# taz.de -- Bildungsdebatte im Abgeordnetenhaus: Czaja geht zur Schule | |
> Der Ex-CDU-Senator überrascht als Redner in Diskussion über Schulbau. Die | |
> FDP fordert Landes-GmbH statt Pingpong zwischen Senat und Bezirken. | |
Bild: Zurück in der Bütt, jetzt als Schulpolitiker: Ex-Sozialsenator Mario Cz… | |
Mario Czaja ist zurück – und hat offenbar noch Pläne. Von einer | |
SPD-Abgeordneten als „Senator“ angesprochen, sagte der CDU-Politiker, | |
derzeit nur einfacher Parlamentarier, bis dahin dauere es noch ein paar | |
Jahre. Sein überraschender Auftritt am Donnerstag im Landesparlament war | |
seine erste Rede seit seinem Ausscheiden als viel kritisierter | |
Sozialsenator Ende 2016. Czaja nutzte die Debatte über den schleppenden | |
Fortgang von Schulbau und -sanierung für eine grundsätzliche Abrechnung mit | |
der rot-rot-grünen Koalition: „Sie haben versprochen, dass mit R2G alles | |
besser wird – jetzt ist ein Drittel Ihrer Regierungszeit vorbei, Sie haben | |
nichs erreicht und stellen heute Anträge zu Bienen, Bestäubung und Urban | |
Gardening.“ Worauf die Linksfraktion schnell konterte und zurecht | |
feststellte, dass das vermeintliche Drittel höchstens ein Viertel ist. | |
Die FDP-Fraktion hatte die Debatte auf die Tagesordnung setzen lassen und | |
sie mit „Turbo-Schulbau statt Verwaltungs-PingPong“ überschrieben. Jüngst… | |
Anlass sind die Proteste von Lehrern an der Carlo-Schmid-Oberschule in | |
Spandau, wo nach einem Wasserschaden eine Decke einstürzte und weiter nicht | |
repariert ist. Sie demonstrierten am Dienstag mit Atemschutzmasken und | |
Bauhelmen, „weil sie Sorge um Leib und Leben hatten“, wie der | |
FDP-Bildungspolitiker Paul Fresdorf das interpretierte. | |
Der Antrag seiner Fraktion sieht eine landeseigene Gesellschaft vor, die | |
den Schulbau zentral erledigt, statt ihn den Bezirken zu überlassen. Nichts | |
anderes plante Anfang 2016 auch die der FDP nicht gerade nahe stehende | |
Linksfraktion. Doch daraus wurde inzwischen ein Mix aus Zuständigkeiten bei | |
den Bezirken, Arbeitsgemeinschaften von Bezirken und einer | |
Tochtergesellschaft der landeseigenen Bauunternehmens Howoge. | |
Fresdorf hielt Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) darum vor, „dass | |
Ihre Schulbauoffensive in einem Schulgeplänkel enden wird.“ Was dramatische | |
Folgen hätte, weil der SPD zufolge binnen sieben Jahren rund 80.000 | |
zusätzliche Schüler Platz finden finden müssen, ganz zu schweigen von | |
dringenden Sanierungen und Reparaturen wie eben in der Spandauer Oberschule | |
mit der eingestürzten Decke. | |
SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasic tat die FDP-Forderung nach mehr Tempo | |
hingegen als Stammtischgerede ab. „Das vergangene Jahr wurde dazu | |
verwendet, die Zuständigkeiten zu klären“, sagte sie und glaubte damit | |
offenbar eine gute Nachricht zu verkünden. Regieren heiße eben | |
„verantwortlich umgehen mit der zweistufigen Verwaltung“, also mit dem | |
Dauerthema geteilter Zuständigkeiten zwischen Bezirken und Senat. Lasic' | |
Kollegin von der Linksfraktion, Regina Kittler, sah in dem von Senat und | |
Bezirken nun vereinbarten Mix gar keine komplizierte Struktur wie viele | |
Kritiker in Politiker und Medien, sondern eine Zeichen von | |
„Aufbruchstimmung in Berlin“. | |
Irgendwie hatten außerdem Lasic, Kittler und auch Scheeres dem FDP-Mann | |
Fresdorf nicht richtig zugehört, weil sie sich gegen angebliche liberale | |
Pläne wehrten, die Schulen in private Hände zu geben. Dabei hatte Fresdorf | |
eigentlich unüberhörbar gesagt, „zu 100 Prozent in der Hand Berlins“ solle | |
die vorgeschlagene zentrale Schulbaugesellschaft sein. | |
Das mit dem Zuhören machte auch Czaja zum Thema, der der Comeback-Mann des | |
Tages. Wie Fresdorf kritisierte er ein Schreiben von Senatorin Scheeres, in | |
dem sie – sinngemäß – ihren Schulleitern statt Protest mehr positives | |
Denken im Zeichen der Krise nahe legt. „Es ist doch nicht zu kritisieren, | |
dass Schulleiter auf bauliche Gefahren hinweisen“, sagte Czaja, „es ist zu | |
kritisieren, dass es diese Gefahren gibt.“ Scheeres selbst, die viel | |
Transparenz und einen Landesschulbaubeirat ankündigte, mochte nichts von | |
einem solchen Maulkorb-Erlass wissen – das sei „völliger Quatsch“. | |
16 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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