# taz.de -- Kommentar zu Jerusalem: Bruch des Völkerrechts | |
> Die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem definiert den Status der | |
> Stadt neu. Und das stellt einen Völkerrechtsbruch dar. | |
Bild: Israelische Polizisten verhaften am Samstag demonstrierende Palästinenser | |
Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt von Israel durch den | |
US-Präsidenten sandte Schockwellen durch die ganze Welt. Dies lag nicht nur | |
daran, dass darin eine Abkehr von einer langen Praxis liegt, den Status | |
Jerusalems offenzuhalten. Vielmehr begründete der US-Präsident seine | |
Entscheidung damit, dass er nur „das Offensichtliche“ anerkenne. Damit wird | |
aber der Akzent bei der Behandlung der delikaten Frage von der Kraft des | |
Rechts auf die normative Kraft des Faktischen verschoben, was – zu Ende | |
dekliniert – nur zu einer Lösung der Frage mit Gewalt führen kann. | |
Israel hat zwar seit seiner Gründung immer wieder geltend gemacht, dass | |
Jerusalem Teil seines Territoriums sei. Nach der Besetzung des Ostteils der | |
Stadt als Folge des Sechstagekriegs 1967 wurde mit einem Gesetz 1980 | |
festgestellt, dass das ganze vereinigte Jerusalem die Hauptstadt von Israel | |
sei. Das Jerusalem-Botschafts-Gesetz der USA von 1995 forderte eine | |
Anerkennung des vereinigten Jerusalems als Hauptstadt von Israel; | |
allerdings wurde dieses Gesetz seither alle sechs Monate durch Beschluss | |
des US-Präsidenten wegen Sicherheitsbedenken ausgesetzt. Dabei spielten | |
auch völkerrechtliche Erwägungen eine Rolle, die sich auf den Status von | |
Jerusalem insgesamt wie auch auf die besondere Lage von Ostjerusalem | |
bezogen. | |
Der von den Vereinten Nationen ausgearbeiteten Teilungsplan für Palästina | |
wies Jerusalem als ein Sondergebiet aus, das keinem der beiden zu | |
schaffenden Staaten zugewiesen war. Später wurde allgemein vertreten, dass | |
der endgültige Status von Jerusalem auf dem Verhandlungswege bestimmt | |
werden sollte. Dementsprechend haben US-Behörden und Gerichte immer wieder | |
abgelehnt, in Pässen als Geburtsort Jerusalem, Israel zu vermerken. | |
Die UN-Sicherheitsratsresolutionen 242 und 338 forderten den Rückzug | |
Israels aus den im Krieg besetzten Gebieten, und dazu zählte auch | |
Ostjerusalem; der UN-Sicherheitsrat stellte weiter mehrfach fest, dass in | |
Ostjerusalem das völkerrechtliche Besatzungsrecht Anwendung finden müsse, | |
womit er zu verstehen gab, dass er Ostjerusalem als besetztes Territorium | |
betrachte. | |
Er verurteilte weiter in Resolution 478 das israelische Hauptstadtgesetz | |
von 1980 als eine Verletzung des Völkerrechts und forderte alle Staaten | |
auf, keine Botschaften in Jerusalem zu unterhalten. Der Internationale | |
Gerichtshof qualifizierte in seinem Gutachten die Errichtung von Mauern und | |
Zäunen jenseits der Waffenstillstandslinie nach dem arabisch-israelischen | |
Krieg im Jahr 1948 als völkerrechtlich illegal; damit brachte er auch zum | |
Ausdruck, dass Ostjerusalem kein Bestandteil Israels ist. | |
Alle Staaten unterhalten ihre Botschaften heute außerhalb von Jerusalem, | |
weil sie das vereinigte Jerusalem im Sinne des israelischen | |
Jerusalemgesetzes nicht als Hauptstadt Israels anerkennen. Wenn aber die | |
internationale Gemeinschaft beinahe einhellig erklärt, dass das vereinigte | |
Jerusalem nicht Teil von Israel ist, und entsprechend handelt, muss dies | |
als das gültige Völkerrecht verstanden werden. Die Verlegung einer | |
Botschaft nach Jerusalem bedeutet die Anerkennung des vereinigten | |
Jerusalems als Hauptstadt Israels, wie bereits in dem in Bezug genommenen | |
Jerusalem-Botschafts-Gesetz von 1980 angestrebt, und stellt daher einen | |
Bruch des Völkerrechts dar. | |
Wer aber das Recht bricht, kann sich glaubwürdig nicht mehr auf das Recht | |
als Mittel zur Konfliktlösung berufen. | |
11 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Matthias Hartwig | |
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