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# taz.de -- Auf Malta ermordete Journalistin: Schmiergeld, Öl und Semtex
> Warum wurde Daphne Caruana Galizia ermordet? Eine Geschichte über
> Schmiergeld, verkaufte Pässe und Briefkastenfirmen – mitten in der EU.
Bild: Die Forensiker können den Wust an Korruption auf Malta nicht entwirren, …
Valletta taz | „Manifest, geschrieben mit dem Blut der anderen“ – so nann…
der amerikanische Historiker Mike Davis die Autobombe. Das jüngste dieser
Manifeste bestand aus Semtex, auch Plastiksprengstoff genannt, befestigt am
Boden eines weißen Peugeot 108 in einer Einfahrt in Bidnija, 309 Einwohner,
elf Kilometer westlich von Maltas Hauptstadt Valletta.
Am 16. Oktober setzt sich [1][Daphne Caruana Galizia], 53 Jahre alt, hinter
das Steuer ihres Wagens. Sie fährt den Schotterweg bis zur Hauptstraße,
biegt links ab, den Hügel hinunter, von dem aus das ferne Schimmern des
Meeres zu sehen ist, vorbei an einer kleinen, wilden Mülldeponie und einem
Zucchiniacker, 270 Meter weit, bis zu einem rot umrandeten Schild, auf dem
ein Igel die Autofahrer bittet, seinesgleichen nicht platt zu fahren. Die
Explosion, das glauben die Ermittler, wird per Handy ausgelöst. Um 15.04
Uhr liegen die Reste das Peugeots 100 Meter weiter auf einem Feld, rechts
neben der Straße. Die sieben niederländischen Forensiker, die drei Tage
später im Mater-Dei-Krankenhaus von Valletta Galizias Leichnam inspizieren,
bekommen nicht viel zu sehen. Vom Körper [2][der bekanntesten und
streitbarsten Journalistin des Landes] bleibt nur wenig übrig. Ihre letzten
Worte hatte sie 29 Minuten vor ihrem Tod auf ihrem Blog gepostet: „Egal, wo
du jetzt hinsiehst: Überall sind Gauner. Es ist zum Verzweifeln.“
Eine Woche später stehen die drei Söhne Galizias [3][im EU-Parlament] in
Straßburg, das darüber debattiert, was der Mord an ihrer Mutter über Malta
und womöglich über die EU sagt. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold
ergreift das Mikrofon. „Daphne wurde auf offener Straße getötet. Es gab
kein Verstecken, ihre Mörder versuchten nicht einmal, den Angriff wie einen
Unfall erscheinen zu lassen. Im Gegenteil: Dies war eine brutale
Demonstration der Macht“, sagt er. Es sei klar, warum die Bombe nicht unter
dem Auto des Polizeichefs oder des Generalstaatsanwalts lag: „Es war
Daphne, die ein Licht auf das System von Geldwäsche und Korruption in Malta
warf – es waren nicht diese Behörden.“
Der Mord an ihr, so sehen es auch viele auf der Insel, war ein Manifest,
dass die, die es ernst meinen mit dem Kampf gegen Kriminalität, auf Malta
nicht mehr sicher sind.
Giegold, der sich seit Jahrzehnten mit Steuerflucht befasst und Galizias
Recherchen genau kennt, fordert, internationale Ermittler zu entsenden. Er
verlangt den Rücktritt des [4][sozialdemokratischen Premiers Joseph Muscat]
und sorgt dafür, dass das EU-Parlament eine Delegation nach Malta schicken
will, damit „die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt“ wird.
Während in Straßburg die Gedenkfeier läuft, betritt Rosy Bindi, die
Leiterin der italienischen Anti-Mafia-Kommission, das Excelsior-Hotel an
den Festungsmauern von Valletta. Tagelang war die Kommission auf Malta
unterwegs, der Besuch war lange geplant, doch jetzt, nach dem Attentat auf
die Bloggerin, ist das Interesse riesig. Umringt von glatt gegelten
Leibwächtern, aus deren Anzügen sich durchsichtige Kabel in die Ohrmuscheln
schrauben, setzt Bindi sich an einen Tisch und schaut die Journalisten an,
die in schweren Ledersesseln auf sie gewartet haben. Die Mafia, sagt Bindi,
sehe Malta als „ein kleines Paradies“. Und auch „Finanzdienstleister, die
die Eröffnung von Unternehmen in Malta anbieten“ könnten, seien „ein Teil
des Problems“.
