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# taz.de -- Berliner Wochenkommentar I: Viel mehr Wohnungen in Sekunden
> Die Bausenatorin Katrin Lompscher und der Eklat bei der Bürgerdebatte zum
> Riesenneubaugebiet Blankenburger Süden.
Bild: In der Kritik: Bausenatorin Katrin Lompscher
Es kommt nicht oft vor, dass man eine Senatorin oder einen Senator guten
Gewissens fragen darf, ob sie oder er wahnsinnig sei. Aber die Frage
drängte sich auf, nachdem am vergangenen Samstag eine Bürgerdebatte zum
geplanten Pankower Neubaugebiet Blankenburger Süden in einem Eklat geendet
war. Der Grund: Ohne es vorher zu kommunizieren, hatte die zuständige
Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) mal schnell die Zahl der dort
möglichen Wohnungen fast verdoppelt: von rund 5.500 auf bis zu 10.600 –
wenn auch auf einer deutlich erweiterten Fläche.
Die meisten der rund 700 Besucher erfuhren davon erst zu Beginn der
Diskussion am Samstag. Selbst Pankows Bürgermeister Sören Benn, ebenfalls
Linkspartei, war lediglich zwei Tage zuvor informiert worden. Der Aufschrei
jedenfalls war laut, viele Teilnehmer fühlten sich überfahren; auch in den
Tagen danach gab es im Onlineforum des Landes massive Kritik am
überfallartigen Vorgehen der Senatorin.
Fast eine Woche später bleibt rätselhaft, was Lompscher zu dieser
Rustikalkommunikation getrieben hat. Erste Spekulationen, die Senatorin
habe schlicht spontan auf die seit Monaten stärker werdende Kritik aus der
SPD reagiert, dass sie zu wenig auf Wohnungsneubau setze, stimmen offenbar
nicht. Im taz-Interview am Dienstag erklärte Lompscher, dass bereits bei
der Untersuchung, wie das Wohngebiet verkehrstechnisch erschlossen werden
kann, „weitere Wohnungsbaupotenziale in den Blick geraten“ seien. Und ihre
SPD-Kritiker waren – was durchaus absurde Züge hat – auch nicht
einverstanden mit der flotten Vergrößerung. Ein Abgeordneter sprach von
einem „völlig überdimensionierten Projekt“. Lompscher kann es offenbar
keinem recht machen.
Oder hat Lompschers Verwaltung ihr einen bösen Streich gespielt? Immerhin
war Stadtentwicklung mehr als zwei Jahrzehnte eine Bastion der
Sozialdemokraten. Die Senatorin dazu: „Klar ist: Der Fehler ist auf unserer
Seite passiert.“
Vielleicht hofft sie mit der neu ausgegebenen Zielmarke von 10.600 auch
einfach darauf, dass am Ende zumindest jene zuvor vorgesehenen 5.000 bis
6.000 Wohnungen im Blankenburger Süden entstehen. Denn die Vergangenheit
zeigt, dass es gegen jedes Neubauprojekt, egal wie groß, Proteste der
Anwohner gibt. Lompscher würde sich mit dieser Taktik ein Polster schaffen,
über das sich verhandeln ließe – und auf das sie ohne großen
Gesichtsverlust notfalls verzichten könnte.
Auf die Frage des Wahnsinns ging Lompscher in dem taz-Interview nicht ein.
Tatsächlich wäre es durchaus verständlich gewesen, wenn sie gesagt hätte,
dass man angesichts ihrer Aufgabe schon von Wahnsinn sprechen könnte.
10 Mar 2018
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Neubau
Bürgerbeteiligung
Katrin Lompscher
Die Linke Berlin
Wohnungen
Berlin-Pankow
Katrin Lompscher
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