| # taz.de -- Gendergerechte Sprache: Feministin möchte Einzahlerin sein | |
| > Eine Kundin einer Sparkasse im Saarland klagt am Bundesgerichtshof gegen | |
| > Diskriminierung. Sie stört sich an männlichen Formulierungen. | |
| Bild: Marlies Krämer gibt nicht auf: Sie kämpft weiter für die weibliche Anr… | |
| Karlsruhe taz | Müssen Bankformulare geschlechtsneutral formuliert werden? | |
| Mit dieser Frage beschäftigte sich an diesem Dienstag der Bundesgerichtshof | |
| (BGH) in Karlsruhe, das höchste deutsche Zivilgericht. | |
| Ausgelöst hat den Rechtsstreit die inzwischen achtzigjährige Feministin | |
| Marlies Krämer aus Sulzbach im Saarland. Sie ärgerte sich, weil auf den | |
| Formularen und Überweisungsträgern ihrer Sparkasse nur männliche | |
| Formulierungen benutzt wurden. Sie wollte aber nicht als „Einzahler“ und | |
| „Zahlungsempfänger“ angesprochen werden. „Frauen werden totgeschwiegen u… | |
| gering geschätzt“, kritisierte sie. Als die Sparkasse nicht nachgab, klagte | |
| Krämer durch die Instanzen – bislang erfolglos. | |
| Ihr Anwalt Wendt Nassall berief sich vor dem BGH auf das Allgemeine | |
| Gleichbehandlungsgesetz, das bestimmte Diskriminierungen im Geschäfts- und | |
| Arbeitsleben verbietet. Es sei eine unzulässige Benachteiligung wegen des | |
| Geschlechts, wenn Frauen auf Formularen als Männer angesprochen werden. | |
| Wenn es zu kompliziert sei oder zu viel Platz benötige, beide | |
| Formulierungen zu benutzen, könnten ja separate Formulare für Männer und | |
| Frauen gedruckt werden. | |
| Reiner Hall, der Anwalt der Sparkasse, hielt das für unpraktikabel. | |
| „Derzeit halten die Sparkassen 800 Formulare vor. Wenn der Vorschlag der | |
| Klägerin umgesetzt würde, gäbe es bald ein Vielfaches davon“, so Hall. | |
| „Denn wenn mehrere Personen betroffen sind, kann es so viele verschiedene | |
| Konstellationen geben – da müssten Banken neue Räume anmieten, um alle | |
| diese Formulare zu lagern.“ Sein Kontrahent Nassall ließ das nicht gelten: | |
| „Wir leben nicht mehr in den 1960er Jahren, heute gibt es elektronische | |
| Datenverarbeitung. Ein Knopfdruck, und das korrekte Formular wird | |
| ausgedruckt.“ | |
| Sparkassen-Anwalt Hall berief sich auch auf den Gesetzgeber. „Wenn im | |
| Gesetz von ‚Darlehensgeber‘ und ‚Darlehensnehmer‘ die Rede ist, sollten | |
| Banken doch die gleichen Begriffe verwenden dürfen.“ Banken müssten nicht | |
| moderner oder korrekter sein als der Bundestag. | |
| Marlies Krämers Anwalt Nassall billigte dem Gesetzgeber und auch Banken zu, | |
| männliche Formulierungen zu benutzen, um damit Männer und Frauen zu | |
| erfassen. „Aber sobald ein Formular in den Vertrag mit einer Frau | |
| einbezogen wird, geht es nur noch um diese Frau“, so Nasall. Das Urteil | |
| wird in einigen Wochen verkündet. | |
| 20 Feb 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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