Für Malta sind die Aussagen von Bindi ein Problem. Seit Jahrzehnten ist sie
Expertin für die italienische Mafia ihr Wort hat also Gewicht. Malta kämpft
seit der Ermordung Galizias um seinen Ruf.
## Fünf Autobomben in zwei Jahren
Sie ist nicht die einzige, die das so sieht. Wenn in diesen Tagen über den
Inselstaat berichtet wird, dann ist von Schwarzgeld die Rede, von
Briefkastenfirmen, [5][Steueroasen], einer finsteren
Aserbaidschan-Connection, von Ölschmuggel, Passverkäufen und
Onlineglücksspiel. Dazu beigetragen hat auch Galizias größte Geschichte.
Ihr Sohn Mathew arbeitet bei dem Recherchenetzwerk IJIC, das 2016 die
Panama Papers enthüllte. Über ihn bekam Galizia die Unterlagen, die Malta
betreffen. Sie entdeckte, dass Keith Schembri, Kabinettschef des Premiers
Muscat, und sein Kollege Konrad Mizzi – erst Energie-, heute
Tourismusminister – Tarnfirmen auf den British Virgin Islands und in Panama
unterhielten. All dies fließt nun zusammen zu einem düsteren Bild, in dem
sich die Grenzen zwischen zweifelhaften Privatgeschäften von Politikern,
umstrittenen staatlichen Einnahmequellen und der organisierten Kriminalität
aufzulösen scheinen.
Es ist ein Bild, das schlecht zusammenpasst mit den Vororten Vallettas, die
voll sind von Geschäftsleuten und braun gebrannten Sprachschülern, mit der
autofreien, sandfarbenen Altstadt, die in neun Wochen Europas
Kulturhauptstadt wird – ein unvergleichliches Open-Air-Mittelaltermuseum,
durch das jeden Tag Zehntausende Touristen den Reiseführern mit ihren
bunten Wimpeln folgen wie Kreuzzügler ihrer Standarte, um sich dann abends,
in St. Julian, auf der anderen Seite der Bucht, zufrieden von der Gischt
berieseln zu lassen, Hase in Rotwein zu essen und pintweise Cisk Lager
hinterherzukippen.
Über einige von ihnen wacht dann Jonathan Ferris. Am achten Tag nach
Galizias Tod sitzt er mit dünner Brille in blauem Anzug in der Lobby des
Westin Dragonara. Hinter der Glasfassade schlagen die Wellen an die Felsen,
auf den Sofas sitzen betuchte Familien im Seglerdress. Ferris ist der
Sicherheitschef des Fünfsternehotels, und das spricht dafür, dass auf Malta
nicht alles so läuft, wie es sollte.
Denn bis vor einem Jahr war Ferris Polizist, zuständig für Geldwäsche.
Galizias Blog, sagt er, hat ihm immer wieder bei Ermittlungen geholfen.
„Sie wusste Dinge, die wir nicht erfahren haben. Die Leute vertrauen
Journalisten eben eher als Polizisten.“ Ferris bildete Kollegen aus, in
Brüssel, China, Deutschland, er überführte Gaddaffis Buchhalter, im
November 2016 wechselt er als Abteilungsleiter zur maltesischen
Antigeldwäschebehörde (FIAU). Zwischen März 2016 und Juli 2017 hat die vier
Berichte über Korruptionsverdacht gegen Regierungsangehörige verfasst.
Alle, sagt Ferris, fußten auf Recherchen von Galizia. Wer ihm folgen will,
wenn er in die Details geht, braucht Zeit.
