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# taz.de -- Zweckentfremdungsverbotsgesetz: Noch Wohnung oder schon Hotel?
> Eine Novelle des Ferienwohnungsgesetzes stößt auf Widerstand. Auch in der
> Fraktion von Bausenatorin Katrin Lompscher.
Bild: Für Gäste vorbereitet: eine Ferienwohnung in Berlin.
Berlin taz | Für Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) ist es
eine höchst unangenehme Situation. Die in ihrer Senatsverwaltung
erarbeitete Novelle des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes, die die
Vermietung von Ferienwohnungen neu regulieren soll, stößt auf erheblichen
Widerstand. Kritik gibt es nicht nur von den Koalitionspartnern Grüne und
SPD, sondern auch aus der eigenen Partei.
Der Gesetzentwurf war vom Senat Mitte Februar beschlossen worden. Am Montag
allerdings sprach sich die Mehrheit der Linksfraktion für Veränderungen in
dem Gesetz ihrer eigenen Senatorin aus. Was sicher scheint: In der
eingebrachten Form wird das Gesetz das Abgeordnetenhaus nicht passieren.
Eigentlich sollte es vergangene Woche Donnerstag in der ersten Lesung
verhandelt werden, kurz davor wurde es jedoch zurückgezogen.
Beratungsbedarf.
Hauptstreitpunkt ist vor allem die Frage, wie einfach es BürgerInnen
gemacht werden soll, die eigene Wohnung als Ferienwohnung zu vermieten.
Bisher ist die Vermietung der kompletten Wohnung im Regelfall verboten.
Ausnahmen muss man sich genehmigen lassen. Laut Senatsentwurf soll es
zukünftig ausreichen, dem zuständigen Bezirksamt die geplante Vermietung
„anzuzeigen“, also mitzuteilen. Für 60 Tage im Jahr darf die eigene Wohnung
dann legal Touristen überlassen werden. Eine solche Tagesregelung hatten
Vermietungsplattformen wie Airbnb oder Wimdu stets gefordert. Das Argument
der Befürworter, auch aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Dies
entspreche der geänderten Lebensrealität vieler Berliner, die sich nicht
ständig in der Stadt aufhalten. Homesharing nennt sich das im
Marketingsprech.
## Amsterdam und Barcelona schaffen die Tagesregelung ab
Obwohl etwa in Barcelona die Tagesregelung schon wieder abgeschafft wird
und in Amsterdam eine Verschärfung auf 30 Tage angekündigt wurde, will
Berlin nun diesen Weg beschreiten. Nicht alle in den Regierungsfraktionen
und den Bezirken sind über die zeitweise Erlaubnis glücklich. Manche sehen
darin eine Aufweichung des bisherigen Gesetzes statt dessen versprochener
Verschärfung, andere halten 30 Tage für ausreichend. Zufrieden scheint nur
die SPD.
Einig sind sich derweil die Kritiker darin, dass der Wegfall der
Genehmigung ein Fehler ist. „Der größte Kritikpunkt ist, dass der Senat die
Tagesregelung nicht genehmigungspflichtig, sondern nur anzeigepflichtig
machen will – damit wäre die Kontrollmöglichkeit des Gesetzes erheblich
geschwächt“, sagt Katrin Schmidberger, Sprecherin für Stadtentwicklung der
Grünen-Fraktion. Auch ihre Linken-Kollegin Katalin Gennburg sagt: „Diese
Regelung wäre ein Einfallstor für gewerbliche Untervermietung.“ Im
Genehmigungsverfahren müssen Dokumente wie die Erlaubnis des Vermieters und
der Mietvertrag zur Prüfung vorgelegt werden. Beim Anzeigeverfahren gibt es
eine Registrierungsnummer ohne vorherige Prüfung.
Ein Problem sehen vor allem die Bezirke auf sich zukommen, die künftig in
der Pflicht stünden, den Ferienwohnungsanbietern nachzuweisen, wenn sie
illegal mehr als 60 Tage vermieten. Dabei dürften sie erst bei begründetem
Verdacht tätig werden.
Sandra Obermayer, parteilose Stadträtin für die Linke in Mitte, plädiert
dafür, die Hürden hoch zu halten: „Ich will niemanden ermutigen, seine
Wohnung zu anderen Zwecken als Wohnzwecken zu nutzen.“ Sollte es nur eine
Anzeigepflicht geben und damit auch die Bearbeitungsgebühr wegfallen,
befürchtet sie, mit „Anzeigen zugeballert zu werden“. Eine Kontrolle sei
dann kaum noch möglich.
## „Überprüfung ist praktisch kaum möglich“
Auch die Registrierungsnummer, die künftig jeder Ferienwohnungsanbieter
erhalten soll, helfe da nicht weiter: „Eine Überprüfung ist aufgrund der
großen Anzahl von verschiedenen gewerblichen und privaten
Internetanbietern, Zeitungen oder am schwarzen Brett von Supermärkten etc.
praktisch kaum möglich und mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden.“
Auch der Bezirk Mitte lehnt den Gesetzesvorschlag des Senats ab. Das geht
aus einer internen Stellungsnahme des Bezirks hervor: Der Vorschlag beruhe
„auf der fehlerhaften Analyse, dass die Rechtslage für sog. ‚Homesharer‘
unklar sei und bürokratischen Mehraufwand auf Seiten der Verwaltung
bedeute“.
So klar die bisherige Regelung war, so unkontrollierbar war jedoch auch
sie: Trotz des bestehenden Verbots tummeln sich auf Airbnb Tausende
Profianbieter mit hotelgleichen Wohnungen. Etwa die Hälfte der Anbieter
vermietet mehr als eine Wohnung. Dies einzuschränken und dem Mangel an
verfügbarem Wohnraum entgegenzusteuern ist der eigentliche Zweck des
Gesetzes.
Um zu einem gemeinsamen Änderungsantrag der Gesetzesnovelle zu kommen,
sitzen Politiker von Linken, SPD und Grünen aus Abgeordnetenhaus und
Bezirken momentan beinahe täglich zusammen. Denn die Zeit drängt. Noch im
April muss das Gesetz, zumindest teilweise beschlossen werden. Denn zum 1.
Mai, zwei Jahre nach Inkrafttreten der Zweckentfremdungsverbotsverordnung,
würde die sogenannte Genehmigungsfiktion greifen. Dieser damals von der CDU
aufgenommene Passus besagt, dass alle unbearbeiteten Genehmigungsanträge
einer Ferienwohnung ab diesem Stichtag automatisch als genehmigt gelten.
Die Gefahr: Massenweise könnten potentielle Vermieter noch Ende April einen
Antrag stellen. Die angestrebte Regulierung des Ferienwohnungsmarktes wäre
endgültig dahin.
2 Mar 2018
## AUTOREN
Erik Peter
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