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# taz.de -- Niedersächsischer Koalitions-Poker: Stillstand an der Leine
> Niedersachsens FDP will eine große Koalition provozieren und sperrt sich
> gegen ein Ampelbündnis.
Bild: Erwartungen auf den Kopf gestellt: CDU-Spitzenkandidat Althusmann wird ab…
Hamburg taz | Es ist die FDP, die in Niedersachsen die Regierungsbildung
maßgeblich bestimmen will – durch Verweigerung. „Zu 100 Prozent“ wollen …
Liberalen keine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen eingehen und erzwingen
so geradezu eine große Koalition in Hannover. Ein solches Bündnis des
gesellschaftlichen Stillstands, wurde gerade erst vor drei Wochen im Bund
krachend abgewählt – die FDP weist den Weg nach vorgestern.
Die Landtagswahl vom Sonntag bietet das Bild eines politisch gespaltenen
Flächenlandes. Tiefschwarz ist Niedersachsens Norden entlang der Elbe sowie
die Lüneburger Heide, tiefschwarz auch der agrar-dominierte Südwesten.
Dazwischen schiebt sich ein roter Keil von Göttingen und Wolfsburg bis nach
Ostfriesland. Mit zusammen gut 70 Prozent der Zweitstimmen sind SPD und CDU
noch echte Volksparteien, die vier kleinen Parteien Grüne, FDP, AfD und
Linke vereinigen zusammen gerade mal ein Viertel der Stimmen. Den Trend zur
parlamentarischen Zersplitterung macht Niedersachsen mit fünf
Landtagsfraktionen nicht mit – anders als jüngst der Bund und im Mai
Schleswig-Holstein mit je sechs. Deshalb würde eine rot-schwarze Übermacht
mit einer erdrückenden Zwei-Drittel-Mehrheit von 105 der 137 Mandate den
Wählerwillen konterkarieren.
Die Liberalen befürchten, in einer rot-grün-gelben Regierung zum reinen
Mehrheitsbeschaffer degradiert zu werden: Selbstbewusstsein sieht anders
aus. Möglicherweise haben sie auch Order aus Berlin, wegen der dortigen
Jamaika-Verhandlungen jedes Störfeuer zu unterlassen. Und sie spekulieren
darauf, dass es doch noch zu einem Jamaika-Bündnis unter Führung des
CDU-Wahlverlierers Bernd Althusmann kommt. In einer solchen Konstellation
hätten die Liberalen einen starken Partner an ihrer Seite, um die Grünen zu
zähmen.
Die niedersächsische Grünen-Chefin Meta Janssen-Kucz warnt vor einer
Koalition aus SPD und CDU im Land. „Eine große Koalition würde Stillstand
bedeuten. Und Stillstand befördert Unzufriedenheit und damit die
Rechtspopulisten“, sagte Janssen-Kucz. Deshalb wollten sich die Grünen den
Weg in eine Jamaika-Koalition offen halten.
Dabei finden sich im künftigen Landtag, unabhängig von der
Regierungskonstellation, einige illustre Politikerinnen wieder. Im Team
erfolgreich waren „Boris & Doris“ von der SPD, wie Innenminister Boris
Pistorius und die Abgeordnete und Ex-Kanzler-Gattin Doris Schröder-Köpf
genannt werden, seitdem ihre Beziehung öffentlich ist. Beide gewannen ihre
Wahlkreise in Osnabrück-West und Hannover-Döhren deutlich. Genau wie
Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), dem die Wähler die Skandale um die
Vergabe öffentlicher Aufträge in seinem Ministerium offenbar nicht
nachgetragen haben: Er fuhr eines der besten SPD-Ergebnisse ein und gewann
den Wahlkreis Friesland mit 54,2 Prozent.
Ganz schön knapp wurde es für den Spitzenkandidaten der CDU. Bernd
Althusmann oder „Bernie“, wie ihn die Junge Union wohlwollend getauft hat,
hat seinen Wahlkreis Seevetal mit 38,6 Prozent gerade so gewonnen. Sein
Konkurrent von der SPD bekam 36,7 Prozent der Stimmen. Gesetzt war dieser
Sieg nicht, denn die Region südlich von Harburg ist nicht Althusmanns
Stammwahlkreis. Der Spitzenkandidat musste sich beim frühmorgendlichen
Kaffeeausschenken an Pendler überhaupt erst bekannt machen.
Nicht gereicht hat es bei der Direktwahl für den Ex-Abschiebeminister der
CDU, Uwe Schünemann – mal wieder. Schon bei der vergangenen Landtagswahl
kam er nur als Nachrücker in den Landtag und auch die Landratswahl in
Hameln-Pyrmont verlor er krachend. Aber er bekommt sein Trostmandat über
die Landesliste.
17 Oct 2017
## AUTOREN
Andrea Scharpen
Sven-Michael Veit
## TAGS
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