| # taz.de -- Etwas Demokratie wagen: „Wir sollten gesprächsbereit sein“ | |
| > Die FDP soll in Niedersachsen mit Grünen und SPD verhandeln, wenn die | |
| > große Koalition nicht klappt – fordert ihre Nachwuchsorganisation, die | |
| > JuLis | |
| Bild: Pinke, gelbe und auch blaue Julis gibt's schon. Sogar grüne wären in Ni… | |
| taz: Frau Röckendorf,warum klammert sich die FDP in Niedersachsen so an die | |
| CDU? | |
| Mareike Röckendorf: Wir haben bei der SPD und den Grünen in den vergangenen | |
| fünf Jahren einfach ganz arge Probleme gesehen. Unsere Schnittmengen hatten | |
| wir meist mit der CDU. Deswegen war es vor der Wahl vermutlich der erste | |
| Gedanke, eine Ampel-Koalition auszuschließen. Aber in anderen Bundesländern | |
| haben wir sehr wohl gezeigt, dass wir in verschiedenen Konstellationen | |
| erfolgreiche liberale Politik machen können. | |
| Und zwar? | |
| In Schleswig-Holstein haben wir eine Jamaika-Koalition und das war im | |
| Nachhinein auch gar kein Problem. In NRW machen wir erfolgreiche Politik | |
| mit der CDU und in Rheinland-Pfalz sind wir ja schon in einer Ampel. Ein | |
| Klammern an die CDU sehe ich nicht mehr so stark. | |
| Hätten Sie eine Regierung mit SPD und Grünen in Niedersachsen gut gefunden? | |
| Es geht vor allem darum, dass man überhaupt miteinander redet. Dann kann | |
| die Partei entscheiden. Zeigt die Ampel grün und man kann in eine Koalition | |
| gehen oder rot, weil die Schnittmengen doch nicht reichen? | |
| Also wäre es Ihnen wichtig gewesen, dass sich Ihre Parteispitze über | |
| Inhalte mit der SPD unterhalten hätte, statt dort nur einen Kaffee zu | |
| trinken? | |
| Absolut. Da hätte man schon eine Kanne hinstellen müssen. Die FDP hätte die | |
| Koalition nicht schon vor der Wahl ausschließen dürfen. Ich selbst bin nach | |
| der Bundestagswahl 2013 in die Partei eingetreten und habe den | |
| Erneuerungsprozess intensiv begleitet. Diese Ausschließeritis passt für | |
| mich nicht dazu. Ich erlaube mir kein Urteil, ob die Mehrheit der Partei | |
| für oder gegen eine Ampel ist. Das wurde aber auch nicht geklärt. | |
| Der Vorstand hat die Ampel-Absage im Alleingang beschlossen, statt die | |
| Mitglieder zu befragen. | |
| Wir haben uns keine demokratische Legitimation geholt. Das ist mein | |
| Kernproblem. Die Jungen Liberalen haben beim letzten Landesparteitag der | |
| FDP im August – deutlich vor dem Wahltermin – einen Antrag eingereicht, in | |
| dem wir darüber abstimmen lassen wollten, ob der Landesvorsitzende eine | |
| Koalitionsaussage macht. Dieser Antrag ist nicht beraten worden. | |
| Warum sind die Jungen Liberalen (Julis) mit der Forderung nach | |
| Sondierungsgesprächen nicht durchgedrungen? | |
| Tatsächlich haben die Jungen Liberalen diesen Beschluss ja erst am | |
| Wochenende gefasst. Unser Landesvorstand hat noch am Donnerstag ein Papier | |
| veröffentlicht, in dem stand, dass man beim Nein zur Ampel bleiben muss. | |
| Aber die 150 Teilnehmer des Kongresses am Wochenende haben sich für die | |
| Forderung entschieden, dass – wenn die Groko-Verhandlungen scheitern – man | |
| die Ampel sondieren muss. Genau so einen demokratischen Prozess hätten wir | |
| uns von der Partei gewünscht. | |
| Die FDP hatte eine Koalition mit SPD und Grünen vor der Wahl | |
| ausgeschlossen. Hätten Sie es legitim gefunden, wenn die Partei trotzdem | |
| ernsthafte Gespräche geführt hätte? | |
| Man hätte zumindest in der Partei darüber diskutieren müssen. Wir sind eine | |
| demokratische Partei und sollten nach einem Wahlabend gesprächsbereit sein. | |
| Es darf nicht die Parteitaktik im Vordergrund stehen, sondern die Suche | |
| nach Lösungen. | |
