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# taz.de -- Geschlechtergerechte Sprache: Da sitzt er, der Bundeskanzler!
> Gesetze sollen geschlechtergerecht formuliert werden. Aber es gibt
> Ausnahmen. Als beste Lösung wird die geschlechtsneutrale Formulierung
> gesehen.
Bild: Angela Merkel Bundeskanzler seit 2005. Scheiß' auf Gendern
Der Bund will in den Gesetzen die Existenz von Frauen nicht unterschlagen,
tut sich aber schwer mit einer eindeutigen Linie. Denn sprachliche
Gleichbehandlung dürfe „nicht auf Kosten der Verständlichkeit oder der
Klarheit gehen“, so das Justizministerium, welches für die Rechtssprache
zuständig ist.
Am Dienstag hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Frauen nicht
verhindern können, in Bankformularen als „Kunde“ angesprochen zu werden.
Dies sei ein „generisches Maskulinum“, bei dem Frauen mitgemeint sind. Die
Richter verwiesen auf den Gesetzgeber. Auch in Gesetzen werde das
generische Maskulinum verwendet, es heiße etwa „Käufer“ oder „Schuldner…
Von einer Bank könne nicht erwartet werden, dass sie geschlechtergerechter
formuliert.
Nun hat sich der Bund im Gleichstellungsgesetz durchaus selbst in die
Pflicht genommen. Gesetze des Bundes „sollen die Gleichstellung von Frauen
und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen“. Aber das ist nur eine
Soll-Vorschrift. Im Bundesjustizministerium werden alle Gesetzentwürfe der
Bundesregierung vorab geprüft. Um eine einheitliche Linie zu gewährleisten,
hat das Ministerium ein „Handbuch der Rechtsförmlichkeit“ zusammengestellt,
das auch auf sprachliche Gleichbehandlung eingeht.
Dort wird zunächst betont, dass auch das generische Maskulinum Frauen
erfasst. Allerdings könne „die Häufung maskuliner Personenbezeichnungen den
Eindruck erwecken, Frauen würden übersehen oder nur mitgemeint“. Ziel der
sprachlichen Gleichbehandlung in Gesetzen sei es dagegen „Frauen direkt
anzusprechen und als gleichermaßen Betroffene sichtbar zu machen“.
## Beste Lösung: geschlechtsneutral
Dieses Ziel müsse aber immer dann zurückstehen, wenn es nicht nur um Männer
und Frauen, sondern auch um juristische Personen geht, zum Beispiel
Unternehmen. Dann könne auch das klassische „generische Maskulinium“
verwendet werden. Deshalb ist in Gesetzen so oft vom „Mieter“ und
„Darlehensgeber“ die Rede.
Wenn es aber wirklich nur um natürliche Personen gehe, zum Beispiel bei
Soldaten und Soldatinnen, dann solle tatsächlich auf neutrale Sprache
geachtet werden. Als beste Lösung plädiert das Handbuch für die Verwendung
von geschlechtsneutralen Wörtern, zum Beispiel „Vertrauensperson“ statt
„Vertrauensmann“. Auch „kreative Umschreibungen“ werden empfohlen, etwa
„ärztlicher Rat“ statt „Rat eines Arztes“.
Ungern gesehen sind Paarformen wie „Beamtinnen und Beamte“, weil sie
umständlich seien. Nicht erlaubt ist das Binnen-I, wie bei JournalistInnen.
14 Mar 2018
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Gendergerechte Sprache
Geschlechter
Feminismus
Catherine Millet
Lesestück Meinung und Analyse
Rechtschreibung
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
BGH-Urteil
Sparkasse
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