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# taz.de -- Gewaltverherrlichende Chatprotokolle: AfD-Kader soll einpacken
> In Mecklenburg-Vorpommern hat der ehemalige Fraktionsvize der AfD, Holger
> Arppe, einen schweren Stand. Die Partei will ihn ausschließen, er aber
> will nicht gehen.
Bild: Erst reuig, dann kämpferisch: Holger Arppe
HAMBURG taz | Die Fraktion der AfD hat Holger Arppe schon verlassen und
eigentlich wollte er auch aus der Partei austreten. Doch dann erklärte der
ehemalige Vize der AfD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern am
Freitag überraschend, seine Parteizugehörigkeit doch nicht beenden zu
wollen.
Gut einen Monat nachdem er mit Chatprotokollen konfrontiert wurde, in denen
unter seinem Namen neben den alltäglichen Banalitäten auch brutale Gewalt-
und Vergewaltigungsfantasien aufgeführt waren, erschien Arppe erstmals
wieder in der Öffentlichkeit. Er kam zur Mitgliederversammlung des
Kreisverbandes Vorpommern-Greifswald und erklärte dort, nicht austreten zu
wollen. Der AfD im Land macht die Affäre so weiter zu schaffen. Sie will
ihn nun aus der Partei ausschließen.
Ende August hatte Arppe, der sich selbst als standhaften hartgesottenen
Patrioten bezeichnet, der neurechten Wochenzeitung Jungen Freiheit gesagt,
Fraktion und Partei von sich aus verlassen zu wollen, um „Schaden von der
AfD“ abzuwenden. Mehrere Tage zuvor hatten die taz und der NDR den
44-Jährigen um eine Stellungnahme zu Äußerungen in Chatprotokollen gebeten.
In den rund 12.000 Seiten schreibt Arppe unter anderem davon, dass man „auf
so ’ner Springburg […] schön ficken“ könne. Und weiter: „Dann wollen …
Kinder alle mitspielen. So’n schönes zehnjähriges Poloch ist sicher schön
eng …“
Grüne aufs Schafott
Zu Mitgliedern von SPD und Grünen heißt es: „Da muss man einfach ausrasten
und erst mal das ganze rot-grüne Geschmeiß aufs Schafott schicken.“ Und
Arppe schiebt nach: „Wir müssen ganz friedlich und überlegt vorgehen […],
aber wenn wir endlich so weit sind, dann stellen wir sie alle an die Wand.“
Auch dazu, wie ein Staat aussehen könnte, wenn die AfD an die Macht käme,
gibt Arppe darin Auskunft: „Ich habe jetzt eine Vision: Wenn es hier in
Deutschland gut läuft, werden wir am Ende so eine Art Apartheidstaat haben
wie damals in Südafrika.“
Von der angedeuteten Reue kurz nach der Veröffentlichung ist bei Arppe nun,
einen Monat später, nicht mehr viel zu merken. Auf seiner persönlichen
Webseite, die weiterhin mit einem AfD-Logo versehen ist, schreibt er in
einer Stellungnahme vom Wochenenden von einer „Rufmordkampagne, wie sie von
kriminellen Elementen aus dem linken Milieu und verantwortungslosen Medien
ins Werk gesetzt worden ist“. Es gehe um „ein paar unbewiesene Behauptungen
und Unterstellungen“.
Auch die vier ehemaligen AfD-Landtagsfraktionsmitglieder greift er an, die
unter anderem wegen den Chatprotokollen die neue Fraktion „Bürger für
Mecklenburg-Vorpommern“ (BMV) gegründet hatten. Die vier hätten sich an die
„Blockparteien“ verkauft. Arppe wirft ihnen Verlogenheit vor, insofern sie
sich über die „Radikalisierung der Partei“ beklagten: „Zu diesen wackeren
Anständigen gehört einer unserer beiden Landessprecher, der eben noch die
AfD bewaffnen wollte, um die ‚afrikanische Kolonie Berlin‘ wieder in ‚die
alte Reichshauptstadt‘ zu verwandeln.“
Diese „rückgratlosen Knechtseelen“ würden ihm am „meisten Sorgen“ mac…
„Denn wenn wir dieses Land überhaupt noch retten können, dann nur aufrecht
kämpfend, aber nicht anbiedernd weggeduckt.“
Kämpferisch rechtfertigt er auch die veröffentlichten Gewaltvorstellungen:
„Gewaltfantasien hat wohl jeder schon mal gehabt.“ Und sowieso: Bei jenen
„Gutmenschen“, die im Landtag seine „Kapitulation forderten, handelt es
sich freilich um Leute, die tatsächlich ausgeübte Gewalt unverhohlen
unterstützen“. Er verweist auf Linksterrorismus und schreibt: „Die gesamte
Politik der sogenannten etablierten Parteien mit Kanzlerin Angela Merkel
vorneweg ist eine einzige offen ausgelebte und in praktische Politik
übersetzte Gewaltfantasie wider das eigene Volk!“
Immer mehr von Arppes Partei-Kameraden scheint das zu viel zu werden.
Bereits am Freitag hatte der Schatzmeister des Kreisverbandes
Vorpommern-Greifswald, Stephan Grabow, angekündigt, wegen der
„fortwährenden Radikalisierung der Partei“ austreten zu wollen. Nun scheint
auch der Landesvorstand einzuschreiten.
Selbst für AFDler zuviel
Am Sonntag erklärte Landeschef Leif-Erik Holm, dass der Vorstand
einstimmig ein Ausschlussverfahren beschlossen habe. „Im Gegensatz zu
früheren Erklärungen bestreitet Arppe alle seine Chataussagen. Das sorgt
bei uns für Verwunderung, da wir einen Teil seiner Äußerungen verifizieren
konnten. Die Beweislage ist eindeutig“, so Holm.
Ralf Borschke, noch AfD-Mitglied, aber mittlerweile bei der BMV-Fraktion,
hält Holm dennoch vor, nicht konsequent zu handeln. Denn in der Fraktion
wären mit Sandro Hersel und Thomas de Jesus Fernande Chatteilnehmer, die
Arppe nicht widersprochen hätten. Holm, der zur neuen
AfD-Bundestagsfraktion gehört, solle sein Landtagsmandat niederlegen.
Die Fraktionen von SPD, CDU und Die Linke indes beschlossen im Schweriner
Schloss vergangene Woche, dass der Landtag mit „Besorgnis zur Kenntnis“
nehme, dass „auch weitere Mitglieder des Landtages Teilnehmer des
Internetforums waren, in dem unsägliche Äußerungen wie die des Abgeordneten
Holger Arppe über einen langen Zeitraum ausgetauscht wurden“. Arppes Fall
sei kein Einzelfall und auch andere Mitglieder der Fraktion der AfD würden
mit den Gewaltfantasien und seiner Hetze offen oder zumindest
stillschweigend sympathisieren. Der völkisch-nationalistische Flügel der
verbliebenen AfD-Fraktion stimmten dagegen.
3 Oct 2017
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Rechtsextremismus
Nationalismus
Mecklenburg-Vorpommern
Chauvinismus
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Alice Weidel
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