# taz.de -- Festival Pop-Kultur Berlin: Alle Hände in die Luft | |
> Die antiisraelische Hetzkampagne gegen das Festival „Pop-Kultur“ hat | |
> nicht gefruchtet. Stimmung und Darbietungen sind gelungen. | |
Bild: Richtig cool: Die Hamburgerin Ilgen-Nur am Donnerstag im Frannz-Club Berl… | |
Schauplatz Frannzclub, Donnerstagabend zur Peaktime in der Kulturbrauerei | |
Berlin. Das Festival „Pop-Kultur“ geht in seinen zweiten Tag und der Elan | |
auf und vor der Bühne wirkt super angenehm. Schicke Junge und schicke Alte | |
im Zuschauerraum, schlurfige Junge und schlurfige Alte auch. Ilgen-Nur hat | |
soeben die Bühne geentert, spielt die ersten Wuchtbrummen-Riffs auf ihrer | |
Gitarre, ihre dreiköpfige Band steigt mit ein. | |
Die Hamburger Künstlerin beginnt zu singen, es dauert ein, zwei Takte und | |
die MusikerInnen finden die richtige Dynamik: „When I was 17 / I wanted to | |
be“. Eine erste Bilanz mit Mitte 20, sehr charming kommt sie daher, vor | |
allem, weil der garagige Gitarrenpop unaufdringlich klingt. Was hätte wohl | |
der CDU-Sprachpfleger Jens Spahn zu diesem herrlichen Englisch mit | |
teutonischem Akzent gesagt? | |
Seine Parteikollegin, Kulturministerin Monika Grütters, zeigte sich bei | |
ihrer Eröffnungsrede am Tag zuvor, weit weltoffener. Musik sei „eine | |
gemeinsame Sprache, wo Worte als Mittler der Verständigung versagen.“ Das | |
richtete Grütters an die auch für sie „inakzeptable“ Hetzkampagne der | |
Antiisraelorganisation BDS, die im Vorfeld des Festivals einige | |
KünstlerInnen dazu angestiftet hatte, die Veranstaltung zu boykottieren. | |
„Das Gegenteil wird sichtbar: Man merkt, wie nötig die verbindende Kraft | |
von Musik ist“, erklärte Frau Grütters. | |
In der Praxis klappte die Verständigung ziemlich gut. Die britische | |
Rapperin Little Simz, deren Eltern einst aus Nigeria nach London gekommen | |
waren, machte das am Donnerstag bei ihrem Konzert im Kesselhaus ganz | |
pragmatisch vor. Sie reckte ihre Arme in die Luft, und sie wolle auch die | |
Arme der Leute sehen, die vor der Bühne stehen. Arme in die Luft! Okay, | |
danke. Dann übernahm ihr DJ, er wolle die Arme der Leute hinten im Raum | |
sehen. Auch deren Arme schnellen in die Luft. | |
Weich, blumig klingt Little Simz’ Stimme, wenn sie rappt und dazu | |
wunderbare Soulsamples und tighte Beats ertönen. Zwischendurch spielt | |
Little Simz auch mal eine Gitarre an. Die 23-Jährige ist der Beweis, wie | |
gut HipHop sein kann, wenn statt Testosteron-Gehabe Musik und Reime zur | |
Melange werden. Man fühlt sich an die Glanzzeit des britischen HipHop | |
erinnert, an Crews wie Caveman. Little Simz ist eine Rapperin. | |
„Pop-Kultur“ hat ernst gemacht, und tatsächlich wird mehr als die Hälfte | |
des Programms von Künstlerinnen bestritten. Auch hierfür gab es von Monika | |
Grütters lobende Worte. | |
In einer Woche, in der ein Popkonzert im holländischen Rotterdam wegen | |
terroristischen Anschlagsplänen abgesagt werden musste, tut dieses | |
friedliche Festival mit vielen Gästen aus dem In- und Ausland sehr, sehr | |
gut. | |
25 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Julian Weber | |
## TAGS | |
Festival "Pop-Kultur" | |
HipHop | |
Grime | |
Diversity | |
Funk | |
Konzert | |
New York | |
Festival "Pop-Kultur" | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Musikfestival | |
Israel | |
BDS-Movement | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neues Album von Rapperin Little Simz: Leerstellen und Harfenklänge | |
„Sometimes I Might Be Introvert“ heißt das Album der britischen Rapperin | |
Little Simz, die Jugendlichen aus Londons Problembezirken eine Stimme gibt. | |
Londoner Rapperin Little Simz: Der Bruder sitzt im Knast | |
„Grey Area“ heißt das neue Album der Rapperin Little Simz. Ihr Stil | |
changiert zwischen aggressiver Schnelligkeit und entspanntem Storytelling. | |
Vorschau auf Festival Pop-Kultur Berlin: Schützt Theatersäle und Popkultur! | |
Gut in Form und endlich angenommen von der Hauptstadt: Am Mitttwoch startet | |
das Pop-Kultur-Festival in der Berliner Kulturbrauerei. | |
Vulfpeck in Berlin: Da schwitzt du dir nen Wolf | |
Die US-Funkband Vulfpeck – sprich: Wolfpack – überzeugt live mit | |
Virtuosität. Fast glaubte man, die Jackson Five seien zurück. | |
Berlin-Konzert von LCD Soundsystem: Im Promo-Purgatorium | |
Wer die New Yorker Dancepunkband LCD Soundsystem am Montag in Berlin live | |
sehen wollte, musste erst durch ein Werbetribunal. | |
Neues Album von LCD Soundsystem: Und noch ein Smash Hit | |
Holt die Kuhglocken raus: Das New Yorker LCD Soundsystem ist nach gefühlt | |
hundert Jahren zurück. Sein neues Album heißt „American Dream“. | |
Festival Pop-Kultur in Berlin: Kleine Geister, großes Tennis | |
Das Festival Pop-Kultur in der Kulturbrauerei brachte neue Impulse, Diskurs | |
– und auch einfach den Spaß, den Pop eben bringen soll. | |
Verbot von BDS-Bewegung: Frankfurt gegen Israelboykott | |
Nach dem Eklat um Absagen palästinensischer und britischer Musiker an ein | |
Berliner Festival will Frankfurt a. M. Israel-Kritikern keinen Platz | |
bieten. | |
Auftakt des Festivals „Pop-Kultur“ Berlin: Was auf der Psyche von Pop lastet | |
Das Festival „Pop-Kultur“ startet. Über 50 Prozent Künstlerinnen treten | |
auf. Überschattet wird es vom Boykott der Anti-Israel-Lobby BDS. | |
Antizionisten gegen Berliner Festival: Der Boykott und was jetzt folgen muss | |
Die Gleichsetzung von Israelischer Kulturförderung mit der NPD, schlecht | |
informierte Künstler – Bei der Kampagne BDS liegt einiges im Argen. | |
Arabischer Boykott von Berliner Festival: Pop-Kultur als Politikum | |
Nach einem Boykottaufruf fehlen vier Künstler bei einem Berliner Festival. | |
Der Grund: Die israelische Botschaft ist Partner der Veranstaltung. |