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# taz.de -- Berliner Gemeinschaftsgärten: In der Existenz bedroht
> Urbane Gärten tragen viel zu einem guten Stadtklima bei – sowohl in Bezug
> auf Luft als auch Lebensgefühl. Doch der Kampf um Freiflächen wird
> härter.
Bild: Kreativer Protest gegen immer weniger Berliner Gemeinschaftsgärten
„Die Stadt ist unser Garten“ ist das Motto der Pioniere, die seit rund zehn
Jahren, Brache für Brache, Berlin in eine zukunftsfähige Stadt verwandeln.
Die Stadt schmückt sich gern mit den schönen Kulissen, aber die
Urban-Gardening-Aktivisten erwarten eher eine im neuen Koalitionsvertrag
verankerte Anerkennung ihrer harten, oft ehrenamtlichen Arbeit.
Seit 2007 die Künstlergruppe Pony Pedro in den leeren Buchten eines
verwahrlosten Parkhauses am Kottbusser Tor Gemüse anbaute, wurde viel toter
Boden zum grünen Paradies. In über 100 Mitmach-Oasen wird heute gesunde
Nahrung angebaut, Gemeinschaft gepflegt, Kindern der Umgang mit Natur
vermittelt, Integration praktiziert oder benachteiligten Quartieren Leben
eingehaucht.
Urbane Gemeinschaftsgärten sind „ein Beitrag für ein besseres Klima in der
Stadt, für mehr Lebensqualität und für Umweltgerechtigkeit“, so steht es im
„Urban-Gardening-Manifest“. 168 deutsche Gemeinschaftsgärten haben bisher
unterzeichnet.
## Viele Gemeinschaftsgärten sind in einer prekären Lage
Aber gerade jetzt, wo die Koalition sich für Urban Gardening einsetzt,
rückt eine Teilkündigung die prekäre Lage ebenjener Gemeinschaftsgärten in
den Blickpunkt.
Einer davon, die Neuköllner Prachttomate, musste bis gestern ein Drittel
ihrer Fläche geräumt haben. Die Eigentümer, Heinlein, Hensel, Dr. Seiffert
GbR, wollen verkaufen und sprachen für 600 Quadratmeter des Areals an der
Bornsdorfer Straße eine Kündigung aus, die Duldung ist beendet.
Der seit 2011 zu einer Institution im Kiez gewachsene Stadtgarten fürchtet
nun, dass auch die Restfläche verkauft wird, und sieht sich in seiner
Existenz bedroht. Durch das Fehlen der Teilfläche werden schon Angebote wie
der Tauschmarkt, Gartenkino, Workshops für Kinder und ein
Jugendqualifizierungsprojekt wegfallen.
„Wir sind Opfer der allgemeinen Verdrängung“, so Thomas Herr vom Verein
Prachttomate. Baustadtrat Jochen Biedermann verweist auf fehlende Mittel,
der Bezirk sieht sich außerstande, die beiden privaten Grundstücke zu
kaufen, obwohl er Zugriffsrechte hat.
## Kampf um jeden Freiraum
Leider ist das kein Einzelfall. Das Flaggschiff Prinzessinnengarten am
Moritzplatz hat schon Erfahrung mit der Politik des höchsten Gebots: Die
geplante Privatisierung der öffentlichen Liegenschaft wurde zwar gestoppt;
der 2013 erkämpfte Mietvertrag läuft allerdings Ende 2018 aus. Das
Bezirksparlament Friedrichshain-Kreuzberg hat sich im letzten Jahr für ein
40-jähriges Erbbaurecht ausgesprochen, die Entscheidung fällt aber auf
Senatsebene.
„Angesichts von Privatisierung und Verdrängung muss jeder noch verbliebene
Freiraum in dieser Stadt verteidigt werden“, so Geschäftsführer Marco
Clausen.
Sicher ist, dass Ende 2018 das Weddinger Himmelbeet aus der Ruheplatzstraße
umziehen muss, die Fläche wird der Verein Amandla EduFootball nutzen. Das
Himmelbeet hat eine „fast feste“ Zusage des Bezirksbürgermeisters für ein…
neuen Platz und Zwischennutzungsvertrag.
„Der Druck aus der Stadtverwaltung ist enorm“, hieß es beim 2.
Netzwerktreffen der Urbanen Gärten. In Gesprächen mit Politikern würde
schnell die Wohnungskeule geschwungen, Schulen, ja Parkplätze werden gegen
das grüne Gemeingut ausgespielt.
## Urban Gardening 2.0
Trotz oder gerade wegen dieser Situation der Bedrängung entwickelt sich
gerade eine zweite Welle der Bewegung, das „Urban Gardening 2.0“ wurde
eingeläutet.
„Die Entwicklung ist rasant. Wir bekommen unglaublich viele Anfragen, wie
wir das gemacht haben damals“, so Jonas Flötotto vom Himmelbeet. Das neu
formierte „Netzwerk Urbane Gärten Berlin“ soll die transformative Arbeit
der Stadtgärtner gezielter unterstützen. Eine Kundgebung, zu der Netzwerk
und Prachttomate aufrufen, macht auf die Teilkündigung und die Situation
der Gärten aufmerksam.
16 Nov 2017
## AUTOREN
Monika Dietl
## TAGS
Berlin
Garten
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Crowdfunding
Urban Gardening
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Pflanzen
Veganismus
Stadtentwicklung
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