# taz.de -- Altstadt-Initiative präsentiert Ideen: Herzmassage für Hamburg | |
> Mehr Wohnen, weniger Verkehr: Die Initiative „Altstadt für Alle!“ macht | |
> Vorschläge, wie sich das Zentrum wiederbeleben ließe. | |
Bild: Autogerecht: Die stark befahrene Willy-Brandt-Straße führt quer durch H… | |
Hamburg taz | Vom Zuspruch seien sie überrascht gewesen: Als gestern die | |
Sprecher der [1][Initiative „Altstadt für Alle!“] zum Pressetermin in das | |
Gewölbe der Patriotischen Gesellschaft baten, konnten sie auf ein | |
erfolgreiches Wochenende zurückblicken, allerdings jenes eine Woche zuvor: | |
Rund 100 Menschen hatten sich am 7. Oktober in der Planungswerkstatt „Mut | |
zu Stadt“ daran gemacht, Ideen zu entwickeln für die Wiederbelebung der | |
Hamburger Altstadt. | |
Bei einer Auftaktdiskussion am Abend zuvor hatten rund 200 Menschen | |
zugehört oder mitdiskutiert, und nochmal 40 Spaziergänger hatten sich an | |
jenem Freitagnachmittag erklären lassen, mit welchen teils simpel | |
erscheinenden Werkzeugen etwa das Kopenhagener Stadtentwicklungsbüro Jan | |
Gehl die dänische Hauptstadt fußgänger- und radlerfreundlicher gemacht | |
habe. | |
Das zeige doch, war nun der Tenor, wie groß das Interesse in der Stadt sei | |
– an dem, was werden soll aus ihrem Herzen. Und mit dem Nachdenken über | |
beziehungsweise auch dem Ruf nach einer neuen Mischung und mehr Leben sieht | |
sich die Initiative ganz im Einklang mit Großtrends nicht nur in den | |
europäischen Metropolen. | |
Vier Felder hatte sich die Planungswerkstatt vorgenommen: Wohnen, Arbeiten, | |
Begegnung und Kultur sowie Mobilität. Welche Ideen dabei ausgebrütet und | |
diskutiert worden waren, das präsentierten nun sichtlich ermutigt Johannes | |
Jörn (Patriotische Gesellschaft), Jörg Herrmann, (Evangelische Akademie der | |
Nordkirche), die Stadtplaner Ingrid Spengler und Dieter Läpple, St. | |
Katharinen-Pastor Frank Engelbrecht sowie der Journalist Florian Marten. | |
Geradezu unterbevölkert sei die Hamburger Altstadt: Marten wies hin auf | |
Städte wie Wien, in denen bis zu viermal so viele Menschen je | |
Innenstadt-Quadratkilometer leben. Die Zahl der Altstadt-Bewohner liegt in | |
Hamburg heute sogar erheblich unter der im Jahr 1950 – was einen Teil der | |
Erklärung liefert für das sichtliche Aussterben, sobald die Geschäfte | |
schließen. In der Werkstatt wurde nun unter anderem nachgedacht über eine | |
Umnutzung von Parkhäusern wie dem in der Gröninger Straße. | |
Ein anderer wesentlicher Faktor für die von vielen wahrgenommenen | |
Unwirtlichkeit des Zentrums ist die zuallererst autofreundliche | |
Verkehrsplanung, insbesondere Hamburgs große „Ost-West-Schneise“, also die | |
Bundesstraße 4 zwischen Deichtor- und Millerntorplatz: 75.000 Fahrzeuge | |
täglich, das ist so viel wie auf der Autobahn 7 am Maschener Kreuz. Die | |
Planungswerkstatt formulierte als Ziel eine „Zurückgewinnung der | |
wesentlichen Innenstadtqualitäten“ durch teilweisen Rückbau der alles | |
zerschneidenden Durchgangsstraße, flankiert etwa durch „Fahrrad-Highways“ | |
auf Auto-Kosten, eine auf ihr verkehrende neue Buslinie in | |
Ost-West-Richtung, die Verbannung des Lkw-Verkehrs oder – „in Hamburg | |
derzeit politisch tabu“ – das Erheben einer City-Maut. | |
Auch über einen besonders prominenten Ort hat man sich Gedanken gemacht: | |
den Rathausmarkt, dem Läpple eine Renaissance als Bühne des Bürgertums | |
wünschte. Dazu könnte aus Sicht der Workshop-Teilnehmer eine Verlegung der | |
Bushaltestellen – zugunsten von mehr Sonnenseite für die Menschen –ebenso | |
beitragen wie etwa eine Übertragung wichtiger Bürgerschafts- oder auch | |
Ausschussdebatten nach draußen: Polit-Public-Viewing also. | |
Apropos Politik: Ob sie mit all diesen guten Ideen nun zum Bürgermeister | |
gehen, das wurden die Altstadt-Initiativler gefragt, was die aber | |
verneinten: Das stehe erst am Ende. Im kommenden Monat sucht man nun erst | |
mal das Gespräch mit den „Stakeholdern“, also mit all den | |
Innenstadt-Akteuren, die die Veränderungen beträfen. | |
Und während es bis zu einem Rückbau der Willy-Brandt-Straße ein weiter Weg | |
sein dürfte, ließen sich manch andere Ideen sehr viel schneller umsetzen: | |
So sei die Initiative im Gespräch mit den neuen Eigentümern des | |
Commerzbank-Areals. Wenn das demnächst neu bebaut wird, hofft die | |
Initiative darauf, dass es für das normale Publikum passierbar bleibt – | |
ganz im Sinne einer inneren Stadt, die nicht nur Büros kennt und | |
Einkaufsmeilen. | |
17 Oct 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.patriotische-gesellschaft.de/de/unsere-arbeit/stadt/altstadt-fu… | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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