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# taz.de -- Architektin über Denkmalschutz: „Kein Nischenthema“
> Wird in Hamburg besonders viel Altes abgerissen? Schon, sagt Kristina
> Sassenscheidt vom dortigen Denkmalverein – und das sei auch ein
> ökologisches Problem.
Bild: Weg damit: Der Denkmalschutz iist in Hamburg strukturell schlecht aufgest…
taz: Frau Sassenscheidt, versuchen wir es gleich mit einer ganz großen
Frage: Wie ist es in Hamburg um den Denkmalschutz bestellt?
Kristina Sassenscheidt: Gut und schlecht zugleich. Gut, weil sich viele
Hamburger sehr mit ihrer Stadt identifizieren und ihre Altbauten lieben.
Schlecht, weil der Denkmalschutz strukturell eher schwach aufgestellt ist.
In erster Linie, was die staatliche Kommunikation angeht: Sobald Themen
politisch schwierig werden, bekommt das Denkmalschutzamt einen Maulkorb.
Und es gibt im Amt kaum Kapazitäten zur Denkmalsvermittlung.
Wozu führt das?
Dass sich viele Leute fragen: Warum machen die nichts? – und das Amt
grundsätzlich infrage stellen. Hinzu kommt: Dadurch, dass der
Denkmalbestand durch das Fortschreiten der Zeit immer weiter zunimmt,
müsste eigentlich auch die Zahl der Stellen im Amt zunehmen, was sie aber
nicht tut. Aktuell ist der Druck auf die Altbauten besonders hoch, weil die
Stadt wächst, und die Losung des Senats lautet: Wir brauchen mehr
Neubauten.
Ist der Hamburger Kaufmann kaltschnäuziger, wenn es um seine Altbauten
geht, als etwa die Bewohner ehemaliger Residenzstädte?
Der Kaufmannsgeist trägt sicher dazu bei, dass es sich kurzfristig lohnen
muss, etwas zu sanieren. Und dann sind in der deutschen Bauwirtschaft die
Löhne relativ hoch, die Materialkosten aber relativ niedrig. Bei Neubauten
gehen dadurch 80 Prozent ins Material und nur 20 Prozent in die Löhne –
beim Altbau ist das Verhältnis genau umgekehrt, auch, weil man vorhandenes
Material weiter nutzt. Das ist ökologisch natürlich viel sinnvoller, aber
ökonomisch bildet sich das leider noch nicht ab. Volkswirtschaftlich wird
die Gesellschaft den Schaden mittelfristig mit dem Klimawandel zu tragen
haben: Unsere ökologische Bilanz ist ja viel schlechter, wenn wir ständig
abreißen und neu bauen.
Ein relativ frischer Fall, in dem Investoreninteresse und Denkmalschutz
kollidieren, ist der des Commerzbank-Ensembles in der Altstadt.
Der Fall ist typisch für den Umgang mit der Nachkriegsmoderne, und das
leider nicht nur in Hamburg: Da gibt es ein Ensemble mit einem Altbau, der
bereits mehrfach überformt wurde und deshalb nicht mehr denkmalwürdig ist,
und daneben steht ein qualitätsvolles Hochhaus aus den frühen 60er-Jahren.
Die breite Öffentlichkeit möchte den Altbau erhalten und sieht keinen Wert
im Nachkriegsbau. Dann ruft noch die Politik nach Abriss, statt die
Einschätzung des Denkmalschutzamtes mitzutragen – da hat ein solches
Denkmal natürlich keine Chance mehr.
Stichwort Politik: Diese Woche treffen Sie sich mit allen
Bürgerschaftsfraktionen …
Immer zum Beginn und zur Hälfte der Legislaturperiode laden wir gemeinsam
mit der Patriotischen Gesellschaft zur öffentlichen Politiker-Diskussion.
Weil dann kein Wahlkampf ist und man die Leute auf eine gewisse Haltung und
konkrete Entscheidungen festnageln kann. Und wir haben festgestellt, dass
über die Jahre das Bedürfnis der Öffentlichkeit enorm gewachsen ist, sich
auszutauschen. Damit komme ich zum Ausgangspunkt zurück: Denkmalschutz ist
kein Nischenthema.
Und diesem Interesse, also dieser Debatte, sieht sich auch der
[1][Denkmalverein] verpflichtet?
Wir sehen unsere Aufgabe in erster Linie darin, als politisch unabhängige
Stimme die öffentliche Debatte anzuregen und den Menschen zu vermitteln,
warum Denkmäler wichtig sind.
Diskussion „Zahnloser Tiger? Denkmalschutz im Spannungsfeld der Politik“:
Do, 12. 10., 19 Uhr, Patriotische Gesellschaft, Trostbrücke 4–6, Hamburg
9 Oct 2017
## LINKS
[1] http://www.denkmalverein.de
## AUTOREN
Alexander Diehl
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Nachhaltigkeit
Architektur
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