# taz.de -- Rücktritt nach taz/NDR-Enthüllungen: Protokolle eines AfD-Politik… | |
> Der Schweriner Fraktionsvize Arppe schrieb in Chats über | |
> Vergewaltigungsfantasien und beleidigte Parteikollegen. Er trat zurück. | |
Bild: Holger Arppe, Fraktionsvize der AfD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern… | |
Hamburg taz | Die politische Karriere des stellvertretenden | |
Fraktionsvorsitzenden der AfD in Mecklenburg-Vorpommern ist beendet. Am | |
Donnerstag gab Holger Arppe [1][seinen Austritt aus Fraktion und Partei | |
bekannt]. Der Rücktritt folgt auf Recherchen des NDR und der taz, die Arppe | |
gebeten hatten, zu Aussagen in Chatprotokollen Stellung zu nehmen. | |
In den rund 12.000 Seiten umfassenden Protokollen beleidigt Arppe offenbar | |
Parteikollegen, politische Gegner und außerparlamentarische Bündnispartner | |
heftig. Seine Angriffe wechseln zwischen alltäglichen Banalitäten und | |
brutalen Gewalt- und Vergewaltigungsfantasien. | |
Den AfD-Bundesvize und Bundestagsspitzenkandidat Alexander Gauland | |
bezeichnete Arppe demnach am 23. Januar 2014 als „Arschloch“. Mit derselben | |
Bezeichnung betitelt Arppe nach den Chat-Protokollen am 12. April 2015 | |
seinen Fraktionsvorsitzenden Leif-Erik Holm. Wenige Monate zuvor, am 24. | |
Januar desselben Jahres, schreibt demnach Arppe, der seit 2014 für die AfD | |
in Rostock in der Bürgerschaft sitzt, über die AfD-Europaabgeordnete und | |
Bundesvizevorsitzende Beatrix von Storch: „Nichts gegen Frau von Storch | |
aber die hätte auch mal ein Mann gewesen sein können. Ich glaube, die steht | |
auf ganz abgefahrene Sachen… die Großherzogin von Oldenburg“. | |
Am Dienstagmittag konfrontierten taz und NDR Arppe mit den Vorwürfen und | |
baten um Stellungnahme bis Mittwoch. Arppe könne auch darlegen, dass die | |
Formulierungen nicht von ihm stammen. Die Anfrage blieb unbeantwortet. | |
## Brutale Sexfantasien | |
Am Donnerstag behauptete Arppe in der neu-rechten Wochenzeitung Junge | |
Freiheit allerdings: „Angesichts der gegen meine Person erhobenen Vorwürfe, | |
die auf illegal beschafften angeblichen Chatprotokollen beruhen, ist mein | |
wichtigstes Anliegen der Schutz meiner Partei, der Alternative für | |
Deutschland.“ Von den ihm unterstellten Äußerungen würde er sich jedoch | |
„klar distanzieren“. | |
In Mecklenburg-Vorpommern war Arppe von Februar bis November 2014 | |
AfD-Landessprecher. In den Chatprotokollen stechen neben den Beleidigungen | |
gegen Parteikollegen vor allem sexuelle Ausfälle heraus. In einem Chat vom | |
17.3.2012 fantasiert Arppe laut den Chat-Protokollen, wie er mit einem | |
Freund gegen einen Bekannten vorgehen könnte: „Vielleicht sollten wir | |
(Name) Mutter entführen, sie brutal vergewaltigen lassen von einem wilden | |
Schimpansen und ihm (dem Bekannten) dann jeden Tag einen Finger | |
zuschicken“, schreibt er am 17. März 2012. | |
Im Chat schwärmt er am 13. Oktober 2011, dass man „auf so'ner Springburg | |
(…) schön ficken“ kann. „Hunderte Kinder und deren Familien stehen um die | |
Hüpfburg herum und gucken“ schreibt er. Und weiter: „Dann wollen die Kinder | |
alle mitspielen. So´n schönes zehnjähriges Poloch ist sicher schön eng…“ | |
Am 16. Februar 2012 schreibt er: „Dann besaufen wir uns hemmungslos und | |
pissen alles voll. Anschließend laden wir uns einen Stricher ein, | |
vergewaltigen ihn und essen danach seine Leiche auf“. | |
