# taz.de -- Nach dem Glyphosat-„Ja“ auf EU-Ebene: Wenn die AfD helfen muss | |
> Nach der EU-Zulassung des Gifts wächst der Druck, die Anwendung national | |
> zu beenden. Dafür könnte es eine Mehrheit geben – mit Hilfe der AfD. | |
Bild: Aktivisten protestieren in Berlin gegen Glyphosat in Deutschland | |
Berlin taz | Nachdem das Pflanzengift Glyphosat in der EU für weitere fünf | |
Jahre genehmigt worden ist, mehren sich parteiübergreifend die Forderungen, | |
seinen Einsatz auf nationaler Ebene zu verbieten oder zumindest zu | |
beschränken. Selbst CSU-Agrarminister Christian Schmidt, der den deutschen | |
Vertreter am Montag in Brüssel gegen den erklärten Willen von | |
SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks für die Verlängerung hatte stimmen | |
lassen, kündigte am Donnerstag in der Passauer Neuen Presse an, „Lösungen | |
zu finden, wie wir den Einsatz von Glyphosat in der Zukunft national | |
restriktiver gestalten können“. | |
Das Votum auf Weisung von Schmidt hatte für großen Ärger gesorgt – nicht | |
nur bei Hendricks, sondern auch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das | |
Vorgehen als klaren Verstoß gegen die Geschäftsordnung der Regierung | |
wertete. Auch in der Bevölkerung kam der Coup des Agrarministers schlecht | |
an: In einer repräsentativen Umfrage sprachen sich 75 Prozent der Befragten | |
für seinen Rücktritt aus. Nach Angaben seines Büros gab es zudem eine „hohe | |
Anzahl von groben Beleidigungen und auch Drohungen“ gegen Schmidt. | |
Trotz seiner jüngsten Ankündigung ist eine starke Glyphosat-Beschränkung | |
auf nationaler Ebene von Schmidt nicht zu erwarten. Skeptisch geäußert | |
hatte er sich zuvor vor allem zum Einsatz durch Privatpersonen, etwa | |
Kleingärtner. Landwirte hingegen dürften von der Union nichts zu befürchten | |
haben. Auch die FDP sieht keinen Grund, die Glyphosat-Nutzung zu | |
beschränken. | |
Anders sieht die Sache bei allen übrigen Parteien im Bundestag aus. „Ich | |
möchte, dass wir die Anwendung von Glyphosat in Deutschland beenden“, | |
erklärte Barbara Hendricks (SPD) am Mittwoch. Und das sei – entgegen | |
mancher anderslautender Aussagen – rechtlich auch möglich, erklärte das | |
Umweltministerium. Die EU habe zwar den Wirkstoff Glyphosat EU-weit | |
genehmigt. Für die Zulassung der konkreten Produkte, die bis März erneuert | |
werden muss, sind aber deutsche Behörden zuständig – und zwar neben dem | |
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das dem | |
Landwirtschaftsminister untersteht, auch das Umweltbundesamt (UBA), das dem | |
Umweltministerium untersteht. | |
## Die AfD könne nicht tatenlos zusehen | |
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger will diese Möglichkeit offenbar nutzen. | |
„Die nationalen Spielräume müssen ausgeschöpft werden“, sagte sie der | |
Rheinischen Post. Und Ministerin Hendricks glaubt nicht, dass das UBA einer | |
weiteren Nutzung zustimmt: „Ich habe große Zweifel, dass glyphosathaltige | |
Pflanzenschutzmittel in Deutschland erneut zugelassen werden können, wenn | |
man sich ernsthaft anschaut, welche Folgen sie für die biologische Vielfalt | |
und insbesondere für Insekten haben“, erklärte sie. | |
Auf Zustimmung stoßen dürfte sie mit ihrer kritischen Haltung nicht nur bei | |
den Linken, die den Einsatz von Glyphosat „auf das absolute Minimum | |
reduzieren“ wollen, und bei den Grünen, die nächste Woche im Bundestag | |
einen Antrag für einen möglichst schnellen und möglichst vollständigen | |
Glyphosat-Ausstieg einbringen wollen. Sondern auch bei der AfD. | |
Nach Schmidts umstrittener Zustimmung zum möglicherweise krebserregenden | |
Glyphosat schrieb die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel, man könne | |
nicht tatenlos zusehen, „wie auf Kosten der Gesundheit unserer Bürger | |
skrupellos die Interessen von Chemiekonzernen vertreten werden“. Und | |
Bundesvorstandsmitglied André Poggenburg erklärte, solange die | |
Schädlichkeit von Glyphosat nicht abschließend geklärt sei, „muss die | |
Zulassung von Glyphosat ausgesetzt bleiben“. | |
Dass ihr Antrag möglicherweise nur mit Stimmen der AfD eine Mehrheit | |
bekommen könnte, finden die Grünen zwar unerfreulich, heißt es aus der | |
Fraktion. Im Zweifel lieber auf die Einbringung verzichten wolle man aber | |
nicht. | |
30 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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