# taz.de -- Neubauprojekt Blankenburger Süden: Für die Bürger am Bürger vor… | |
> Senatorin Katrin Lompscher will in Pankow 10.000 Wohnungen bauen. | |
> Anwohner und Bezirkspolitiker gehen auf die Barrikaden. | |
Bild: Die Pläne stoßen auf Widerstand | |
BERLIN taz | „Eine monströse, vollkommen überdimensionierte Retortenstadt | |
wird hier geplant, ohne Rücksicht auf das Bestehende“, schreibt der User | |
jsxheinersdorf auf dem Bürgerbeteiligungsportal [1][mein.berlin.de]. Ein | |
anderer fordert „alternative politische Kräfte“, denen es nicht um | |
„Enteignung und Vertreibung“ der Bevölkerung gehe. Es ist ein kleiner | |
Wutbürgeraufstand, der seit Samstag tobt. Da hatte | |
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) bei einer | |
BürgerInnenversammlung Bebauungspläne für den Blankenburger Süden in Pankow | |
vorgestellt. | |
Es ist die Planung einer eigenen kleinen Stadt: Etwa 10.000 Wohnungen für | |
mehr als 20.000 Menschen, dazu ein Gebiet für Gewerbeflächen, angebunden | |
durch eine Straßenbahn und einen Autobahnzubringer. Die Präsentation von | |
Berlins größtem Neubauprojekt hätte für Lompscher ein Befreiungsschlag sein | |
können – im Ringen um mehr und bezahlbaren Wohnraum. Und gegen die Kritik, | |
nicht nur seitens ihres Koalitionspartners SPD, sie würde den Neubau | |
vernachlässigen. | |
Doch statt endlich als Bausenatorin zu punkten, fliegt Lompscher seitdem | |
die Kritik um die Ohren, ausgerechnet beim Thema Bürgerbeteiligung, das sie | |
wie kaum eine andere im Senat zu ihrem Schwerpunkt erklärt hat. Denn ein | |
Großteil der 700 Anwesenden fühlte sich nach der Präsentation dreier | |
alternativer, von der Grundkonzeption aber ähnlicher Bebauungspläne (siehe | |
Grafik) nicht etwa mitgenommen und eingeladen, sich weiter zu beteiligen, | |
sondern vor den Kopf gestoßen. Von Wortbruch war die Rede und von | |
Bürgerverarschung. | |
Über das Projekt Blankenburger Süden wird seit Langem gesprochen, mit der | |
Zielsetzung, auf den unbebauten, der Stadt gehörenden Rieselfeldern 5.000 | |
bis maximal 6.000 Wohnungen zu bauen. Die Erschließung des 70 Hektar großen | |
Grundstücks steht im Koalitionsvertrag. Die Anwohner, organisiert im Forum | |
Blankenburger Süden, sind seit anderthalb Jahren in den Planungsprozess | |
eingebunden, trafen sich mehrfach mit dem Projektleiter der | |
Senatsverwaltung. | |
## Überraschend für alle | |
Doch von der nun verkündeten Bebauung sowohl des angrenzenden Golfplatzes | |
als auch der Erholungsanlagen aus etwa 1.500 Parzellen mit Garten- und | |
Einfamilienhäusern hörten sie zum ersten Mal. | |
Und nicht nur sie: Der SPD-Wahlkreisabgeordnete Dennis Buchner sagte der | |
taz, die Einbeziehung dieser Gebiete kam wie „Kai aus der Kiste“ und hätte | |
auch ihn „völlig überrascht“. Ähnlich erging es Pankows Bürgermeister S… | |
Benn (Linke): „Wir sind wie alle davon ausgegangen, dass nur über das | |
Kerngebiet geredet wird.“ Dass nun auch die Erholungsanlage mit in die | |
Bauplanung einbezogen ist, nennt Benn eine „nachvollziehbare Idee, wenn man | |
die Situation vor Ort nicht kennt“. | |
Buchner und Benn verweisen auf die Eigentümerstruktur der Gärten. Etwa 40 | |
Prozent gehören privaten Besitzern, der Rest ist verpachtet. Angeblich hat | |
sich der Senat bereits im Juni 2017 das Vorkaufsrecht für die | |
Erholungsanlagen gesichert. Benn fordert von der Senatsverwaltung, auf die | |
Ängste derjenigen, die dort ein Grundstück haben, einzugehen. „Die wollen | |
wissen, ob es sich jetzt noch lohnt, eine Dachrinne zu sanieren.“ | |
„Ein Dorf mit momentan 5.000 Einwohnern auf 25.000 aufzuplustern, halte ich | |
für schwierig“, sagt Buchner, „zurückhaltend formuliert“. Auch sei die | |
Anbindung durch eine vierspurige Straße, die sogenannte | |
Tangentialverbindung Nord, und die verlängerte Straßenbahnlinie M2 nicht | |
ausreichend. | |
## Ein Signal an die SPD? | |
Über die Gründe für die erweiterte Planung kann Buchner nur mutmaßen. | |
Womöglich hänge es damit zusammen, dass die Anwohner bislang „wenig | |
Widerstand“ gegen das Projekt gezeigt hätten. Eventuell seien die neuen | |
Pläne eine Taktik, um sicherzugehen, die ursprünglich geplanten 5.000 | |
Wohnungen durchzukriegen. Dass Lompschers Offensive etwas mit der | |
anhaltenden Kritik der SPD an ihrer mangelnden Bereitschaft zu bauen zu tun | |
haben könnte, hält Buchner ebenfalls für denkbar. Mit dem Blankenburger | |
Süden könnte Lompscher „ein Signal setzen wollen“. | |
Die Senatorin ließ am Dienstag verlauten, es sei „nicht klar genug | |
kommuniziert worden“, dass im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen | |
nicht nur die Rieselfelder, sondern das „komplette Areal“ in den Blick | |
genommen wurde. Sie könne „den Unmut von Anwesenden deshalb verstehen“. | |
Um die Wogen etwas zu glätten, verweist Benn darauf, dass die Pläne einen | |
Zeitraum von mehr als 20 Jahren beschreiben. Der Bezirksbürgermeister | |
glaubt zudem nicht an die Umsetzung im vorgestellten Umfang. Er fordert den | |
Senat auf, zurückzurudern: „Man sollte sich auf die Entwicklung des | |
Kerngebiets konzentrieren und nicht zu viel Planspiele drum herum | |
betreiben.“ | |
6 Mar 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://mein.berlin.de/projects/online-dialog-zu-drei-entwicklungsalternati… | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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