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# taz.de -- Kommentar Merkel zum Glyphosat-Verrat: Mehr geht gerade nicht
> Landwirtschaftsminister Schmidt macht, was er will – Merkel guckt strengt
> und schimpft. Bei der aktuellen Lage ist das schon die Höchststrafe.
Bild: Merkel zu Christian Schmidt: Einmal streng gucken, das war's
Wann hat es das je gegeben? Ein Minister hält sich [1][nicht an
Koalitionsabsprachen], seine Regierungschefin verurteilt sein Handeln und
dann … Ja, nix dann. Das war’s. Angela Merkel guckt kurz streng aus ihrem
grauen Blazer. Und Landwirtschaftsminister Christian Schmidt spaziert
entspannt zurück in sein Büro. Alle machen, wozu sie gerade Lust haben –
ist es das, was die Kanzlerin neuerdings unter Richtlinienkompetenz
versteht?
Keine Frage, [2][Angela Merkels Rüge] gegenüber ihrem Minister war überaus
deutlich. Zugleich aber muss man davon ausgehen, dass ihre Wortwahl –
„entsprach nicht der Weisungslage, darf sich nicht wiederholen“ – in der
aktuellen innenpolitischen Lage bereits als Höchststrafe gelten dürfte.
Eine Art regierungsamtliches „Du, du!“. Mehr geht gerade nicht.
Der Vorgang um das möglicherweise hochgefährliche Pflanzengift Glyphosat
zeigt, wie geschwächt Angela Merkels Position innenpolitisch gerade ist.
Als Anführerin der Unionsparteien lässt sie sich von der CSU auf der Nase
rumtanzen. Und als Regierungschefin muss sie hinnehmen, wie die Bayern den
Nicht-mehr-und-noch-nicht-Koalitionspartner SPD planvoll düpieren. Für eine
mögliche Wiederauflage der Großen Koalition verheißt das nichts Gutes. Ganz
zu schweigen vom Ansehen der politischen AkteurInnen bei der Wählerschaft.
Wer sich nun fragt, warum ein weitgehend unprofilierter Bundesminister wie
Christian Schmidt meint, überhaupt den Aufstand proben zu dürfen, sollte
den Blick gen Bayern richten. Im Gegensatz zur CDU, die viel auf ihr Credo
„Erst das Land, dann die Partei“ gibt, scheint man es bei der CSU gerade
andersherum zu sehen: Erst die CSU, dann Bayern. Und irgendwann der Rest
vom Land.
## Teambuilding beim Bundespräsidenten
In München will CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer am kommenden Montag
seine weiteren Pläne gegenüber Landtagsfraktion und Parteivorstand
darlegen. Wenn es eine Botschaft gibt, die Seehofer dorthin aus Berlin
mitbringt, dann ist es diese: Wir bleiben uns treu. Ein CSU-Minister, der
schert sich nicht um Merkels Koalitionsarithmetik – der tut was für die
deutschen Landwirte und für die Agrarlobby.
Zuvor, an diesem Donnerstag, treffen die Spitzen der drei Parteien in
Schloss Bellevue aufeinander. Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin
Schulz sind zu einer Art moderiertem Teambuilding beim Bundespräsidenten
verabredet. Die durch das Jamaika-Scheitern ohnehin schon irre verfahrene
Situation dürfte durch den Glyphosat-Skandal nicht einfacher werden.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat bereits angemahnt, die
Kanzlerin müsse den eingetretenen Vertrauensverlust nun erst einmal
„heilen“. Anderenfalls hätten Gespräche „keinen Zweck“. Hendricks hat
recht. Schließlich war es die Union, die keine Einigung bei den
Jamaika-Sondierungen erzielt hat. Es liegt nun bei Angela Merkel, diese
Glaubwürdigkeitskrise zu lösen.
29 Nov 2017
## LINKS
[1] /EU-zu-Glyphosat/!5466435
[2] /Ruege-von-Merkel-wegen-Glyphosat-Votum/!5466555
## AUTOREN
Anja Maier
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