |
Das LADG befindet sich momentan in der Abstimmung zwischen den einzelnen | |
Senatsverwaltungen. Über den Sommer wird das Gesetzesvorhaben von den | |
Verbänden bewertet, bis es dann schließlich dem Abgeordnetenhaus vorgelegt | |
wird. | |
29 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Serdar Arslan | |
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