Die Kurzfassung der FIAU-Untersuchungen geht so: Kabinettschef Keith
Schembri nutzte seine Briefkastenfirma in Panama auch, um 100.000 Euro zu
verstecken, die er aus dem Verkauf dreier maltesischer Pässe an Russen
kassierte. Zudem bezahlte er eine halbe Million Euro Schmiergeld an einen
maltesischen Zeitungsmanager. Ferris glaubt, dass Schembri sicherstellen
wollte, dass die Zeitung der Regierung gewogen bleibt. Gleichzeitig habe er
dafür sorgen wollen, dass die Zeitung ihr Papier weiter von ihm beziehe,
denn im Nebenberuf ist Schembri auch noch Papiergroßhändler. Und: Schembri
und der frühere Energieminister Konrad Mizzi hätten Schmiergelder aus Dubai
von einer Firma bekommen, die in Malta mit Flüssiggas handelt. Auch dieses
Geld sei an die Briefkastenfirmen der beiden geflossen. Galizias letzter
Blogeintrag „Überall sind Gauner“, bezog sich auf diese Geschäfte.
## 1,07 Millionen Euro für Gasverträge?
Schembri und Mizzi streiten alles ab. Was viele an der Rechtsstaatlichkeit
Maltas zweifeln lässt: Die Berichte der FIAU wurden von der Behördenleitung
entweder gar nicht erst an die Polizei geschickt – oder von dieser direkt
zu den Akten gelegt. Konsequenzen hatten sie keine.
An den Berichten beteiligt war entweder Ferris, sein Kollege Charles Cronin
oder der frühere FIAU-Chef Manfred Galdez. Keiner ist mehr im Amt. Galdez
ging, angeblich von sich aus, in den Vorruhestand. Am 16. Juni 2017 drückte
sein Nachfolger Ferris und Cronin einen weißen Umschlag mit ihrer Kündigung
in die Hand. „Den Grund habe ich nie erfahren“, sagt Ferris. Seither könne
er nur noch mit Tabletten einschlafen. Die FIAU sagt der taz, sie habe es
„in ihrem Interesse für das Beste gehalten“ Ferris und Cronin zu entlassen
– aus „leistungsbezogenen Gründen“.
Wäre er bei der FIAU geblieben, wäre er der letzten großen Geschichte
Galizias nachgegangen, sagt Ferris. Es ging um Michelle Muscat, die Frau
des Premiers. Auf das Konto ihrer Firma Egrant in Panama sollen 1,07
Millionen Euro aus Aserbaidschan geflossen sein – justament nachdem Malta
und Aserbaidschan einen Vertrag über Gaslieferungen mit 18 Jahren Laufzeit
geschlossen hatten. „Diese Untersuchung wollten sie verhindern“, glaubt
Ferris. Er hat die Antikorruptionsbehörde verklagt, damit sie ihn wieder
einstellt.
Dass die FIAU-Berichte überhaupt bekannt wurden, liegt an einem Mann, der
sich selbst „das Gegenstück von Daphne in der Politik“ nennt und ihr
Vertrauter war. Simon Busuttil ist Abgeordneter der konservativen PN, der
einzigen Oppositionspartei; ein Mann mit Stil und Stimme eines
US-Fernsehpredigers, die Schläfen meliert, schwarzer Trauerflor am Revers.
„Nachrichten nur per WhatsApp“, sagt er. „Mein Telefon wird überwacht.“
Besucher empfängt er im Konferenzzimmer der Opposition im
Parlamentsgebäude, einem aquariumartigen Raum, der über der Fußgängerzone
von Valletta schwebt.
## Rückzug gilt jetzt nicht mehr
Als Galizia immer mehr Material gegen die Regierung ausgrub, zog der
Premier Muscat die Wahlen auf den vergangenen Juni vor. Busuttil war
Spitzenkandidat der Opposition. Jemand steckte ihm die Berichte der FIAU
zu. Busuttil breitete alle Details genüsslich vor der Presse aus. Es nützte
nichts: Die Malteser hielten Muscat die Treue. Busuttil verlor, was auch
daran gelegen haben dürfte, dass Maltas Wirtschaft boomt. „Ich wollte mich
danach langsam aus der Politik zurückziehen“, sagt er. „Doch jetzt, nach
ihrem Tod, ist alles anders.“
Im Juli hat Busuttil geklagt, damit die Polizei Ermittlungen gegen die
Minister aufnimmt. Schembri und Mizzi haben Widerspruch eingelegt. „Wenn
ich verliere, gehe ich nach Straßburg“, sagt Busuttil. Er will Galizias
Werk zu Ende bringen.
