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# taz.de -- Die EU und getötete Journalistin Galizia: Lieber weggeschaut
> Die EU hat es lange versäumt, den Vorwürfen der Geldwäsche auf Malta
> nachzugehen. Der Tod der Journalistin Galizia könnte das nun ändern.
Bild: Die Journalistin Daphne Caruana Galizia kam durch eine Autobombe um
Brüssel taz | Der Mord [1][an der maltesischen Journalistin und Bloggerin]
Daphne Caruana Galizia schlägt auch in der EU hohe Wellen. Denn Galizia war
auch in Brüssel keine Unbekannte.
Auf Einladung des Europäischen Parlaments hatte sie im Frühjahr im
Untersuchungsausschuss [2][zum Panama-Geldwäscheskandal] ausgesagt. Für
Aufsehen sorgte vor allem ihr Vorwurf, dass eine in den sogenannten Panama
Papers erwähnte Firma der Frau von Regierungschef Joseph Muscat gehöre.
Die Bloggerin habe mit ihren Enthüllungen „eine entscheidende Rolle bei der
Aufdeckung schwerwiegender Vorwürfe zu Geldwäsche und Korruption in Malta,
einschließlich Anschuldigungen gegen hochrangige Mitglieder der
maltesischen Regierung“ gespielt, sagte der grüne Europaabgeordnete Sven
Giegold.
Ihr gewaltsamer Tod erinnere „an das Italien der 80er Jahre oder an das
Russland unter Putin“, fügte er im Gespräch mit der taz hinzu. Europa habe
„lange weggeguckt“, kritisiert Giegold, auch die EU-Kommission sei den
Vorwürfen nicht nachgegangen.
## Muscat mit breitem Grinsen
Dabei ist seit langem bekannt, dass Korruption und Geldwäsche in Malta ein
großes Problem sind. Der kleine Inselstaat gilt als Steuerparadies, in dem
auch deutsche Konzerne mit zahlreichen Briefkastenfirmen vertreten sind.
Die Enthüllungen in den Panama Papers gaben den Vorwürfen eine neue,
internationale Dimension.
Doch als sie ans Licht kamen, hatte Malta gerade den sechsmonatigen
rotierenden EU-Vorsitz inne. In Brüssel hatte kaum jemand ein Interesse
daran, Premier Muscat in dieser wichtigen Rolle zu stören. Rückendeckung
bekam Muscat auch von den europäischen Sozialdemokraten, denen seine Partit
Laburista (PL) selbst angehört.
Bei einer Anhörung im Europaparlament Mitte Juni, die die konservative
EVP-Fraktion angesetzt hatte, wies Muscat alle Vorwürfe mit einem breiten
Grinsen zurück. Die Vorwürfe gegen seine Frau seien erstunken und erlogen,
behauptete er. Die Abgeordneten seien „Fake News“ aufgesessen, sagte er mit
einem Seitenhieb auf Daphne Caruana Galizia.
Doch Konservative und Grüne ließen nicht locker. Manfred Weber, Chef der
EVP-Fraktion, fragte, warum Muscat einen Minister in seiner Regierung
dulde, dessen Name in den Panama Papers auftaucht. Gemeint war
Tourismusminister Konrad Mizzi. Er soll, genau wie Muscats Kabinettschef
Keith Schembri, Offshore-Firmen in Panama gegründet haben.
## Hoffnung aufs Hinschauen
Der grüne Finanzexperte Giegold verweist zudem auf geleakte Berichte der
maltesischen „Financial Intelligence Analysis Unit“, in denen Schembri der
Korruption beschuldigt werde. Die Polizei auf Malta habe jedoch keine
Ermittlungen aufgenommen.
All das kocht nun wieder hoch – denn in ihrem letzten Blogpost vor ihrem
Tod erhebt Daphne Caruana Galizia erneut schwere Vorwürfe gegen Schembri.
„Der Gauner Schembri war heute vor Gericht und hat behauptet, kein Gauner
zu sein“, so der Titel ihres letzten Eintrags. „Wo du auch hinschaust“,
schloß der Text, „überall sind Gauner. Die Lage ist hoffnungslos.“
Immerhin gibt es nun die Hoffnung, dass die EU doch noch einmal genauer
hinschaut. Parlamentspräsident Antonio Tajani, ein konservativer Italiener,
würdigte Daphne Caruana Galizia als „tragisches Beispiel einer
Journalistin, die ihr Leben geopfert hat, um die Wahrheit ans Licht zu
bringen“.
Am Mittwoch will der Panama-Ausschuss des Parlaments über seinen
Abschlussbericht abstimmen. Dann dürften auch die Vorwürfe gegen Malta und
dessen Premier Muscat noch einmal zur Sprache kommen.
In der vorläufigen Endfassung des Panama-Berichts seien seine
Änderungsanträge zu Malta allerdings nicht berücksichtigt worden,
kritisiert Giegold. Die Mehrheit der Abgeordneten sei gegen ein „Naming and
shaming“ – sie scheut sich offenbar, Roß und Reiter zu nennen.
17 Oct 2017
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## AUTOREN
Eric Bonse
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Malta
Panama Papers
Steueroase
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Schwerpunkt Pressefreiheit
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EU
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