# taz.de -- Migranten in Libyen: Nigeria holt seine Bürger heim | |
> 15.000 im Bürgerkriegsland Gestrandete sollen 2018 ausgeflogen werden. | |
> Ihre Familien zu Hause sind nicht immer erfreut darüber. | |
Bild: Rückkehr aus Libyen: Nigerianerinnen nach ihrer Landung am Flughafen von… | |
TUNIS taz | Die nigerianische Regierung will ihre in Libyen gestrandeten | |
Staatsbürger zurückholen. Am Samstag kündigte Außenminister Geoffrey Onyema | |
in Tripolis an: „Unser Präsident hat alle nötigen Maßnahmen getroffen, um | |
alle Nigerianer aus Libyen in ihre Heimat zu bringen.“ Das sagte Onyma auf | |
einer Pressekonferenz mit seinem libyschen Kollegen Mohammed Taha Zialla. | |
Begleitet wurde der Außenminister von einer Delegation der Nationalen | |
Notstandagentur NEMA, die nach Besuchen in westlibyschen Gefängnissen 5.037 | |
Nigerianer identifizieren konnte. | |
Am Sonntag hoben zwei gecharterte Maschinen vom Flughafen Meitiga in | |
Tripolis nach Lagos ab. Die 700 Migranten an Bord waren meist aus | |
Schlauchbooten gerettet und in zwei der zehn Aufnahmelager im Großraum | |
Tripolis festgehalten worden. | |
5.500 Nigerianer sollen nach der libysch-nigerianischen Vereinbarung in | |
diesem Jahr ausgeflogen werden. Die tatsächliche Zahl der an der 2.300 | |
langen libyschen Küste auf die Überfahrt nach Europa wartenden Nigerianer | |
dürfte jedoch wesentlich höher liegen. Denn viele der Migranten werden von | |
informellen mafiösen Netzwerken durch die Sahara an die Mittelmeerküste | |
gebracht und warten in sogenannten Gettos auf die bereits bezahlte | |
Weiterfahrt. Die versteckten „Gettos“ werden meist von lokalen Milizen | |
bewacht, für die Migration die letzte verbliebene Einkommensquelle für | |
Devisen ist. | |
Außenminister Onyema zeigte sich schockiert über die Bedingungen in den | |
Lagern, dämpfte jedoch die Hoffnung, alle Nigerianer in Libyen ausfindig zu | |
machen: „Viele der kriminellen Milizen, die sich mit dem Lösegeld von | |
entführten Migranten oder von deren Transport durch Libyen finanzieren, | |
haben kein Interesse an der Evakuierung ihrer Ware.“ | |
## Bis zu 700.000 Migranten sitzen in Libyen fest | |
Die Rückführung der Nigerianer ist Teil eines internationalen Plans, bis | |
Jahresende 15.000 Migranten aus Libyen in Sicherheit zu bringen. Dort | |
sitzen bis zu 700.000 Menschen fest und finden nur selten Arbeit, um die | |
Fahrt nach Europa oder die Rückkehr in die Heimat zu finanzieren. | |
Angesichts der Zustände in Lagern und Gefängnissen hatten mehrere | |
afrikanischen Staaten auf dem EU-Afrika-Gipfel in Abidjan beschlossen, vor | |
allem die Opfer von Menschenhändlern zu evakuieren. Die Kooperation von | |
Polizei und Geheimdiensten soll verstärkt werden, um gegen Schlepper | |
vorzugehen. 2017 flog die Internationale Organisation für Migration (IOM) | |
14.000 Menschen aus Libyen aus. Sie will die Zahl in diesem Jahr | |
verdoppeln. | |
Die meisten Migranten sitzen aufgrund des schlechten Wetters und der | |
zunehmend aktiven libyschen Küstenwache zwischen Tripolis und der | |
tunesischen Grenze auf privaten Farmen fest. Tunesiens Regierung weigert | |
sich, wie 2011 Aufnahmelager nahe dem Grenzübergang Ras Jadir zu eröffnen | |
und die Rückkehrer über die nahegelegene Touristeninsel Djerba | |
auszufliegen. | |
Wie schwierig die Evakuierung werden wird, zeigen die Kämpfe, die | |
gelegentlich in Westlibyen ausbrechen. Auch der Flughafen Meitiga in | |
Tripolis wird immer wieder gesperrt, wenn die Spannungen zwischen | |
Milizionären eskalieren. | |
Am Flughafen von Lagos spielen sich derweil tragische Szenen ab. Viele von | |
Folter gezeichnete Rückkehrer warteten vergeblich auf Verwandte, die oft | |
einen Großteil der Ersparnisse für die Fahrt nach Europa investiert hatten. | |
Eine Vertreterin des Roten Kreuzes sagte der Zeitung The Leadership: „Viele | |
Rückkehrer sind von ihren Familien nicht erwünscht, sie haben wie zuvor | |
keinen Job, haben viel Geld verloren und sind meist schwer traumatisiert.“ | |
8 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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