Die Bloggerin hat Muscat, den Rest der Regierung, aber auch große Teile der
Opposition, heftig attackiert. Teils mit „brillanten Artikeln“, wie selbst
ihre ärgsten Feinde in der Zentrale der Regierungspartei PL sagen. Teils
aber auch mit persönlichen Angriffen und Texten über ihr Sexualleben. Doch
niemand auf Malta glaubt ernsthaft, dass es korrupte Politiker waren, die
ihr die Bombe unter das Auto geklebt haben.
Die Theorie, die auf Malta – und in Italien – am häufigsten zu hören ist,
lautet, dass Galizia bei ihren Recherchen zum Schmuggel von Öl aus Libyen
nach Südeuropa [6][der Mafia auf die Füße getreten] ist. Für diese Annahme
spricht, dass es in den letzten zwei Jahren fünf Autobombenanschläge auf
Malta gab, deren Opfer aus dem kriminellen Milieu stammen. Aufgeklärt wurde
keiner. Jedes Mal wurde Semtex benutzt. Das wird zum Beispiel im libyschen
Zuwara hergestellt – da, wo auch das Schmuggel-Öl herkommt.
## Unbeteiligt ist die Opposition nicht
Trotzdem finden viele auf Malta, dass Muscat die Verantwortung für Galizias
Tod trägt und zurücktreten soll. Weniger weil die Polizei Galizia nicht
beschützt habe. Tatsächlich hat die Bloggerin in der Vergangenheit
Polizeischutz abgelehnt, weil sie fürchtete, dadurch werde ihre Arbeit
beeinträchtigt. Den Vorwurf an Muscat, den Galizias Familie, die Opposition
und maltesische Journalisten erheben, formuliert der Abgeordnete Busuttil
so: „Man kann nichts gegen Korruption tun, solange korrupte Minister im Amt
bleiben dürfen.“ Um deren Geschäfte dulden zu können, schwäche der Staat
die Institutionen – und dulde somit die Geschäfte der organisierten
Kriminellen.
Unbeteiligt an den Verhältnissen ist die Opposition jedoch nicht. Malta
setzt wirtschaftlich auf extrem niedrige Unternehmensteuern, auf die
Onlineglücksspielindustrie und den Verkauf von Pässen an vermögende
Ausländer. Busuttils PN trägt das mit. „Malta hat seine Souveränität an
schmutziges Geld verkauft“, sagt der Grüne Giegold. „Es hat die
Rechtsstaatlichkeit durch eine Kultur der Straflosigkeit und der Kumpanei
zwischen politischen und finanziellen Eliten ersetzt.“
In der Casinostadt St. Julians auf Malta steht der Mayfair-Komplex, eines
der vielen Bürogebäude auf der Insel, in denen sich Namen internationaler
Konzerne auf den Briefkästen drängen. Die Firmen in dem Bau waren
Gegenstand [7][der „Malta Files“], eines Leaks an den Spiegel im letzten
Mai. Dem Text war anzumerken, dass es die Spiegel-Leute aufgeregt hat, wie
die Platzhalter in den Büros behaupteten, es gebe echte Geschäftstätigkeit.
Heute, sechs Monate später, ist das Bild im Mayfair-Foyer das gleiche: K+S,
Sixt, BASF und Jacobs – klapprige Briefkästen der Tochterfirmen von
Weltkonzernen, alle noch da.
Gewinne nach Malta zu verschieben lohnt sich: Von den 35 Prozent Steuern,
die Malta von Handelsgesellschaften erhebt, zahlt es bis zu 30 Prozent
wieder zurück; so fallen nur sagenhaft niedrige 5 Prozent tatsächlich an.
Malta werde so zu einem „schmutzigen Ort“, hatte Galizia dazu geschrieben.
## Der Finanzminister schämt sich nicht
Die Zeitung Malta Today hat ausgerechnet, dass 2015 deshalb Konzerngewinne
in Höhe von 4 Milliarden Euro nach Malta flossen. Das Land kassierte darauf
knapp 250 Millionen Steuern. 1,4 Milliarden wären anderen Staatskassen so
verloren gegangen. Edward Scicluna, Maltas Finanzminister, schüttelt den
Kopf. „Wenn in Malta die Löhne ein Fünftel so hoch sind wie in Deutschland,
können die Arbeiter hier dann sagen, dass sie um vier Fünftel ihres Lohns
betrogen werden? Natürlich nicht“, sagt Scicluna. „Es gibt da ein
Wahrnehmungsproblem.“ Sein Land werde unfair behandelt, sein Steuersystem
„missverstanden“. Das Land sei keine Steueroase, sondern biete
„wettbewerbsfähige“ Steuersätze. „Muss uns das peinlich sein?“, fragt…
„Nein!“ Tatsächlich würden die Unternehmenseigner mehr als 5 Prozent zahl…
– denn sie müssten den höheren Gewinn ihrer Tochterfirmen ja bei sich zu
Hause versteuern.