## Wegen Volksverhetzung verurteilt | |
2015 verurteilte das Amtsgericht Rostock Arppe in erster Instanz zu einer | |
Geldstrafe wegen eines volksverhetzenden Internet-Kommentars. Die Richter | |
sahen es als erwiesen an, dass Arppe 2010 in einem anonymen | |
Internet-Beitrag gegen Muslime gehetzt habe. Arppes Verteidigung stritt die | |
Urheberschaft ab. | |
In dem Chat überlegt Arppe offenbar mit Mitstreitern, wie diese | |
Anschuldigung womöglich durch eine gezielte Diskreditierung eines | |
Lokaljournalisten torpediert werden könnte. Am 13. Februar 2014 überlegten | |
sie, ob man im Namen des Journalisten der „Ostsee-Zeitung“ Nutzerkonten | |
eröffnen könne, um Hassbotschaften im Internet zu verbreiten und ihn damit | |
zu diskreditieren. | |
Auch zu anderen Parteien äußert sich Arppe nach taz-Recherchen: „Da muss | |
man einfach ausrasten und erstmal das ganze rotgrüne Geschmeiß aufs | |
Schafott schicken. Und dann das Fallbeil hoch und runter, dass die Schwarte | |
kracht!“ schreibt er am 11. August 2015 und schiebt nach: „Wir müssen ganz | |
friedlich und überlegt vorgehen, uns ggf. anpassen und dem Gegner Honig ums | |
Maul schmieren aber wenn wir endlich soweit sind, dann stellen wir sie alle | |
an die Wand. (…) Grube ausheben, alle rein und Löschkalk oben rauf“. | |
## Nähe zu den Idenitären | |
Im Landesverband der AfD trat Arppe von Beginn seines Engagements an stark | |
rechts orientiert auf. Er setzte sich für den Thüringer | |
Landtagsfraktionschef und Landesvorsitzenden Björn Höcke ein, der wegen | |
kontroverser Äußerungen in die öffentliche Kritik geraten war. 2016 | |
besuchte er dessen „Flügel“-Treffen am Kyffhäuser-Denkmal. Im | |
Landtagswahlkampf sprach sich Arppe gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss der | |
AfD mit der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) aus. | |
Bei einer Veranstaltung des „Compact“-Magazins um Jürgen Elsässer im | |
Schweriner Amedia Plaza Hotel zum Thema „Islam – Gefahr für Europa“ lobte | |
er die IB: „Die Leute von der IB sind intelligent. Die sind klug, die sind | |
gewitzt, die sind kreativ und genau deswegen hat das System Angst vor | |
diesen Leuten und hetzt ihnen den Verfassungsschutz auf den Hals“, sagte | |
Arppe und wandte sich „ganz klar“ gegen diese „Abgrenzerei und | |
Distanziererei“ gegenüber der IB. | |
Die Chat-Einträge belegen, dass Holger Arppe eng mit der Identitären | |
Bewegung in Rostock verwoben ist. Mit dem führenden Aktivisten Daniel Fiß | |
tauschte er sich über Monate hinweg zu Strategien und Veranstaltungen aus. | |
Am 15. Oktober 2015 fragt er Fiß: „Daniel könnten von Euch welche als | |
Ordner fungieren bei unserer Demo am Samstag? Wir brauchen noch ein paar | |
ordentliche Nazis als Freiwillige.“ | |
Fiß, der früher bei der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ | |
aktiv war, stellt drei Leute ab. Von Fiß schwärmte Arppe bereits Monate | |
zuvor. Am 7. Juli 2015 schrieb er: „Diesen Revoluzzergeist brauchen wir! | |
Der Fiß ist ein absolutes Muss für unsere Partei. Seine Vergangenheit | |
interessiert mich einen Scheißdreck“. | |
Im Juli 2016 berichtet Fiß Arppe von einer Anfrage eines Journalisten zur | |
Verbindung der beiden und führt aus: „Ich habe die organisatorische | |
Verbindung und persönliche Kontakte grundsätzlich verneint, da dies vor der | |
