Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rücktritt im Fall Daphne Caruana Galizia: Fingerzeigen im Kreis
> Der Stabschef von Maltas Premier Muscat ist zurückgetreten. Er wurde mit
> dem Tod der Journalistin Galizia in Verbindung gebracht.
Bild: Malteser*innen fordern den Rücktritt Joseph Muscats, vergangenen Mittwoc…
Berlin taz | Wenn ein Regierungschef bekräftigen muss, dass er nicht
zurückzutreten gedenkt, sieht es meist schlecht aus. So auch für Maltas
sozialdemokratischen Premierminister Joseph Muscat: „Meine Pflicht ist es,
dieses Land zu führen, und nicht, mich meiner Verantwortung zu entziehen“,
[1][twitterte der am Montag].
Tatsächlich wächst sich [2][der Fall der 2017 ermordeten Journalistin
Daphne Caruana Galizia] zu einer veritablen Regierungskrise aus: Am
Dienstag trat Muscats Stabschef Keith Schembri zurück, weil die Polizei ihn
im Fall Galizia vernehmen will. Am Samstag schon war Wirtschaftsminister
Chris Cardona von der Polizei vernommen worden – um „Spekulation
klarzustellen“, wie es in einer Mitteilung der Regierung hieß.
Die Beamten hatten ihn dabei direkt gefragt, ob er in den Mord an Galizia
verwickelt sei oder einen kürzlich festgenommenen mutmaßlichen Mittelsmann
kenne. „Meine Antwort war ‚Nein‘“, zitiert ihn die Zeitung Malta Today.…
am Montagabend forderte Bildungsminister Evarist Bartolo auch seinen
Kabinettskollegen und Parteifreund, den Tourismusminister Konrad Mizzi auf,
zurückzutreten – was dieser jedoch ablehnte.
Die beiden Minister Mizzi und Schembri stehen seit langem im Verdacht, in
einen Korruptionsfall verwickelt zu sein, über den die ermordete Daphne
Galizia als Erste berichtet hatte. Die Sozialdemokraten hatten
Briefkastenfirmen in Panama aufgebaut, über die offenbar
Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe flossen. Trotzdem blieben sie im Amt.
Auch mit dem Wirtschaftsminister Cardona war Galizia aneinandergeraten. Sie
hatte berichtet, dass dieser 2017 ein Bordell in Velbert bei Düsseldorf
besucht hatte. Cardona verklagte sie deshalb.
## Eine Kette von Anschuldigungen
Der kleine Inselstaat, der nicht einmal so viele BürgerInnen hat wie
Nürnberg, ist nun in Aufruhr. Am 14. November hatte die Polizei einen
Taxifahrer namens Melvin Theuma wegen Geldwäschevorwürfen verhaftet. Theuma
schlug der Justiz einen Deal vor: Straffreiheit gegen die Namen der
Hintermänner, die den Autobomben-Mord an Galizia in Auftrag gegeben hatten.
Im Dezember 2017 hatte die Staatsanwaltschaft zwar drei Kriminelle wegen
der Sache angeklagt. Doch ihnen fehlte das rechte Motiv und so blieb offen,
ob es weitere Verantwortliche gibt. Die Familie Galizias glaubt, dass die
korrupten Minister Schembri und Mizzi dahinterstehen.
Theuma nannte jetzt der Polizei den Namen eines bekannten Geschäftmannes:
Yorgen Fenech. Den verhaftete die Küstenwache am vergangenen Donnerstag auf
seiner Yacht. Zwei Tage später kam er offenbar mit Verdacht auf Herzinfarkt
ins Krankenhaus. Gleichzeitig bot auch er sich als Kronzeuge an.
Schembris Name fiel mehrfach in Telefongesprächen zwischen Theuma und
Fenech, es gibt Fotos, die Schembri und Theuma im Regierungssitz Castille
zeigen. Und maltesische Medien berichten, dass Fenech nun Schembri belasten
will.
## Es geht um Gas – aber wie?
Der Hunderte Millionen Euro schwere Unternehmer Fenech [3][hatte 2013 die
Konzession erhalten, auf Malta ein Gaskraftwerk zu bauen]. Galizia hatte
acht Monate vor ihrem Tod über eine Firma in Dubai namens „17 Black
Limited“ geschrieben, die „Verbindungen“ zu maltesischen Politikern habe.
