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# taz.de -- Markthalle Neun krempelt Großmarkt um: Neue Pläne für die Zukunft
> Vom Moabiter Großmarkt werden nachts Restaurants, Kantinen und
> Wochenmärkte beliefert. Nun soll der Standort zum Hotspot für die
> Ernährungswende werden.
Bild: Kontrollgang im Großmarkt in Moabit: Sind die Orangen alle noch gut?
Große Pläne für den Großmarkt an der Beusselstraße in Moabit. Nicht nur
Florian Niedermeier hat sie. Der Chef der Markthalle Neun in Kreuzberg
möchte aus dem nachtaktiven Umschlagplatz für Obst, Gemüse und Fleisch ein
Zentrum für das neue Berliner Lebensmittel-Handwerk, die „New Food
Economy“, machen. Auch die dort ansässigen Händler arbeiten an einem
Konzept „Großmarkt der Zukunft“, den sie künftig als Genossenschaft in
Eigenregie betreiben wollen. Das Konzept wurde am gestrigen Dienstag dem
Senat übergeben.
Die Markthalle Neun hat Erfolg mit ihren hochwertigen Bioprodukten vom Feld
und aus dem Stall. Die Hallenfläche von 2.800 Quadratmetern ist mit
Händlern und Verarbeitern voll belegt. „Wir haben in den letzten Jahren
gemerkt, dass immer mehr Nachfragen von Anbietern kommen, die handwerklich
arbeiten wollen“, berichtet Florian Niedermeier im Gespräch mit der taz.
Das sind Bäcker, Metzger, Röster, Bierbauer. „Wer bei uns in dieser
Richtung angefangen hat, der hat auch eine positive Entwicklung genommen“,
stellt der Markthallen-Chef fest. Nur ist ein weiteres Flächenwachstum in
der Kreuzberger Eisenbahnstraße nicht mehr möglich.
„Der Markt für nachhaltige und regionale Lebensmittel ist da“, lautet
Niedermeiers Erfahrung. Als Vorkämpfer für die Ernährungswende suchte das
Markthallen-Team nach Expansionsmöglichkeiten und stieß – nach einem Umweg
über den Victoriaspeicher – auf den Moabiter Großmarkt.
Von hier werden nachts die Berliner Restaurants und Kantinen, die
Wochenmärkte und kleinen türkischen Supermärkte mit Frischware und
Spezialitäten aus aller Herren Länder beliefert. Der Warenumschlag beläuft
sich auf 580.000 Tonnen und einen Umsatz von rund 1 Milliarde Euro pro
Jahr. Die großen Lebensmittelketten haben dagegen ihre eigenen
Logistikzentren.
## Der „Bauch von Berlin“
In Anlehnung an Emile Zolas berühmten Roman über Les Halles in Paris wird
der Großmarkt auch als „Bauch von Berlin“ bezeichnet. Die Zukunft stellen
sich die Vordenker aus der Markthalle Neun als „Bauch mit Köpfchen“ vor,
wie sie es in ihrem Konzept „Großmarkt 9.0“ formulieren: Zusammen mit dem
innovativen Lebensmittelhandwerk soll der Standort stärker auf die
regionale Produkte aus dem Brandenburger Umland ausgerichtet werden. „Das
könnte dann auch einen großen Impact auf die Landwirtschaft in Brandenburg
haben“, schwebt Niedermeier vor.
Derzeit setzt die Agrarpolitik in Potsdam noch voll auf Massentierhaltung
und industrialisierte Landwirtschaft und verpasst das Bio-Potenzial des
Berliner Absatzmarktes. Und ganz neu: Vielleicht wäre hier auch das
passende Umfeld für das vom Senat geplante [1][„House of Food“], das eine
nachhaltige Ernährungspolitik in Berlin umsetzen will.
Das Konzept der Markthalle Neun richtet sich auf mehrere Gebäude direkt an
der Beusselstraße mit einer Fläche von bis zu 16.000 qm, also nur einen
kleineren Teil des Großmarktes. Zugleich ist Niedermeiers Markthalle
Mitglied der „Interessengemeinschaft Lebensmittel- und Frischecluster
Berlin“ (IG LFC Berlin), zu dem sich mehr als 100 Firmen im vergangenen
Sommer zusammengeschlossen haben.
Die IG-Unternehmen beschäftigen mehr als zwei Drittel der auf dem
Großmarktgelände tätigen 2.500 Mitarbeiter. Da die Hallen und
Betriebsgebäude des Standorts seit den 60er Jahren errichtet wurden, stehen
umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen bevor. Von Investitionskosten in Höhe
von 22 Millionen Euro ist die Rede.
## Positive Signale aus Abgeordnetenhaus
Derzeit ist das 330.000 qm große Gelände im Eigentum des Landes Berlin. Ein
Drittel der Fläche wurde im Erbbaurecht an die Fruchthof Berlin
Genossenschaft vergeben. Zwei Drittel der Fläche wird von der landeseigenen
Großmarkt-GmbH betrieben. „Unsere Interessengemeinschaft strebt an, ein
Erbbaurecht für das komplette Großmarktgelände zu erwerben“, sagt Dieter
Krauß vom Fruchthof.
In den letzten Monaten gab es von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses
positive Signale für die Neuordnungspläne. Andererseits will die
Großmarkt-GmbH ungern auf ihre Zuständigkeiten verzichten. Ein Politikum
zeichnet sich ab, bei dem die Senatorin für Wirtschaft- und Betriebe,
Ramoma Pop (Grüne), das letzte Wort der Entscheidung hat. Das
ausgearbeitete Konzept der Interessengemeinschaft wurde von deren Sprecher
Krauß am Dienstagnachmittag an Wirtschaftsstaatssekretär Bunde übergeben.
7 Feb 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
Lebensmittelwirtschaft
Bio-Lebensmittel
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Soja
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