| Landeschef Stefan Birkner wird Angst gehabt haben, sein Gesicht zu | |
| verlieren. | |
| Es ist die Frage, was schlimmer ist und ob man persönliche Befindlichkeiten | |
| in den Vordergrund stellen sollte. Letztendlich sind wir eine Partei. Die | |
| Wähler haben uns einen Auftrag mitgegeben und gerade im Jungwählerbereich | |
| gibt es den Wunsch, dass die FDP an der Regierung beteiligt ist. | |
| Verantwortung zu übernehmen, halte ich nicht für einen Gesichtsverlust. Es | |
| ist eher schwierig, eine Blockadehaltung einzunehmen. | |
| Die FDP hat als Grund für den Ampel-Ausschluss die Grünen genannt hat, bei | |
| einer Jamaika-Koalition hätte sie aber mitgemacht. Widersprüchlich. | |
| Bei einer Ampel könnte bei vielen Wählern auch der Eindruck entstehen: Die | |
| verlängern jetzt doch nur die alte rot-grüne Koalition. Und Jamaika wäre in | |
| der Tat ja etwas völlig anderes. | |
| Warum sind die Julis trotzdem gegen die Koalition? | |
| Jamaika kann nur die Lösung nach dem Scheitern aller Verhandlungen mit der | |
| SPD sein, weil die der klare Wahlsieger ist. Wir als Julis haben in den | |
| letzten Jahren häufiger Schnittmengen mit der SPD festgestellt, die unsere | |
| Partei vielleicht nicht sieht. Ganz zentral ist für uns da das Thema | |
| Wahlrecht ab 16 Jahren. Mit der CDU ist da kein Millimeter Bewegung zu | |
| erreichen. | |
| Wenn es wieder Opposition heißt, was müssen die Liberalen anders machen als | |
| bisher? | |
| Sie müssen sich organisatorisch, inhaltlich und strukturell anders | |
| aufstellen, um Gehör zu bekommen. | |
| Das heißt, sie müssen alles anders machen? | |
| Nicht alles, aber sie sollten einen anderen Fokus setzen. Die FDP muss etwa | |
| im Social-Media-Bereich stärker agieren. Dadurch erreicht man gerade die | |
| Zielgruppe, die die FDP sehr stark gewählt hat: die Jung- und Erstwähler. | |
| Inhaltlich sollte man die Themen ansprechen, die der Groko weh tun und wo | |
| sie sich untereinander nicht einig sind – zum Beispiel beim Wahlalter. | |
| Haben Sie Sorge, dass die FDP zwischen Grünen und AfD in der Opposition | |
| untergeht? | |
| Das glaube ich nicht, weil wir starkes Personal haben, das den Landtag in | |
| der vergangenen Legislatur schon gut beschäftigt und Fehler der Regierung | |
| aufgezeigt hat. Das werden wir auch weiterhin so machen. Wir haben auch | |
| starkes junges Personal. | |
| Aber die Abgeordneten sind doch alle schon relativ alt. | |
| Björn Försterling ist weiterhin Mitglied der Jungen Liberalen. | |
| Mit 35 Jahren. | |
| Er ist tatsächlich in seiner Endphase bei uns, aber als ehemaliger | |
| Landesvorsitzender haben wir einen sehr guten Draht zu ihm. Aber natürlich | |
| hätten wir uns gewünscht, dass noch jüngere Abgeordnete in den Landtag | |
| einziehen. Da werden wir bei zukünftigen Listenaufstellungen stärker drauf | |
| drängen, dass sämtliche Bevölkerungsgruppen auf der Liste dargestellt | |
| werden. | |
| Mit einer Quote? | |
| Nein. | |
| Die Julis wollen, dass die FDP nicht länger eine Klientelpartei ist. Wie | |
| soll das klappen? | |
| Der Erneuerungsprozess der Bundespartei war sehr erfolgreich. Wenn uns | |
| Kompetenzwerte zugesprochen werden, sind das ja gar nicht mehr unbedingt | |
| die Klientelbereiche. Gerade die jungen Wähler sind nicht die klassischen | |
| Besserverdienenden. | |
| Aber vielleicht die, die darauf hoffen. | |
| Das stellen Sie jetzt so dahin. Ich glaube, jeder sollte die besten Chancen | |
| haben, im Leben etwas aus sich zu machen. Und nicht für jeden hängt das | |
| Lebensglück davon ab, wie der Kontostand aussieht. | |
| 7 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Andrea Scharpen | |
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