Finanzermittler fanden später heraus, dass „17 Black Limited“ Fenech
gehört.
Im Dezember 2015 tauchten geleakte E-Mails auf, aus denen hervorging, dass
zwei Briefkastenfirmen in Panama, die Konrad Mizzi und Keith Schembri
gehörten, bis zu 2 Millionen Dollar von „17 Black Limited“ bekommen haben …
wofür, blieb unklar. Schembri, Mizzi und Fenech stritten alles ab.
Nach bisherigem Kenntnisstand ist immer noch möglich, dass Theuma und
Fenech die angeschlagenen Minister nur beschuldigen, um selbst nicht wegen
Korruption und Geldwäsche bestraft zu werden – und die Hintergründe am
Galizia-Mord andere sind. Doch für viele auf Malta, allen voran die Familie
der Toten, verdichten sich die Indizien auf ein tödliches Komplott, das vom
halben Kabinett und einem zwielichtigen Geschäftsmann geschmiedet wurde.
Am Dienstag forderten Galizias Angehörige die maltesische Justiz auf,
„Schembri unverzüglich wegen seiner umfangreichen und lang anhaltenden
kriminellen Aktivitäten zu verfolgen“. Europol müsse das
Geldwäsche-Netzwerk, das die Verdächtigen aufgebaut hätten, zerschlagen.
Und schließlich müsse geklärt werden, weshalb Premier Muscat Schembri und
Mizzi drei Jahre lang gedeckt hatte, obwohl alle Fakten gegen sie auf dem
Tisch lagen. Bliebe dies ohne Konsequenzen, „wird es fatale Folgen für die
Demokratie in Malta haben“, heißt es in einer Erklärung der Familie.
Sven Giegold, Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, erklärte am
Dienstag, Schembris Rücktritt sei „überfällig“ gewesen. „Schembris
Verwicklung in die Panama Papers und fragwürdige Geschäfte im Energiesektor
waren jahrelang bekannt“. Zu lange habe Premierminister Muscat den
Kabinettschef geschützt. „Schembri darf nicht das Bauernopfer sein, um von
der Verantwortung Muscats abzulenken.“
26 Nov 2019
## LINKS
[1] https://twitter.com/VellaNigel/status/1198531208273125377
[2] /Mord-an-Journalistin/!5640090
[3] /Auf-Malta-ermordete-Journalistin/!5458468
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Daphne Caruana Galizia
Malta
Pressefreiheit in Europa
Daphne Caruana Galizia
Daphne Caruana Galizia
Malta
Daphne Caruana Galizia
Pressefreiheit in Europa
Malta
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schwester über ermordete Journalistin: „Daphne könnte heute noch leben“
Corinne Vella, Schwester der 2017 ermordeten Journalistin Daphne Caruana
Galizia, erhebt schwere Vorwürfe gegen die maltesische Regierung.
Mordfall Daphne Caruana Galizia: 450.000 Euro für die Tötung
Ein maltesischer Geschäftsmann hat für den Mord an der Journalistin Daphne
Caruana Galizia gezahlt. Das geht aus abgehörten Telefonaten hervor.
Mord an Daphne Caruana Galizia: Eier auf den Premier
In Malta sind drei hohe Regierungsfunktionäre zurückgetreten. Sie werden im
Mordfall der Journalistin Galizia verdächtigt.
Mord an Journalistin: Eine prominente Festnahme
Auf Malta wird im Fall Caruana Galizia ein Geschäftsmann verhaftet. Das
heizt Spekulationen an, dass die Politik in den Mord verstrickt ist.
Tag der Pressefreiheit: Medien in Europa sind frei, außer …
Am 3. Mai schaut man gern in ferne Länder. Aber auch in Europa häufen sich
Angriffe auf den Journalismus.
Auf Malta ermordete Journalistin: Schmiergeld, Öl und Semtex
Warum wurde Daphne Caruana Galizia ermordet? Eine Geschichte über
Schmiergeld, verkaufte Pässe und Briefkastenfirmen – mitten in der EU.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.