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# taz.de -- Annäherung zwischen Fatah und Hamas: Machtvakuum im Gazastreifen
> Die neuerliche Gewalt im Nahostkonflikt bestimmt derzeit die
> Schlagzeilen. Doch auch die palästinensische Aussöhnung verläuft
> schleppend.
Bild: Auseinandersetzung zwischen Palästinensern und Israels Armee am Grenzzau…
Berlin taz | Raketenbeschuss, Luftangriffe, Tränengas, Zusammenstöße: Seit
US-Präsident Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt hat,
dominiert das Thema Gewalt die Schlagzeilen in Sachen Gaza. Der
Einigungsprozess der verfeindeten Palästinenserparteien Hamas und Fatah
blieb deshalb in den vergangenen Tagen weitgehend unbeachtet.
Am Sonntag hat die von der gemäßigten Fatah geführte palästinensische
Regierung wieder die Macht im weitgehend abgeriegelten Gazastreifen
übernommen. Vorher kontrollierte die radikalislamische Hamas nach einem
kurzen Bürgerkrieg seit 2007 den Küstenabschnitt am Mittelmeer, der an
Israel und Ägypten grenzt.
Doch darüber, ob die Hamas wirklich die Kontrolle abgegeben hat, herrscht
derzeit noch Unklarheit. Zwar kontrolliert die Fatah schon seit Oktober die
Grenzübergänge nach Israel. Nach Angaben des in Gaza-Stadt lebenden
palästinensischen Journalisten Fady Hanona verwaltet die Hamas jedoch nach
wie vor die Hälfte der Ministerien. Insbesondere die Sicherheitskräfte
würden noch immer von ihr gestellt, sagt Hanona.
Matthias Schmale, der das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) in
Gaza leitet, bestätigt das. Allerdings hätten Mitarbeiter der offiziellen
palästinensischen Regierung im Gesundheitsministerium ihre Arbeit wieder
aufgenommen. „In den meisten Ministerien herrscht meinem Eindruck nach
jedoch entweder ein Vakuum, reine Konfusion oder eine Lähmung“, sagt
Schmale. Allerdings bestehe die Hoffnung, dass die Übergabe im Laufe dieses
Monats vollzogen werde.
## Hamas-Mitarbeiter streiken
Für viele der knapp 43.000 Hamas-Beamte könnte das die Kündigung bedeuten,
denn die Fatah unterhält in Gaza einen ebenso großen Verwaltungsapparat,
der nun die Ministerien besetzen soll. Am Dienstag streikten Zehntausende
Hamas-Beamte. Die Mitarbeiter von Ministerien, öffentlichen Einrichtungen
und Schulen forderten ihr Novembergehalt von der Palästinensischen
Autonomiebehörde mit Sitz in Ramallah im Westjordanland.
Neben der Weiterbeschäftigung der Hamas-Mitarbeiter ist die Entwaffnung des
militärischen Arms der Islamisten ein weiteres Hindernis für die
Aussöhnung. Nach Einschätzung mehrerer Beobachter ist es fast
ausgeschlossen, dass die Islamisten dem bewaffneten Kampf gegen Israel
abschwören. Jüngst rief Hamas-Chef Ismail Hanijeh wegen Trumps
Jerusalem-Entscheidung gar zu einer neuen Intifada auf.
Erstaunlicherweise gebe es bisher keinen direkten Einfluss der neuen
israelisch-palästinensischen Auseinandersetzung auf den Versöhnungsprozess,
sagt Matthias Schmale. „Beide Seiten scheinen weiter daran zu arbeiten, den
Prozess voranzubringen.“ Auch Fady Hanona bestätigt das.
Ob die Versöhnung auch die humanitäre Lage der Menschen in Gaza verbessert,
ist allerdings fraglich. Gaza leidet unter Umweltproblemen, Wassermangel
und Armut. Von der Beilegung des palästinensischen Bruderzwists hatten die
Menschen sich Verbesserungen erhofft, die so schnell nicht eintraten. Die
Regierung von Mahmud Abbas in Ramallah hatte im Mai die Gelder für Strom an
Israel reduziert, um Druck auf die Hamas auszuüben. Seitdem gibt es im
Gazastreifen nur etwa vier Stunden am Tag Strom, weil Israel die
Lieferungen entsprechend reduzierte. Trotz Einigung wurden die
Stromzahlungen nicht wieder erhöht.
Der Strommangel prägt neben der Blockade durch Israel den Alltag der
Menschen in Gaza. Ohne Strom können Klärwerke und die Entsalzungsanlagen
für das Meerwasser nicht betrieben werden. Trotz der israelischen Angriffe
in Reaktion auf Raketenbeschuss und der politischen Ungewissheit sei alles
in Gaza „normal“, sagt Fady Hosana. „Die Menschen hier sind an die
Geräusche von Explosionen gewöhnt.“
12 Dec 2017
## AUTOREN
Jörg Wimalasena
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Gaza
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Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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