Wahl vllt. nicht so günstig wäre. Falls der bei euch auch nochmal nachfragt | |
wollte ich nur Bescheid geben, dass da keine Widersprüchlichkeiten | |
entstehen“, so Fiß. | |
## Auslandsbesuche und Umsturzpläne | |
In den Chat-Protokollen berichtet Arppe von einem Auslandsbesuch. „In Polen | |
ist die Welt noch in Ordnung. Ich bin fünf Stunden durch Breslau gelaufen | |
und habe weder ein Kopftuch, noch einen einzigen Neger gesehen“ schreibt | |
der Autor im August 2015. | |
Im selben Gespräch phantasiert der Arppe laut Chat-Protokollen gemeinsam | |
mit anderen Parteimitgliedern von einem gewaltsamen Umsturz der | |
Bundesrepublik und wie man „durch ständige Stichelei das System zu | |
destabilisieren“ gedenke. | |
In was für einem Staat er stattdessen leben möchte, führt er am 14. Juli | |
2015 aus: „Ich habe jetzt eine Vision: wenn es hier in Deutschland gut | |
läuft, werden wir am Ende so eine Art Apartheidstaat haben wie damals in | |
Südafrika, wo die Weißen den Rest einfach nur irgendwie in Schach halten.“ | |
In den Chat einer Facebook-Gruppe äußert Arppe sich wohl auch zum Fall des | |
damaligen FDP-Kommunalpolitikers Jan Jendrik H. Am vergangenen Montag | |
hatten Beamte der Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei das Haus des | |
Rostocker Kommunalpolitikers und Rechtsanwalts durchsucht. | |
## „Es gibt keine Todesliste“ | |
Die Generalbundesanwaltschaft wirft ihm vor, [2][zusammen mit einem | |
Kriminaloberkommissar der Polizeiinspektion Ludwigslust eine schwere | |
staatsgefährdende Gewalttat vorzubereiten]. Im Falle einer Krise hatten die | |
Beiden mutmaßlich Linke ermorden zu wollen. | |
„In keiner Weise existiert eine sogenannte und wie auch immer geartete | |
‚Todesliste‘“, erklärte H., der stellvertretender Vorsitzender der | |
„Unabhängigen Bürger für Rostock“ (UFR) ist, und betonte, dass Gewalt f�… | |
ihn „kein Mittel der politische Auseinandersetzung“ sei. | |
Arppe berichtet anderes. Nach einem Grillabend bei einem Freund und | |
Kollegen von der FDP schreibt er laut Chat-Protokollen am 3. Mai 2015, dass | |
sein FDP-Kollege gesagt habe: “‚Manche Leute in der Bürgerschaft kann ich | |
mir nur mit einem Loch im Kopf vorstellen, sonst ertrage ich diese linken | |
Schweine nicht‘.“ | |
Im selben Monat schreibt der Autor Parteikollegen: „Der Typ würde perfekt | |
in unsere Reihen passen. Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten | |
Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken | |
irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.“ | |
## Erleichterung bei den Parteikollegen | |
In der eigenen Partei ist man offenbar froh, dass Holger Arppe nun von | |
seinen Ämtern zurückgetreten ist und die Partei verlässt. Der | |
AfD-Fraktions- und Landeschef Leif-Erik Holm nannte die Entscheidung von | |
Arrpe „konsequent“. Co-Landessprecher Bernhard Wildt sagte, die | |
Entscheidung sei zwingend notwendig, sollten die im Raum stehenden | |
Äußerungen wirklich von Arppe stammen. | |
Dieser begründete seinen Austritt am Donnerstag. Er wolle Schaden von | |
Fraktion und Partei abwenden. „Das wird mich freilich nicht davon abhalten, | |
auch in der Zukunft zum Wohle meines Vaterlandes zu arbeiten“, sagte Arppe | |
und erklärte, sein Landtagsmandat auch nach dem Austritt aus der Fraktion | |
behalten zu wollen. | |
31 Aug 2017 | |
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