Dass dies tatsächlich geschieht, sei aber keineswegs sicher, sagt der Grüne
Giegold. „Malta gewährt seine Steuervorteile unabhängig davon, ob es zur
zweiten Besteuerung kommt.“ Wie attraktiv das sei, sei an der extrem hohen
Zahl ausländischer Konzerne auf der Insel abzulesen.
Doch die „Limiteds“ der deutschen Großkonzerne zu schließen – dafür ge…
keinen Grund, sagt Scicluna. „Das ist alles absolut legal.“ Geldwäsche
komme in allen Staaten vor. „Aber die Großen geben den Kleinen die Schuld
und verstecken so ihre eigenen Probleme.“ Maltas Gesetze seien vor dem
EU-Beitritt geprüft worden, das Land werde regelmäßig auf
Geldwäscheschlupflöcher überprüft. Es habe das Bankgeheimnis abgeschafft
und die EU-Geldwäsche-Richtlinie ATAD angenommen, sagt Scicluna. „Außerdem
legen wir auf Anfrage aus dem Ausland sämtliche Informationen offen.“
Am neunten Tag nach dem Tod Galizias tritt der Premier Muscat in Dubai auf
einem „Global Citizenship“-Seminar auf. Ausgerichtet ist es von Henley &
Partner – der Agentur, die Maltas Pässe zum Stückpreis von rund 900.000
Euro verkauft. Citizenship by Investment heißt das Programm. Muscat spricht
darüber, welche Vorteile „alternative Wohnorte und Staatsbürgerschaften“
für die „Eliten“ bieten.
## Pässe verscherbeln für Schwarzgeld
„Dunkle Gestalten aus Russland und dem Mittleren Osten“ würden zu „Fake
Maltesen“ gemacht, hatte Galizia geschrieben. Für sie war das Passgeschäft
nichts als ein weiteres Einfallstor für Schwarzgeld. Der Finanzminister
Scicluna will das nicht gelten lassen. Millionen Ausländer würden jedes
Jahr EU-Visa bekommen. „Die paar Hundert, die Malta bislang verkauft hat,
tauchen in der Statistik nicht mal auf“, sagt er. Es seien „normalerweise
Künstler oder Sportler, die Weltbürger sein wollen“, die sich eine
maltesische Staatsbürgerschaft kaufen.
Beim leisesten Zweifel an der Herkunft des Vermögens werde der Antrag
abgelehnt, das sei bei jedem vierten Antrag der Fall. Außerdem, sagt
Scicluna, habe die EU-Kommission das Programm geprüft und nicht
beanstandet. „Die anderen Länder machen das ohne EU-Siegel, aber auf uns
zeigt man mit dem Finger.“ Tatsächlich verschachert nicht nur Österreich
nach demselben Muster Pässe. Auch Deutschland lässt Selbstständige
einwandern, die mindestens eine Million Euro investieren.
Am elften Abend nach dem Tod der Bloggerin versammeln sich Frauen vor dem
prachtvoll strahlenden Amtssitz des Premiers Muscat. Aus einem kleinen
Lautsprecher scheppern die Beatles. Viele hier sind bei der PN oder kommen
aus ihrem Umfeld, aber das will keiner hören. Ihre Aktion sei
„überparteilich“, versteht sich. Sie rollen Matten aus und stecken
Zeltstangen zusammen. Lange wollen sie den Platz besetzen. Alle tragen
dasselbe weiße T-Shirt. „Egal, wo du jetzt hinsiehst: Überall sind Gauner.
Es ist zum Verzweifeln“ steht darauf.
Christian Jakob ist Reporter der taz. Sein Interview mit Maltas
Außenminister Carmelo Abela finden Sie auf [8][hier].
28 Oct 2017
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Christian Jakob
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