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# taz.de -- Tierwohlprämien in Niedersachsen: Minister subventioniert die Frei…
> Der grüne Landwirtschaftsminister Meyer zieht eine positive Bilanz für
> den Tierschutz. Die CDU kritisiert Prämien , dem Landvolk sind sie zu
> niedrig.
Bild: Was tun, außer an Stäben knabbern? Schweine können sich in Kastenstäl…
Hannover taz | Seine Kritiker hätten ihm „ein Blutbad“ prophezeit, sagte
der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) und
grinste. Mehr Kannibalismus im Stall habe es aber nicht gegeben, obwohl er
in dieser Legislaturperiode das Schnäbelkürzen bei Legehennen verboten und
eine Prämie für intakte Ringelschwänze bei Schweinen eingeführt habe. Meyer
ist zufrieden mit sich und seinem Tierschutzplan, zieht eine positive
Bilanz. Wäre da nur nicht dieses kleine Detail: Der Plan ist gar nicht
seiner.
Der Grüne hat den Plan von seinem Amtsvorgänger Gert Lindemann (CDU)
geerbt. Der Ex-Landwirtschaftsminister der schwarz-gelben Landesregierung
hatte 2011 einen ambitionierten Tierschutzplan vorgelegt, wohl auch um das
schlechte Image seiner Vorgängerin Astrid Grotelüschen (CDU) auszubügeln.
Der Putenmästerin war nicht nur Lohndumping vorgeworfen worden, sondern
auch eine tierquälerische Geflügelhaltung in einem Betrieb, mit dem sie
geschäftlich verbunden gewesen sein soll. Sie stritt jegliche Verantwortung
ab, trat aber von ihrem Ministerposten in Niedersachsen zurück.
Nun ging das, was Meyer umgesetzt hat, tatsächlich nicht wesentlich über
die Pläne der CDU hinaus – aber der Grüne hat die Tierschutzverbesserungen
konsequent und teilweise schneller als geplant umgesetzt, trotz der
Bedenken der Landwirte. „Erstmals in der Geschichte des Landes gibt es
einen Fonds für mehr Tierschutz“, sagte Meyer. Rund 28 Millionen Euro
stehen dafür aus EU-Mitteln zur Verfügung.
## Prämie für intakten Ringelschwanz
Landwirte können in Niedersachsen Prämien beantragen, wenn sie besonders
auf das Tierwohl achten. So bekommen Züchter für jedes Ferkel mit intaktem
Ringelschwanz fünf Euro, die Mäster bekommen noch einmal 16,50 Euro für
jedes Schwein, dessen Schwanz sie nicht kupieren. Für die artgerechte
Haltung von Legehennen gibt es 1,70 Euro pro Tier und seit August gilt auch
die Prämie für Sauen, die nicht in Kastenständen gehalten werden (siehe
Kasten). Dies sind 150 Euro pro Tier. Das Geld ist ein Ausgleich dafür,
dass die Landwirte auch höhere Kosten für Beschäftigungsmaterialien und
veränderte Haltungsbedingungen haben.
„Die Mehrheit der mitmachenden Sauenhalter sind konventionelle Betriebe“,
sagte Meyer. Aber auch Biobetriebe, für die etwa Ringelschwänze sowieso
Pflicht sind, könnten die Förderungen erhalten. Ein Beispiel: Bei der
Fünf-Euro-Förderung für Ferkel seien im „ersten Durchgang etwa 183.000
Tiere dabei“, sagte Meyer. Das entspreche einer Fördersumme von fast einer
Million Euro.
So positiv wie der Minister mag der Bauernverband Landvolk die Bilanz
allerdings nicht sehen. „Minister Meyer interpretiert die Zahlen“, sagte
deren Vizepräsident Jörn Ehlers und gab ein Beispiel: Laut Meyer haben
Prüfungen auf den Höfen von Sauenhaltern, die die Ringelschwanzprämie
erhalten, ergeben, dass bei 93 Prozent der Tiere die Schwänze tatsächlich
intakt sind. Für den Grünen ist das ein Zeichen, dass die Haltung
funktioniert und es nicht zu Kannibalismus kommt.
## Jeder vierte Landwirt brach das Projekt ab
Allein 2015 habe aber ein Viertel der Bauern das Projekt abgebrochen, sagte
Ehlers, der selbst Schweine mit kupierten Schwänzen hält. „Weil es nicht
funktioniert hat.“ Zwar seien die Prämien besser als ein Verbot oder ein
Erlass, doch teilweise seien sie zu niedrig angesetzt. Damit Schweine ihre
Ringelschwänze behalten könnten, seien 20 Euro pro Tier nötig. „Es ist zwar
unromantisch, aber die Familien müssen von der Tierhaltung leben.“
Auch die CDU ist mit der Umsetzung des Plans nicht zufrieden. „Der
verbrennt hier Steuermittel“, sagte Helmut Dammann-Tamke über die
Tierwohl-Prämien des Landwirtschaftsministers. Da diese auch an Halter
ausgezahlt werden, die ihre Tiere schon immer so gehalten hätten, komme es
zu Mitnahmeeffekten. „In der Praxis, in den Ställen hat sich nahezu nichts
verändert.“
Meyer sieht das naturgemäß anders. Für das nächste Jahr plant er schon eine
weitere Prämie für die Weidetierhaltung. Für Landwirte sollen insgesamt 30
Millionen Euro zur Verfügung stehen, wenn sie Kühe, Ziegen oder Schafe
draußen halten – auch wenn letztere meistens eh auf Deichen rumstehen.
6 Sep 2017
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
Tierschutz
CDU Niedersachsen
Schweinemast
Christian Meyer
Tierschutz
Landwirtschaft
Bernd Althusmann
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Niedersachsen
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